Lovestories Ein Leben in Kniebundhosen

Goch · Mit Mode hat Josef Walboom nichts im Sinn. Schick darf seine Frau sein, er hat’s lieber gemütlich. Kaum jemand hat den pensionierten Schulleiter je anders als in Knickerbocker-Hosen gesehen. Ein nahezu geliebtes Kleidungsstück.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Hanns Dieter Hüsch fragte, wenn er Niederrheiner in solcher Aufmachung sah, gerne schalkhaft: „Heut’ noch nach Graubünden?“ Im Falle von Josef Walboom würde der beliebte Kabarettist, wenn er noch lebte, eher fragen, wann es wieder nach Oberstdorf geht. Denn diesen Allgäuer Ort liebt der Gocher sehr, und dort lernte er vor etwa 50 Jahren ein Kleidungsstück kennen, das er seitdem praktisch nie mehr abgelegt hat. Josef Walboom, pensionierter Schulleiter aus Goch, trägt an jedem Tag, den Gott werden lässt, Kniebundhose. Ohne Ausnahme.

Ist oder war er begeisterter Bergwanderer? „Gar nicht so sehr“, gibt der 82-Jährige zu. Seine Frau Uta, ebenfalls frühere Lehrerin, zog es in jüngeren Jahren allerdings hoch hinauf zu den Gipfeln, aber ihr Mann ließ sich davon eher weniger anstecken. „Es reichte mir immer völlig, die wunderschöne Landschaft von unten anzusehen. Die Berge, den oft klaren Himmel, das Vieh auf den Wiesen . . . Und die Menschen dort gefallen mir, ich habe sie stets als besonders freundlich und herzlich empfunden.  Ein- bis zweimal im Jahr sind wir immer in die Umgebung von Oberstdorf gefahren.“

Inzwischen fällt dem Senior das Gehen schwer, weil das Herz nicht mehr so will. Deshalb weiß er noch nicht, wie es mit den Bayern-Reisen weitergehen wird. Lange Autofahrten sind nicht mehr das Wahre, und eine Bahnfahrt hat, wenn sie mit dem Niersexpress beginnt, ihre Tücken. Beim bisher einzigen Versuch, mit dem Zug von Goch aus nach Bayern zu kommen, wurde schon der erste Anschluss verpasst. Uta Wallboom findet allerdings, dass sie auf die Reisen nicht ganz werden verzichten können, denn wo soll Josef sonst mal eine neue Hose her bekommen?

„Ich trage nichts anderes als Kniebundhosen. Die sind sehr bequem, haben viele Taschen, sogar mit Reißverschlüssen – da kann man nichts verlieren“, erklärt der Pensionär. Dank der feschen langen Wollstrümpfe, die oberhalb der Waden in den Hosenbeinen verschwinden, wärmen sie die Männerbeine im Winter wunderbar. „Und im Sommer rolle ich die Strümpfe runter oder trage die Hosen ohne Socken mit Sandalen.“ Was er auch gleich dem RP-Fotografen vorführt. Die Ehefrau erklärt, dass es Kniebundhosen auch aus leichterem Material als dem besonders beliebten Cord-Stoff gibt. Die allermeiste Zeit des Jahres ist der Favorit allerdings weicher Cord in beige oder grün.

Drei Hosen sind es, die abwechselnd getragen werden, dazu hängt noch ein bayerischer Trachtenanzug im Schrank, der zu Beerdigungen hervor geholt wird. „Das reicht“, findet Josef Walboom, während seine Frau ein Problem benennt. „Solche Hosen kriegen Sie hier nicht mehr, nicht einmal im Jagdgeschäft oder im Trachten-Laden! Da gibt’s noch Lederhosen in kurz oder lang fürs Oktoberfest, aber eine Kniebundhose mit Klettverschluss, auf die mein Mann besteht, finde ich da nicht mehr.“

Vor langer Zeit, als die Kinder klein waren und Walbooms das Allgäu kennenlernten, hatte der Gocher sich die erste Hose dieser Art gekauft. „Die trug man damals einfach zum Wandern oder zum Spaziergang“, erinnert sich Uta Walboom. Das Kleidungsstück erwies sich auch fürs Flachland als funktionell. Ob der Schulrat kam, die Sonntagsrunde oder ein Familienfest anstand: Josef trug Kniebundhose. Die Mode änderte sich, Walbooms Geschmack blieb. „Und ich mache es damit auch noch meiner Frau leicht: Kniebundhosen brauchen keine Bügelfalte“, sagt er schmunzelnd.

Josef Walboom aus Goch trägt ausnahmslos Kniebundhosen.
Foto: grafik

Sie hat sich mit seiner textilen Sturheit arrangiert, passt sich sogar ein ganz klein wenig an, indem sie zur Jeans gerne Westen oder Walkjacken alpenländischer Machart trägt. Was dann eher schick als gediegen aussieht.

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