Goch In Goch und Hassum heimisch geworden

Goch · Die eine macht ihr Kind fit fürs Gymnasium, der andere jobbt im Imbiss und hofft auf eine Ausbildungsstelle im Handwerk. Zahra, Hassan und einige andere kamen als Flüchtlinge und haben jetzt ihren Integrationskursus bestanden.

100 von 100 erreichbaren Punkten hat Hassan im Bereich "Sprechen" erreicht, und dass diese Bewertung angemessen ist, merkt man im Gespräch sofort. Der 21-Jährige, der vor drei Jahren als syrischer Flüchtling alleine nach Deutschland kam, hat schon einiges erreicht und noch viel mehr vor. Er arbeitet bei McDonald's, hofft aber, in absehbarer Zeit eine Ausbildungsstelle zu finden. "Sehr gerne als Gas- und Wasser-Installateur oder als Dachdecker", sagt er. In Syrien war er bereits auf der Berufsschule gewesen, als er sich entschloss, das Land zu verlassen. Unterstützt wurde er dabei von seinen Eltern, die hoffen, bald mit ihren weiteren Kindern nachkommen zu dürfen.

Hassan spricht nicht gerne über Politik, genauso wenig über Religion. "Dann streiten die Menschen sich nur", hat er bemerkt. Und von seinem Bart hat sich der junge Moslem verabschiedet, nachdem ein potenzieller Arbeitgeber ihm signalisiert hatte, dass er damit Probleme bekommen würde. "Ich bin kein gefährlicher Junge", versichert der 21-Jährige leicht lächelnd, und da wolle er lieber auch nicht so aussehen.

Zumal Hassan neuerdings sogar Vater ist. Gemeinsam mit seiner deutschen Freundin ist er jetzt für ein kleines Mädchen verantwortlich, sucht deshalb eine etwas größere Wohnung. Vormittags Deutsch lernen, ab 14 Uhr Hamburger braten, am Abend bei der Familie sein und lesen - so sieht sein Alltag aus. "Ich lese gerne historische Bücher über Deutschland, denn ich möchte viel über das Land erfahren, in dem ich bleiben will", sagt er. Für Landsleute, die keine Lust zum Deutsch-Lernen haben, hat er kein Verständnis.

Zahra ist schon 37 Jahre alt und kam als Quereinsteigerin in den Integrationskurs. Denn die aufgeschlossene Frau aus dem Iran hat sich frühzeitig selbst darum gekümmert, in Goch heimisch zu werden. Genau genommen ist sie heute Hassumerin und damit sehr glücklich. "In diesem Dorf haben uns die Leute vom ersten Tag an sehr gut aufgenommen. Zunächst lebten mein Mann und ich mit unserem Sohn in der alten Schule, inzwischen haben wir eine schöne Wohnung mit Garten." Dass die beiden als Flüchtlinge kamen und sich einer ungewissen Zukunft stellen mussten, ist fast vergessen. Ihr Mann hat eine feste Arbeitsstelle, Zahra hat in Deutschland ihr zweites Kind zur Welt gebracht und dafür gesorgt, dass die Kinder sich wohl fühlen. "Mein Sohn kommt im Sommer aufs Gymnasium und die Tochter in den Kindergarten", erzählt sie.

Durch Schule, Nachbarschaft und Kirche hat Zahra so viele Kontakte, dass sie fast von alleine Deutsch lernte. "Aber ich wollte eine bessere Grammatik und auch ein Zeugnis", sagt sie. Beides hat sie bei der VHS erlangt und würde gerne das nächste Sprach-Niveau erreichen. Aber die Folge-Kurse sind entweder abends in Goch oder vormittags in Kevelaer. "Abends möchte ich bei meinen Kindern sein, und von Hassum nach Kevelaer zu kommen ist ohne Auto schwierig."

Bestimmt recht ungewöhnlich: Zahra ist in Goch Christin geworden. "Meine Eltern sind Moslems, aber ich war nicht religiös. In Hassum hat mich die Art, wie Pastor Norbert Hürter und viele Mitglieder seiner katholischen Gemeinde auf uns zu gekommen sind, sehr beeindruckt. Wir waren fremd, aber sie haben nicht darauf geguckt, welchem Glauben wir angehören. Sie haben sich um uns gekümmert, sogar mein Kind versorgt, als ich ins Krankenhaus musste, ich wurde zu ihren Treffen und in die Kirche eingeladen. Mit diesen Menschen möchte ich zusammengehören - also ließ ich mich taufen."

(RP)
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