Goch "Ich kann doch nicht nur rumsitzen"

Goch · Menschen 2016: Weil sie schwer krank war, musste sie früher in Pension gehen. Doch sich deswegen komplett ins Private zurückziehen war nichts für Monika Schabrucker. Sie hat Aufgaben gefunden, die sie fordern und froh machen.

 Monika Schabrucker sagt: "Die vielen Kontakte, die ich habe, und die Erkenntnis, dass andere mit mir rechnen, das gibt mir Kraft."

Monika Schabrucker sagt: "Die vielen Kontakte, die ich habe, und die Erkenntnis, dass andere mit mir rechnen, das gibt mir Kraft."

Foto: KLAUS-DIETER STADE

Natürlich ist sie nicht zuhause, als die RP anruft. Wer so viele "Jobs" hat wie Monika Schabrucker, ist selten in den heimischen vier Wänden anzutreffen. Die 64-Jährige gönnt sich nur ungern ein paar Stunden Ruhe. Und weil das viele Menschen wissen, kommen immer neue Aufgaben hinzu. Ohne dass sie mit den früheren Tätigkeiten so ganz aufgehört hätte.

Monika Schabruckers Leben fand jahrzehntelang vorwiegend in der Schule statt. An der Gocher Hauptschule unterrichtete sie Mathe, Chemie und Hauswirtschaft. Als die Krankheit kam, wehrte sie sich mit aller Kraft und zunächst auch erfolgreich. Aber der zweite Schlag folgte, eine seltene Krebserkrankung, die ihr Knochengerüst befiel und die aktive Frau irgendwann sogar in den Rollstuhl zwang. Widerstrebend musste sie einsehen, dass es nicht mehr ging.

Aber das Kämpfen gab sie auch im ungewollten Ruhestand nicht auf, und wer sie heute sieht, erkennt, dass es sich gelohnt hat. Mit der ihr eigenen Sturheit, gepaart mit ganz viel Gottvertrauen, gelang es ihr, den Krebs im Zaum zu halten. Die Krankheit ist für die 64-Jährige kaum mehr ein Thema - es gibt Wichtigeres, um das sie sich kümmern muss.

"Als ich die Schule aufgeben musste, sagte ich mir: Ich lebe, also muss ich was tun. Meine Kinder sind über 30 Jahre alt und selbstständig, ich kann doch nicht einfach rumsitzen." Lektorin und Kommunionhelferin war sie schon früher, hat als Messdiener-Mutter auf dem Flachsmarkt Reibekuchen gebacken, geholfen, wo immer sich dazu eine Chance bot. Weil Monika Schabrucker vor vielen Jahren die Caféteria der Hauptschule gründete, in der die Schüler seitdem jeden Morgen für ganz wenig Geld frisch geschmierte Brötchen bekommen, ist es für sie selbstverständlich, auch heute noch im Mensa-Team mitzuwirken. Damals, vor 20 Jahren, gab es noch keinen Ganztag an der Gustav-Adolf-Schule, viele Kinder kamen ohne vernünftiges Frühstück. "Aber wir hatten da einen ungenutzten Container rumstehen, der als provisorische Mensa erstmal genügen musste", erzählt sie. Bis heute schmiert sie an jedem Montag Brötchen, und wenn an einem anderen Tag mal jemand ausfällt, darf man "Monika" natürlich gerne ansprechen.

Wenn sie nicht gerade im Eine-Welt-Laden "Go Fair" arbeitet oder mit dem Projekt "Mahlzeit" der Arnold-Janssen-Gemeinde beschäftigt ist. Als Hauswirtschafts-Fachfrau ist sie natürlich besser geeignet als jeder andere, passende Rezepte zu kreieren und Einkaufslisten zusammenzustellen. Einmal im Monat lädt die Pfarrei Bedürftige, zu denen sich aber gerne auch ein paar andere Menschen und die Geistlichen gesellen dürfen, zu einem kostenlosen Sonntagsessen ein. "Vorspeise, Hauptgericht, Nachspeise, hinterher noch Kaffee und 'n Möppken", zählt sie auf. Die Pädagogin kann sie bei dieser Aktion nicht ganz verhehlen: Auf dem Tisch liegen für die Gäste Karten aus, auf denen das Rezept und auf der Rückseite die benötigten Zutaten stehen. "Wir kochen mit regionalen und saisonalen Lebensmitteln. Ich möchte, dass die Leute, die wenig Geld haben, vernünftig einkaufen, jetzt eben Möhren und Kohl und nicht Tomaten und Erdbeeren. So kann man sparen und tut etwas für die Gesundheit und die Umwelt." Im Mai dürfen die "Mahlzeit"-Gäste durchaus Spargel erwarten, aber jetzt gibt es eher Blumenkohl. Den Kaffee sponsert übrigens die Kirche - eigens kreierten "Goch-Kaffee" aus dem GoFair-Laden. Trotz all dieser Ehrenämter zugunsten der Allgemeinheit hat sich Monika Schabrucker ihren eigenen Kopf bewahrt. Wenn ihr etwas nicht mehr zusagt, kann sie auch loslassen. Pfarrgemeinderat, Kirchenvorstand - dazu hat sie jetzt keine Lust mehr. Es gibt so viele lebenspraktische Dinge, die sie fordern und die ihr selbst gut tun. "Die vielen Kontakte, die ich habe, und die Erkenntnis, dass andere mit mir rechnen, das gibt mir Kraft", sagt sie.

Die Gocherin möchte jeden, der etwas Zeit hat, ermutigen, sich ebenfalls nützlich zu machen. Caritas, Diakonie, Awo, die Kirchen, Vereine - sie alle brauchen "Monikas".

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort