Patientin berichtet von schlimmen Zuständen "Horrortrip": Schwere Vorwürfe gegen Gocher Hospital

Goch · Eine Patientin berichtet, dass sie gemeinsam mit einer anderen Frau eine Nacht mit einer Verstorbenen in einem Dreibettzimmer verbringen musste. Die Leitung des Krankenhauses weist diesen und weitere Vorwürfe jedoch zurück.

 Die Patientin erzählt von einem "Horrortrip, den mir keiner glaubt — so schlimm war das".

Die Patientin erzählt von einem "Horrortrip, den mir keiner glaubt — so schlimm war das".

Foto: dapd, dapd

Was die 45-jährige Amalie Meyer (Name und Details ihrer Erkrankung sind der Redaktion bekannt, aber verändert worden) aus Kalkar im vergangenen Dezember nach einer Operation bei einem mehrtägigen stationären Aufenthalt im Gocher Wilhelm-Anton-Hospital nach eigener Aussage erleben musste, bezeichnet die Frau, die selbst unter anderem im medizinischen Bereich beruflich tätig ist, als "Horrortrip, den mir keiner glaubt — so schlimm war das".

Es begann damit, dass sie sich nach der Operation tagelang mehrfach innerhalb einer Stunde übergeben musste und weder etwas essen noch trinken konnte. Das Pflegepersonal habe seinen Dienst getan — aber nicht mehr. So habe eine 75-jährige, herzkranke Mit-Patientin, die ebenfalls auf dem Dreibettzimmer der Station 2 b lag, ihr eine Brechschale holen müssen. "In den ganzen vier Tagen habe ich keine einzige Arzt-Visite erlebt", berichtet die Kalkarerin. Vom Pflegepersonal habe sie eine mögliche Ursache erfahren. Die Station 2 b sei sowohl von der Abteilung "Innere" als auch von der "Chirurgie" belegt. Da könne es passieren, dass man sie vergessen habe, so sagte man ihr.

Auch wenn Amalie Meyer nach eigener Aussage eine Frau ist, der man "nicht das Händchen halten muss", war schon dies nach ihrer Meinung nicht tragbar. Doch sie und ihre 75-jährige "Zimmergenossin" mussten noch Schlimmeres auf der Station 2 b mitmachen. An einem Nachmittag sei eine ältere Frau, "die schon ganz schlecht aussah", in ihrem Bett in das Dreibettzimmer — in die Mitte zwischen die beiden anderen Betten — geschoben worden.

Gegen Abend, so berichtet Amalie Meyer, habe sie einen Priester gesehen, der der aufs Zimmer gekommenen Frau im Beisein von deren Verwandten die Letzte Ölung erteilt habe. Schon zu diesem Zeitpunkt habe die herzkranke 75-jährige Zimmergenossin bitterlich geweint. "Die Situation hat ihr wohl große Angst gemacht", vermutet die 45-Jährige.

Doch die Situation wurde noch belastender. Am Abend sei ein Arzt ins Zimmer gekommen und habe der hinzugekommenen Frau in die Augen geleuchtet. "Dann rannte er wortlos raus", berichtet Amalie Meyer. Ihr sei klar gewesen, dass die Bettnachbarin verstorben sei. Krankenschwestern hätten deren Gesicht mit dem Bettlaken abgedeckt. Die Tote sei aber erst am Morgen in einen anderen Raum gebracht worden. Auf die Bitte an die Schwestern, die Tote schon früher aus dem Zimmer zu bringen, habe es nur die Antwort gegeben: "Wir haben nirgendwo Platz." Ständig weinend verbrachte die 75-jährige Zimmergenossin von Amalie Meyer die Nacht. Auch die 45-Jährige fand keinen Schlaf.

Wegen all dieser Erlebnisse ließ sich die Kalkarerin auf eigenen Wunsch entlassen, musste aber kurze Zeit später noch mal in die Gocher Ambulanz. Dort hatte sie ein weiteres "Horror-Erlebnis". In Begleitung zweier Personen sei ein stark am Arm blutender Mann — die Wunde sei notdürftig mit schon völlig blutgetränkten Tüchern verbunden gewesen — in die Ambulanz gekommen. Behandelt worden sei der Verletzte aber nicht. "Die Unfall-Ambulanz ist nun in Kleve. Da müssen sie hinfahren", hätten Mitarbeiter des Gocher Hospitals gesagt. "Nicht zu fassen", meint die Kalkarerin. Zumindest eine Notversorgung der Wunde hätte es geben müssen. Oder das Angebot, den Mann per Krankenwagen nach Kleve zu bringen. Nichts davon gab es.

Die katholische Karl-Leisner-Trägerschaft (KKLE), zu der die Kliniken in Goch, Kleve, Kalkar und Kevelaer gehören, weist die Vorwürfe der Patientin weitestgehend zurück, kann aber laut KKLE-Sprecherin Stefanie Hamm nicht "ausschließen", dass es zu den Ereignissen gekommen ist. Um dies prüfen zu können, müsse die Patientin ihre Anonymität aufgeben und detailliertere Angaben machen.

Richtig sei, dass die Station 2b "interdisziplinär" belegt sei. "Daraus resultieren keine spezifischen Probleme", heißt es in der Stellungnahme der KKLE. Zudem gebe es tägliche Visiten. "Es kann vorkommen, dass eine Patientin während der Visite nicht im Zimmer ist. Aber dann kommt der Arzt noch zwei-, dreimal, um die Patientin an diesem Tag noch zu sehen", versichert die KKLE-Sprecherin Stefanie Hamm.

"Ein Fall, in dem ein verstorbener Patient über einen längeren Zeitraum im Mehrbettzimmer verblieb, ist uns nicht bekannt", heißt es weiter in der KKLE-Stellungnahme. Sobald Pflegende den Tod eines Patienten bemerkten, werde dieser verlegt. Falls alle Zimmer belegt seien, würden die Verstorbenen in einen "abgeschlossenen Funktionsbereich" gebracht.

Auch der Fall des starkblutenden Mannes, den Amalie Meyer in der Gocher Ambulanz beobachtet haben will, ist der KKLE "nicht bekannt". Patienten mit derartigen Verletzungen würden in jedem Fall von einem Arzt begutachtet und in Goch erstbehandelt.

Abschließend bittet die KKLE in ihrer Stellungnahme "betroffene Patienten, sich mit ihrer Kritik direkt an die Klinikleitung oder an die Pflegedienstleitung zu wenden. Nur dann haben wir die Möglichkeit, eventuelle Schwachstellen aufzudecken und zu beheben." Ob Patienten wie Amalie Meyer, die wegen ihrer Erkrankung noch öfter ins Gocher Hospital muss, nach ihren "Horror-Erlebnissen" das dazu nötige "Vertrauen" haben wird ?

(RP)
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