Uedem Heimatvereine sammeln Erinnerungen an 1. Weltkrieg

Uedem · In den Uedemer Schulchroniken, die dem örtlichen Gemeindearchiv vorliegen, ist der Ausbruch des 1. Weltkriegs erwähnt. Die Uedemerbrucher Schulchronik nennt nur kurz den Kriegsausbruch: "Am 31.07.1914 wurde in hiesigem Orte die Verkündigung des Kriegszustandes in Deutschland öffentlich bekannt gemacht. Als erster Mobilmachungstag in Deutschland ist der 02. August genannt."

 Abfahrt der Einberufenen auf dem Bahnhof Kevelaer im August 1914.

Abfahrt der Einberufenen auf dem Bahnhof Kevelaer im August 1914.

Foto: PRIVAT

Wesentlich ausführlicher beschreibt der Schulleiter der Uedemer Volksschule in der Schulchronik die Ereignisse des Sommers 1914: "Am 28. Juni, einem Samstag, ich war gerade in Goch, staute sich gegen 5 Uhr mittags vor der Redaktion der Gocher Zeitung eine große Volksmenge. Was war die Veranlassung? Vor dem Fenster hing eine Depesche.

Der Thronfolger von Österreich-Ungarn Franz Ferdinand, war nebst seiner Gemahlin das Opfer eines ruchlosen Attentäters geworden. In Sarajewo, der Hauptstadt Bosniens, wo er die Gelegenheit hatte, eine größere Truppenübung zu besuchen, geschah der Vorfall morgens zwischen 11 und 12 Uhr. Die Gemahlin war gleich tot.

Der Thronfolger starb gleich nachher. Allgemeine Entrüstung war in der Volksmenge über dieses Verbrechen. Noch in der letzten Juliwoche glaubte nur noch wenige auf eine gütliche Beilegung der zwischen Österreich-Ungarn und Serbien entstandenen Zwistes. Am 29. Juli meinten der Hotelier Franz Janssen und der Kollege Hoyer des Morgens auf dem Spielplatz, am Krieg wäre nicht zu denken. Zwei Tage später, des Abends gegen 6 Uhr, verkündeten große Plakate am Bürgermeisteramte, Lindenbaum bei Kattelans und an der Mühlenstraße, die Eröffnung des Kriegszustandes.

An Arbeit war nicht mehr zu denken. Überall sammelten sich Gruppen, besonders vor dem Lindenbaum und besprechen in mehr oder weniger besorgter Weise den Gedanken Krieg. [...] Es herrschte eine gedrückte Stimmung. Die Stimmung war noch trüber als gegen 10 Uhr [...] die ganze Gesellschaft still nach Hause ging. Am anderen Morgen gegen 9 Uhr kam der Briefträger Görtz mit vielen Einberufungsschreiben. Gegen 7 Uhr abends wurde Abschied mit noch einer ganzen Zahl Uedemer, die auch bereits einberufen war, unter Gesang, begleitet von einer großen Volksmenge groß und klein, ging es zum Bahnhof. Als der Zug abfuhr, brachte Kollege Hoyer ein Hoch auf seine Majestäten, alles stimmte begeistert ein, und unter dem brausenden Gesang ,Es braust ein Ruf von Donnerhall' fuhr der Zug ab."

Auch in der Keppelner Schulchronik ist einiges erwähnt: "Am 31. Juli wurde über Deutschland der Kriegszustand verhängt. Am folgenden Tage nachm. 6 ¼ Uhr kam hier der Mobilmachungsbefehl an. Weit über 108 junge Leute aus unserer Gemeinde müssen sich in den nächsten Tagen zu den Waffen stellen. Alle ziehen mit großer Begeisterung in den Kampf für das Vaterland. Es steht uns ein Weltkrieg bevor gegen Rußland, Frankreich und England. Auf telegrafischen Befehl des Herrn Reg.-Präsidenten Dr. Kruse wurden heute Mittag die Schulen geschlossen, damit die Kinder bei den Erntearbeiten helfen können. Gott schütze Kaiser und Vaterland und unser treu Verbündeter Österreich!"

Gemeinsam mit dem Heimatverein Keppeln sucht der Heimat- und Verkehrsverein Uedem weiter nach solchen Erinnerungen und den Geschichten, die dahinter stecken. Ihre Kriegsandenken, Geschichten, Dokumente oder Fotos können sie bei den Heimatvereinen Keppeln und Uedem nach Terminabsprache abgeben. Die Dokumente sollen dann in der Hohen Mühle ausgestellt werden. Ansprechpartner sind für den Heimatverein Keppeln, Hubert Lemken, Telefon 02825 539698 und für den Heimatverein Uedem, Manfred Parma, 02825 6541 und Michael Lehmann, 02825 8629.

(RP)
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