Goch Hauptschule Pfalzdorf lehnt Ganztag ab

Goch · Nicht nur am Städtischen Gymnasium, auch an der Hauptschule Pfalzdorf bestimmt das Thema "Gebundener Ganztag" die aktuellen Gespräche. Schulleiterin Ulrike Flores und Elternsprecherin Ingrid Riddermann nehmen dazu Stellung.

 Ulrike Flores (r.) leitet die Hauptschule in Pfalzdorf. Elternsprecherin Ingrid Riddermann ist sich mit ihr einig: Halbtagsschulen müssen bestehen bleiben.

Ulrike Flores (r.) leitet die Hauptschule in Pfalzdorf. Elternsprecherin Ingrid Riddermann ist sich mit ihr einig: Halbtagsschulen müssen bestehen bleiben.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Ingrid Riddermann — eine von vielen engagierten Eltern und Müttern, deren Kinder die St. Martin-Hauptschule besuchen. Und ein Beispiel für das, was zur Zeit auch am Städtischen Gymnasium diskutiert wird: Gebundener Ganztag — nein danke!"

 Mittags an der St. Martin-Hauptschule Pfalzdorf: Die meisten Schüler machen sich auf den Heimweg. Nachmittagsbetreuung (samt Mittagessen in der Mensa) ist aber möglich.

Mittags an der St. Martin-Hauptschule Pfalzdorf: Die meisten Schüler machen sich auf den Heimweg. Nachmittagsbetreuung (samt Mittagessen in der Mensa) ist aber möglich.

Foto: Gottfried Evers

Ingrid Riddermann: "Wir wohnen in Goch, aber für uns war es eine bewusste Entscheidung, unsere Tochter hier in Pfalzdorf auf die Hauptschule gehen zu lassen. Denn wir wollen nicht Ganztag, wir wollen Schule von acht bis eins, so wie früher. Um gewachsene Strukturen in der Familie nicht zu beeinträchtigen. Und wir wollen auch, dass unsere Kinder Hausaufgaben machen." Denn, ganz klassisch: "Das übt", sagt Ingrid Riddermann. Ulrike Flores nickt. Sie, die die Schule seit der Pensionierung Theo Sprengers leitet, offiziell aber Konrektorin geblieben ist, sagt: "Hausaufgaben gibt es bei uns weiterhin — sie gehören zum Konzept. Wir sind der festen Überzeugung: Das Vertiefen durch Hausaufgaben übt ein." Das gelte ganz besonders für Sprachen.

Hausaufgaben ja — Ganztagsschule nein: Ulrike Flores, seit vier Jahrzehnten Lehrerin, sagt: "Wir wissen es aus langer Erfahrung: Es gibt viele Kinder, die von acht bis zwölf gut drauf sind, sich am Unterricht beteiligen, nach zwölf aber ,abbauen'. Und darauf habe die Schule ihr pädagogisches Konzept ausgerichtet. "Unsere Kinder lernen anders", sagt Ulrike Flores. Und dem tragen wir Rechnung."

Ein Beispiel: "In den Klassen fünf und sechs ist Deutsch lehren in allen Fächern und eben nicht nur in Deutsch ein Schwerpunkt." Speziell für Lese- und Rechtschreibschwache gebe es an der St. Martin-Schule eine halbe zusätzliche Stelle für gezielte Förderung. "Deutsch ebenso wie andere Sprachen sicher schreiben lernen — da sind wir wieder dabei, dass Hausaufgaben weiterhin Sinn machen", so Ulrike Flores. "Und: Wir legen Wert darauf, dass Kinder von Anfang an das Lernen lernen. "Die Methodik des selbstständigen Lernens erkennen und einüben, das muss in der fünften Klasse passieren, nicht später", sagt Ulrike Flores. "Und da geben wir gezielte Hilfe, diese Strukturen zu erkennen."

Klingt ernsthaft — ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Denn: "Unsere Schule, die nicht so groß ist wie andere, soll für die Kinder auch ein Zuhause sein", betont Ulrike Flores. "Und das war auch ein Grund, weshalb unsere Tochter hierhin geht", sagt Ingrid Riddermann. Stärken stärken, Schwächen der Kinder erkennen und durch gezielte Förderung ausgleichen — so etwas funktioniere bestens an einer Schule, an der das gesamte Kollegium die Schüler kenne und nicht nur der jeweilige Klassenlehrer.

Ein Zuhause sein, Lernen lehren, Wert auf korrektes Deutsch legen — und was kommt danach? "Mehr als 50 Prozent unserer Schulabgänger haben sofort eine Lehrstelle", betont Ulrike Flores. Seit vielen Jahren habe die Schule beste Kontakte beispielsweise zu heimischen Handwerksbetrieben. Die bieten den Schülern Jahrespraktika an. Einen Tag pro Woche sind übers gesamte 10-A-Schuljahr hinweg die Jugendlichen dann schon in Betrieben. Dass es "passt", von vornherein — "darauf legen wir größten Wert", so Ulrike Flores. Und die, bei denen es nicht so passt?

"Für sie arbeiten wir beispielsweise mit dem Theodor-Brauer-Haus in Kleve zusammen", so Ulrike Flores. Die Zahl der Mädchen und Jungen, die die St. Martin-Hauptschule ohne Abschluss verließen, sei ohnehin "eine kleine Minderheit", so die Schulleiterin. "Und da sorgen wir für dafür, dass sie in Sonder-Fördermaßnahmen vermittelt werden. Damit auch sie eine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben."

Das alles funktioniere auch ohne Ganztag. Und in einer überschaubaren Schulgröße. Sorgen, dass die Schule bald geschlossen wird? Ulrike Flores: "Sagen wir mal so: "Die Bezirksregierung hat mir schon im vergangenen August mitgeteilt, dass wir fürs Schuljahr 2013/14 im Anmeldeverfahren sind." Das klinge nicht nach geplanter Schließung.

Und was, wenn Eltern erst nachmittags heimkommen? Passt die St. Martin-Hauptschule überhaupt? "Natürlich", so Ingrid Riddermann. "Die Schule hat eine Mensa, es gibt die Möglichkeit, hier zu Mittag zu essen. Und die Betreuungsangebote, die hier in Zusammenarbeit mit der Caritas angeboten würden, seien vielfältig. Ingrid Riddermann: "Diese Schule hat irhe Berechtigung: Sie muss und sie wird bleiben. Denn sie macht ein schulisches Angebot, das ubnedingt erhalten bleiben muss.

(RP/rl)
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