Goch Gochs Schmugglern auf der Spur

Goch · Rob Miesen hat sich verändert: vom Nachtwächter zum Frühaufsteher. Als Schmuggler führt er für die KulTOURbühne Goch Touristen und Einheimische durch die Stadtgeschichte.

 Mit Fahrrad und Schmugglerware führt Rob Miesen Touristen und Einheimische über alte Schmuggelpfade. RP-Fotos (2). Stade

Mit Fahrrad und Schmugglerware führt Rob Miesen Touristen und Einheimische über alte Schmuggelpfade. RP-Fotos (2). Stade

Foto: Stade, Klaus Dieter

Psssst... Da ist er! Langsam rücken die Zöllner ihm auf die Pelle. Wo der "Schmuggler von Goch" doch gerade an der Stadtmauer seine Döntjes unter die Leute bringt. Ach, und was macht er nun? Dieses Schlitzohr! Quasi im Vorbeigehen will er seinen Zuhörern noch die Butter und Uhren aus seiner Jacke heraus verkaufen. Die Zöllner rücken näher, doch pfffttttt — die Rechnung geht nicht auf. Da streuen echte Schmuggler Krähenfüße und sorgen für platte Reifen eifriger Zöllner.

 Rob Miesen mit seiner Kiste voller Schmuggelgut.

Rob Miesen mit seiner Kiste voller Schmuggelgut.

Foto: Stade, Klaus Dieter

Mittendrin ist die rund 15-köpfige Gruppe um 8 Uhr in der Früh, als Gästeführer und vormals Nachtwächter Rob Miesen "Von Schmugglern und anderem lichtscheuen Gesindel" zu berichten weiß. An Schmuggler-Gepäck wohl kaum zu überbieten, führt er im Rahmen eines neuen Projektes zur Gocher Stadtgeschichte — veranstaltet von der Kultourbühne und dem Heimatverein der Stadt — nun am frühen Morgen durch die Straßen und Gassen.

Butter, Zigaretten, Fleisch, Schnaps, Tee, Kaffee — "eigentlich wurde alles geschmuggelt", kündigt er zu Beginn der rund 1,5 stündigen Tour an. Mit seinem Schmuggel-Profi-Fahrrad zieht er entlang der Stadtmauer und Niers, stets auf der Spur der Geheimzeichen "Gaunerzinken". Markante Orte, Straßen oder Geschichten rund um Goch spielen dabei eine ebenso große Rolle wie das Schmugglertum selbst. Eine kleine Kostprobe: "Warum haben Schmugglerklompen die Hacke vorne am Fuß? Damit ihre Spuren den Zöllnern die andere Richtung des Weges weisen, als sie tatsächlich gelaufen sind."

Stadtgeschichte der anderen Art, zwischen Mühlentor und Bleichstraße, im Stadtpark oder an der Picardie: humorvoll, interessant und ausgefallen führt der ehemalige Nachtwächter, der nun als Schmuggler Frühaufsteher ist, durch Gassen, vorbei an "Domizilen für Schmuggler" und räumt auf mit Vorurteilen: "Sogar die Nonnen haben geschmuggelt", weiß er zu berichten.

Zwar wurde vor allem in der Nachkriegszeit geschmuggelt, doch auch weit darüber hinaus hat die niederländische Grenzregion bis in die 50er-Jahre eine Menge grenzüberschreitendes (Kaffee-)Potential geboten. Enge Gassen wie beispielsweise die heutige Picardie zählten zum Paradies für solche, die auf der Flucht vor den Zöllnern kostbares Gut nach Hause bringen wollten.

Übrigens: Das Gauner-ABC stellt bei einem Geheimzeichen das "V" auf den Kopf. "Das bedeutet, dass hier jemand verraten worden ist", so weiß Miesen zu berichten. Eines davon ist doch glatt am Gocher Rathaus zu finden.

Pssst. Jacke zu und Beutel verstecken — die Zöllner probieren es noch einmal. Also, wie gelernt: Krähenfüße raus und ab zum Frühstück ins Kolpinghaus!

(kare)
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