Lokale Wirtschaft Schuster Merckx setzt auf Stammkunden

Wochenlang musste er auf Einnahmen komplett verzichten, jetzt kommen die Kunden so langsam wieder. Der Gocher Schuster Arno Merckx will seinen Kleinbetrieb auch für seinen Sohn David erhalten.

 Schuster Arno Merckx in seinem Gocher Geschäft. Er setzt darauf, dass Handwerk und Handel auch nach Corona noch ihre Chance haben, wenn sie auf ihre Stärken bauen.

Schuster Arno Merckx in seinem Gocher Geschäft. Er setzt darauf, dass Handwerk und Handel auch nach Corona noch ihre Chance haben, wenn sie auf ihre Stärken bauen.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Er hätte von seinen Sorgen sprechen können. Davon, dass 9000 Euro Soforthilfe nützlich, aber keine Überlebensgarantie sind. Auch davon, dass es traurig ist, wenn die Wirtschaft im Kleinen wie im Großen den Bach runter geht. Aber dazu hat Arno Merckx, in Goch lebender Niederländer, keine Lust. Der frühere Spitzentorwart von Viktoria Goch, der 1981 nach dem Ende seiner Sportlerkarriere in einer ehemaligen Garage seine Werkstatt aufbaute, nimmt die Herausforderung durch die Corona-Pandemie sportlich. „Wir müssen das gemeinsam schaffen, ein Match miteinander machen“, sagt er. Fast 40 Jahre hat er sich am Markt behauptet; für seinen Sohn David (35) will er alles daran setzen, dass die Schuhwerkstatt erhalten bleibt.

Arno Merckx hat, ohne Betriebswirtschaft studiert zu haben, eine Menge Ahnung von den Gesetzen der Wirtschaft. Zum Beispiel weiß er ganz genau, was die Stärke des heimischen Handels und des lokalen Handwerks ist: der direkte Kundenkontakt. „Wir sind ganz nah dran an unseren Kunden, die oft Stammkundschaft sind. Es gibt auch Laufkundschaft, und die fehlt natürlich, wenn wenig los ist in der Stadt. Aber zu uns kommen Leute vor allem zielgerichtet – mit ihrem gerissenen Reißverschluss im Stiefel oder den Schuhen mit den abgetretenen Absätzen in der Tasche.“ Derzeit bedient er aus Hvgiene-Gründen hinter einer selbst gemachten Acrylscheibe, die man nach Bedarf in dem kleinen Ladenlokal hin und her schieben kann. Denn Merckx und sein Sohn haben viel zu zeigen.

„Eine unserer Stärken ist die Auswahl an Senkeln. Guck Dir das an: alle Farben, rund oder flach, dick und dünn. Oder die Absätze: Die müssen nicht immer braun oder schwarz sein Wir haben auch viele andere Möglichkeiten.“ Deshalb bringen ihm Menschen aus der Region auch sehr extravagantes Schuhwerk zur Reparatur. Schnürschuhe mit Lederbändern und orangefarbenem Absatz zum Beispiel. Häufiger allerdings besuchen ihn Sportler: Gleich fünf Paar Reitstiefel hat er gerade auf der Werkbank stehen; ehemals teure Lederstiefel, die durchs Tragen immer besser und bequemer werden. Die wirft man nicht einfach weg, wenn sich eine Naht löst. Ebenso wenig wie gut eingelaufene Wander- oder Arbeitsschuhe.

„Viele junge Leute wissen ja gar nicht, was der Schuster alles machen kann. Deshalb kaufen sie billige Schuhe, die nach ein paar Monaten im Müll landen. Wenn sie aber mal zu mir kommen, weil die Mutter ihnen gesagt, hat, ,versuch’s doch mal beim Schuster’, dann staunen sie, was ich alles retten kann.“ Zumal ja auch Jüngere oft Lieblingsstücke haben, von denen sie sich nicht gerne trennen. Und Arno Merckx repariert auch Taschen, Gürtel, Beckengurte von Motorradfahrern, Pferdehalfter und Trensen. Das kann er, weil er’s gelernt hat. Während „Schuster“ im Kleverland früher ein häufiger Beruf war, ist Merckx inzwischen ziemlich alleine auf weiter Flur. Hier und da gibt’s einen Schnellservice, aber zu seinem Fachbetrieb kommen Leute aus vielen Nachbarstädten, erzählt er. „Es ist das menschliche ,Click’, das die Leute zu Stammkunden werden lässt. Sie spüren, dass ich alles versuche, um ihnen zu helfen, und lassen sich auch gerne erklären, wie ich vorgehe.“ Das Handwerk lebt vom Kundenkontakt, der Handel ebenso. Das wissen die Geschäftsleute in Goch, und sie pflegen ihre Kundschaft. Sohn David, 35, hat vom Vater durch Zuhören und Miterleben viel gelernt und möchte den Betrieb fortführen. Arno hilft  ein paar Stunden pro Tag, auf Sicht möchte er sich zurückziehen. Aber nicht wegen Corona, sondern weil mit 67 Jahren die Zeit dafür gekommen ist.

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