Zeitgeist Neuer Trend „Kartentricks“

Goch · Andere in seinem Alter verbringen ihre Freizeit vorrangig mit elektronischen Medien, Jonas Bartjes interessiert sich am meisten für Karten. Mit seinen Tricks verblüfft er nicht nur Gleichaltrige.

 Jonas Bartjes (14) zeigt den Trick „Riffle Shuffle“, auch „Spring“ genannt.

Jonas Bartjes (14) zeigt den Trick „Riffle Shuffle“, auch „Spring“ genannt.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Privater Handygebrauch dürfte in den meisten Schulen nicht nur im Unterricht, sondern auch auf dem Pausenhof untersagt sein. Einen Satz Spielkarten aus der Jackentasche zu ziehen – dagegen hat hingegen wohl kein Aufsicht führender Lehrer etwas. Schon gar nicht, wenn es Jonas Bartjes ist, der sein „Deck“ hervorholt – dann guckt der Lehrer vielleicht sogar gerne zu. Denn der 14-jährige Gymnasiast aus Goch ist begeisterter Karten-Trickser – nicht etwa Zocker. Ihn faszinieren die Karten selbst, nicht Skat, Doko oder Poker. Wenn Jonas seine Fingerfertigkeit unter Beweis stellt, sind die Bewunderer schnell zur Stelle. Und viele haben es ihm schon nach getan und üben nun zu Hause ebenfalls Tricks.

Wie bei so vielen modernen Themen hat YouTube einen erheblichen Anteil an der Verbreitung des Hobbys. Denn dort zeigen Zauberer ihre Tricks – mal mit Erläuterung, mal ohne. „Man kann auch Tricks kaufen, dann bekommt man die Auflösung dazu“, weiß der 14-Jährige. Sein persönlicher Favorit im Internet ist „Mister TriXXL“, der seit vielen Jahren für wachsende Karten-Begeisterung sorgt und dessen Instagram-Account jedem Fan bekannt ist. „Als ich anfing, nach Tutorials zu suchen, bin ich schnell auf ihn gestoßen und find’ ihn toll“, erzählt Jonas. So wie insbesondere jüngere Schüler ihn und seine magischen Fähigkeiten toll finden.

Wobei: Mit einer Zauber-Show im Kernie fing’s zwar an. Die hat der Gocher, als er noch jung genug dafür war, bei einem Weihnachts-Event in Kalkar erlebt. Aber Zauberei im Allgemeinen ist dennoch nicht seine Sache geworden. Tricks mit Tüchern, Hase und Zylinder findet er zwar lustig, reinsteigern kann er sich da aber nicht. Von seiner Mutter bekam er einen Adventskalender mit Zauber-Utensilien geschenkt – nett gedacht, aber nicht ganz seine Kragenweite. „Den künstlichen Daumen hier find’ ich aber lustig. Mal gucken, was man damit anfangen kann“, sagte er beim RP-Besuch.

Viel lieber zeigt Jonas in seinem perfekt aufgeräumten Zimmer seine Sammlung an Karten-Decks (die sich natürlich an Weihnachten noch vergrößert hat). „Da sind Decks, die man für drei Euro kaufen kann, aber auch solche, die schon richtig viel wert sind. Einige habe ich in den USA bestellt oder von einer Messe in Berlin bekommen. Es gibt immer Neues für immer weitere Möglichkeiten“, erzählt er.

Die Standard-Marke „Bicycle“ dürfte sich inzwischen in vielen Jugendzimmern finden. „Die Qualität hängt vom Finish, besonders von der Beschichtung ab. Denn die Tricks beanspruchen die Karten stark“, erklärt der Schüler. Sie dürfen sich ja nicht abnutzen, Eselsohren oder Risse bekommen – dann würden die Zuschauer ja gleich an Schummelei denken!

Die große Bühne ist dem 14-Jährigen übrigens bisher noch versagt geblieben. Nur auf einem Kindergeburtstag ist er schon mal aufgetreten. „Ich bin auch gar nicht so scharf auf die große Show oder auf Tricks, zu denen lange Geschichten erzählt werden müssen. Am liebsten sind mir Taschenspielereien, die man so im Vorübergehen macht.“

Zum Beispiel eine riesige Menge Karten im Sekundenbruchteil auffächern, sogar zweilagig - das macht was her. Oder das Mischen: Höchst geschmeidig (das können erfahrene Zocker natürlich auch) gleiten die Karten aus zwei Stapeln immer abwechselnd ineinander. Sehr toll sieht es auch aus, wenn Jonas die Spielkarten, die er gebogen in der Hand hält, in die andere federn lässt. Bis zu 40 Zentimer hält er dabei die Hände auseinander, und fast immer funktioniert’s - rrrrt, schnurren die Karten in die zweite Hand. „Riffle Shuffle“ oder „Spring“ nenne sich so etwas.

„Einmal bin ich mit meinem Kumpel Joshua durch die Stadt gelaufen und hab’ einfach mal die Leute verzaubert. Das war schon cool“, erinnert sich Jonas. Das hätten viele Leute toll gefunden. Und nicht nur einmal habe er gehört, dass es schön sei, wenn ein Junge mal nicht nur an der Spielekonsole hocke, sondern sich anders beschäftige. Mit Sport, Musik oder eben Kartentricks.

Einige Kinder, ahnt Jonas, fänden ihn wohl ein bisschen gruselig. Weil er ja schließlich „zaubern“ könne. Aber übersinnlich sei daran nichts, ängstigen müsse sich niemand. Es sind bloß Tricks – aber eindrucksvolle.

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