Goch Gocher Drogenpaar steht vor Gericht

Goch · Aus Geldnot verkaufte ein Paar aus Goch Drogen in großem Stil. Vor Gericht berichten sie von einem bewegten Leben.

Gocher Drogenpaar steht vor Gericht in Kleve
Foto: dpa/Jan-Philipp Strobel

Das Aufeinandertreffen des Paares vor Gericht ist emotional. Die Angeklagte bricht in Tränen aus, auch er kämpft mit sich. In getrennter Haft seien die vergangenen Monate hart gewesen, sagen sie. Mehrmals nehmen sie sich in den Arm. Vor der zweiten großen Strafkammer des Klever Landgerichts müssen sich ein 25-Jähriger und eine 32-Jährige aus Goch wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verantworten.

Es war im August vergangenen Jahres, als der 25-jährige Angeklagte seine Verlobte am frühen Abend von einem Supermarkt in Kalkar abholt, wo sie ihren Imbisstand betreibt. Auf dem Heimweg kontrolliert die Polizei auf der Höhe der Gocher Postniederlassung den Wagen des Paares. Was die 32-Jährige auf dem Beifahrersitz nicht gewusst haben will: Im Kofferraum liegt in einer gelben Tasche knapp ein Kilo Marihuana, das er zuvor bei einem Lieferanten  abgeholt hatte. „Scheiße, ich habe Gras im Kofferraum“, soll der Mann noch geschrien haben. Im Auto finden die Polizisten dann auch noch einen Schlagring sowie Pfefferspray, das das Paar nach eigener Angabe aber nur für die Selbstverteidigung, nicht für den Drogenhandel besaß. In der Wohnung treffen die Beamten auf weitere Drogen und 4000 Euro Bargeld. Im April stoßen sie schließlich noch auf ein Drogenlager der beiden.

Über ihre Verteidiger gesteht das Paar dem Richter Gerhard van Gemmeren die Anklage. Das Geschäft mit Snacks sei durchwachsen gelaufen, auch sein Verdienst als Produktionshelfer sei überschaubar gewesen. Das Liebespaar lebte schon seit vielen Jahren mit der Drogensucht, die Geldnot war groß. „Ich will damit jetzt nichts mehr zu tun haben“, sagte die 32-Jährige vor Gericht.

Die Lebensgeschichte der Gocherin ist bewegt. Die Tochter einer Prostituierten sei vom gewalttätigen Stiefvater häufig geschlagen und im Keller eingesperrt worden. Die spielsüchtige Mutter gibt sie anderen Männern mit, dort wird sie missbraucht. Mit 14 Jahren zieht sie von zu Hause aus, kommt in eine Pflegefamilie, schon damals raucht sie regelmäßig Joints. Sie schließt eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau ab und trifft 2014 auf ihren Freund, der ebenfalls schon konsumiert, seitdem er 15 Jahre alt ist. „Ich brauchte das Rauchen einfach, um abzuschalten. Ich wurde davon nicht müde, sondern fit für die Arbeit“, sagt sie. Bis zu sechs Gramm täglich benötige sie, auch zur „Verdrängung und Betäubung“. Zudem bestand die tägliche Dosis aus mehreren Amphetaminen. Wenn sie frei hatten, konsumierten die Verlobten zudem Kokain, Ecstasy nur für „gemeinsame Liebesnächte“.

Beide beschreiben vor Gericht die Untersuchungshaft als Belastung, die Trennung und der Drogenentzug seien schwierig gewesen. Künftig wollen sie sich einer Therapie unterziehen, heißt es, und heiraten. Sie sagt gar: „Ich möchte Mutter werden.“ Richter van Gemmeren hat angeordnet, dass ein Gutachten zum Drogenkonsum der Angeklagten erstellt wird. Im Dezember oder Januar wird der Prozess dann fortgesetzt.

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