Matterhorn-Aufstieg Blindes Vertrauen in 4478 Meter Höhe

Goch · Der Gocher Christoph Krott und sein Sohn Claudio haben gemeinsam das Matterhorn bestiegen. Zwei Tage dauerte der körperlich wie geistig anspruchsvolle Kraftakt. In einem Augenblick wurde es für das Gespann brenzlich.

 Die Gocher Bergsteiger aus Leidenschaft am Matterhorn: Christoph und Claudio Krott während ihrer anstrengenden Tour mit einem „Selfie“.

Die Gocher Bergsteiger aus Leidenschaft am Matterhorn: Christoph und Claudio Krott während ihrer anstrengenden Tour mit einem „Selfie“.

Foto: NN

Das Matterhorn ist ob seiner nahezu perfekten Dreiecksform seit Jahrhunderten das Symbol für Berge schlechthin. Seit jeher hat es bei Alpinisten in gleichem Maße Faszination wie Furcht geweckt. So auch bei Christoph Krott. „Wer das Matterhorn einmal gesehen hat, weiß, wovon ich spreche. Das ist einfach magisch“, sagt der 58-Jährige. Doch beim bloßen Bestaunen ist es für Krott nicht geblieben. Er hat die Spitze des Berges in 4478 Metern Höhe erklommen – und das gleich zwei Mal. Vor einem Vierteljahrhundert gelang ihm der Aufstieg bereits mit seiner Ehefrau Lisa, nun wagte er das Abenteuer mit seinem 22-jährigen Sohn Claudio. „Damit haben wir uns einen großen gemeinsamen Bergsteigertraum erfüllt“, sagt Christoph Krott.

Seit Kindesbeinen geht auch Claudio Krott der Leidenschaft Bergsteigen nach. „Damit sind unsere Kinder aufgewachsen. Schon als sie vier Jahre alt fahren, sind wir mit ihnen auf 4000-Meter-Berge geklettert“, sagt sein Vater, der mittlerweile auf schon insgesamt 150 solcher Anstiege zurückblickt.

Auch Claudio kann auf einen beachtlichen Erfahrungsschatz zurückgreifen: 50 Mal gelang ihm der Aufstieg bis in vier Kilometer Höhe. Nun setzten sie zum Husarenstück an und bezwangen gemeinsam das Schweizer Matterhorn. „Die Führung der Seilschaft habe ich mir nicht mehr zugetraut. Daher durfte Claudio ran. Das war sicher keine einfache Entscheidung für mich, aber sie war richtig“, sagt Christoph Krott. Schließlich sei Claudio ob seines Alters körperlich fitter – ein entscheidender Faktor. „Ich war stolz, die Verantwortung zu übernehmen und bin meinem Vater dankbar, dass er mir das Seil überlassen hat“, sagt der Mediengestalter.

Der Aufstieg auf das Matterhorn dauerte zwei Tage. „Wenn die Wetterbedingungen nicht optimal gewesen wären, hätten wir es nicht versucht. Das Risiko wäre einfach zu groß gewesen. Doch die Prognose stimmte“, sagt Christoph Krott. Seit der Erstbesteigung des Matterhorns 1865 starben über 550 Menschen beim Versuch, den Gipfel zu erklimmen. Jährlich steigt die Zahl der Opfer rasant, im vergangenen Jahr waren es elf. „Meine Frau hat in diesem Sommer so viel gebetet wie nie zuvor“, sagt der Musiklehrer. Das Matterhorn und seine Gletscher sind mit zahlreichen, tiefen Spalten durchzogen. Oft sind diese mit Schnee bedeckt und eine unsichtbare Gefahr für Bergsteiger und Skifahrer. Auch kommt es immer wieder zu Steinschlägen oder Lawinen.

Den ersten Tag nutzte das Duo für den Aufstieg zur Hörnlihütte auf 3260 Metern Höhe. Dort ruhten sie, sammelten Kräfte für den zweiten Abschnitt der Mission. Mitten in der Nacht setzten Vater und Sohn zum Anstieg über den Hörnligrat an, dem leichtesten von vier Bergrücken zum Berggipfel. Die Komfortzone aber musste das Gespann verlassen: Mit Bergschuhen, Klettergurten, Steigeisen, Handschuhen und einem Proviantrucksack kletterten die Krotts knapp sieben Stunden lang die Felsen entlang. „Wir hatten die Situation eigentlich immer im Griff“, sagt Christoph Krott. An einer Stelle aber sei es brenzlich geworden: Nach 4300 Metern, also kurz vor dem Ziel, war ein Klimmzug notwendig, um das nächste Steigeisen zu erreichen. „Ich versuchte es mehrfach, doch es klappte einfach nicht. Die Hände waren kalt und ich spürte Krämpfe in den Armen. Ich war davon überzeugt, dass es das gewesen sei“, sagt Krott Senior rückblickend. Doch er besann sich, atmete tief durch und wagte einen neuen Anlauf. „Ich investierte alle verbliebene Kraft - und es klappte tatsächlich noch“, sagt der Musikpädagoge.

Gegen 11 Uhr und nach 1200 Höhenmetern gaben sich Vater und Sohn dann auf dem Gipfel des Matterhorns die Hand. „Wir hätten nicht glücklicher sein können. Das Besondere war zudem: Obwohl am Matterhorn mittlerweile Massentourismus betrieben wird, hatten wir die Aussicht einige Minuten lang für uns exklusiv“, sagt Christoph Krott. Die Belohnung: das malerische Alpenpanorama. „Das werden wir so lange wir leben nie wieder vergessen“, sagt Krott Junior. Da kein Wetterumschlag und kein Gewitter drohte, konnten sich die Hobby-Alpinisten beim langwierigen Abstieg Zeit lassen. Erst zum Sonnenuntergang kehrten sie schließlich zur Berghütte zurück.

„Für mich ist nun klar, dass ich das Matterhorn nie wieder besteigen werde. Ich habe alles erlebt, was ich dort erleben wollte“, sagt Christoph Krott. Er wolle sich stattdessen neue Ziele suchen. Das Gegenteil gilt für Claudio. Er plant schon jetzt das nächste Matterhorn-Projekt. „Schließlich gibt es vier verschiedene Bergrücken. Da kann ich mich noch steigern.“

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