Goch Frische Küche gibt Landhaus Zukunft

Goch · Gehobene Küche und bodenständiges Essen, dazu eine alte Schule als außergewöhnliches Hotel – nach anderthalb Jahren wissen Richard und Sigrid Dittrich, die zu Hause das Landhaus vor der Schließung retteten: Das Konzept geht auf.

 Da probiert sie gern: Landhaus-Chefin Sigrid Dittrich gemeinsam mit ihren "beiden Küchenchefs" Jan Hollendung (links) und Sebastian Linge. Sie setzen auf frische Produkte. Auf neuen Schwung: Das Resultat: Andernorts sterben Gasthäuser in Dörfern aus. In Nierswalde gibt es mit neuem Konzept eine Zukunft.

Da probiert sie gern: Landhaus-Chefin Sigrid Dittrich gemeinsam mit ihren "beiden Küchenchefs" Jan Hollendung (links) und Sebastian Linge. Sie setzen auf frische Produkte. Auf neuen Schwung: Das Resultat: Andernorts sterben Gasthäuser in Dörfern aus. In Nierswalde gibt es mit neuem Konzept eine Zukunft.

Foto: Gottfried Evers

Gehobene Küche und bodenständiges Essen, dazu eine alte Schule als außergewöhnliches Hotel — nach anderthalb Jahren wissen Richard und Sigrid Dittrich, die zu Hause das Landhaus vor der Schließung retteten: Das Konzept geht auf.

Lehrer Lempel gehört längst zum Inventar. Im besten Sinne. Er ist gar nicht mehr wegzudenken. Für Richard und Sigrid Dittrich nicht. Für die vielen Gäste nicht. Die Dittrichs wagten es im vergangenen Jahr. Viel Arbeit haben sie seitdem. und viel Geld nahmen sie in die Hand, um zu investieren. Das Ergebnis? Begeistert viele Gäste. Und: Es werden immer mehr. Touristen kommen nach Nierswalde, um in der Dorfschule, die die Dittrichs zum Hotel machten, zu nächtigen — oder zu arbeiten. "Der Tagungsraum, den wir haben, den finden sie so nirgendwo", sagt Sigrid Dittrich. "Es sieht nach Klassenzimmer aus, es riecht auch so." Nicht das graue "Bürotisch-U" mit der austauschbaren Atmosphäre.

Atmosphäre — das Stichwort . "Wir wollten uns einbringen", sagt Richard Dittrich. "Die Leute sollen spüren: Dies ist ein individuelles Haus." Und das honorieren die Gäste. Zu wissen, die Tomaten, der Porree und anderes Gemüse stammen aus dem eigenen Garten der Dittrichs. Zu wissen, das so lecker zubereitete Wild stammt aus heimischen Wäldern. Alles frisch zubreitet — dafür bürgen in der Küche zwei Fachmänner. Jan Hollendung und Sebastian Linge. Der Materborner Linge arbeitete lange im Palace St. George in Mönchengladbach. Deren Gourmetküche hat einen legendären Ruf.

Nun freut er sich, dass er nicht mehr so weit zur Arbeit fahren muss. Anspruchsvolle Küche, aber bodenständig. Heimische Produkte: Der Boskop, den er fürs Ragout nimmt, das die Rehnüsschen zu Weihnachten begleitete, ist hier gewachsen und nicht irgendwo. Hohe Ansprüche und die Richtung — Gourmetküche — verbinden mit niederrheinischer Bodenständigkeit, mit Grünkohl und Erbsensuppe wie bei Muttern — beides zeigt den Ansatz der Dittrichs und ihrer "Jungs" in der Küche: Bodenständiges essen wie in einem Dorfgasthof — feines Essen wie in einem Schlösschen. Dorfgasthof — auch das ist das Nierswalder Landhaus, von den Älteren weiterhin gern als "Martinsschänke" bezeichnet, geblieben.

Wenn Richard und Sigrid Dittrich nicht voriges Jahr im Frühjahr die Kombi aus Restaurant und Hotel geplant und umgesetzt hätten — beide Gebäude wären inzwischen wohl schon vom Nierswalder Erdboden verschwunden, die Dorfmitte wäre irgendwie keine mehr. Stattdessen gibt's jetzt Gäste aus der ganzen Republik (und aus den Niederlanden), die hier übernachten, und Gäste aus dem ganzen Kreis Kleve, die in Nierswalde lecker essen. Und — es gibt Staunen.

Über bekannte Gesichter zum Beispiel. Giuseppe Ramirez zählt mit zum Team. Ihn kennen, irgendwie, alle Kreis Klever. Giuseppe — das war der Mann, der im Klever Schweizerhaus als Serviceleiter zum Aushängeschild wurde. Ganz egal, wem der Laden wann wie gehörte. Ländliche Atmosphäre mit dem sprichwörtlichen Bratenduft — Das Landhaus ist ein Beispiel dafür, dass "Dorfgastronomie" eine Zukunft haben kann.

Und eine Gegenwart. Reservieren sollte man auch fürs Hotel: Mit ihrem inzwischen mehr als 20 Köpfe zählenden Team betreiben die Dittrichs eifrig Akquise. Sie wirkt. Zahlreiche Unternehmen der Region nutzen das Nierswalder Landhaus inzwischen für Tagungen und "Teambuilding". Und dieser Erfolg ist wichtig. Denn von Urlaubern könnte das Hotel schließlich nur im Sommerhalbjahr existieren.

Viel Arbeit? "Oh ja", sagt Richard Dittrich. "Aber sie macht uns ja auch viel Spaß." Urlaub? Den hatten die beiden schon lange nicht mehr. Sigrid Dittrich lacht und sagt: "Stattdessen sorgen wir dafür, dass andere Urlaub machen können."

(RP)
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