Goch/Weeze Europa bestimmt das tägliche Leben mit

Goch/Weeze · Das Europäische Parlament sitzt weit weg in Brüssel. Doch die Politiker, die sich am 25. Mai zur Wahl stellen, haben Einfluss auf viele Bereiche des Alltags. Die RP zeigt an konkreten Beispielen, wie sich die Europapolitik auswirkt.

Das Europaparlament in Zahlen
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Foto: dpa, Patrick Seeger

Nur ein kleines Schild weist an den meisten Grenzübergängen zwischen Goch oder Weeze und den Niederlanden darauf hin, dass gerade eine Landesgrenze überschritten wird. Der Wegfall der Grenzen hat Reisen innerhalb Europas vereinfacht - doch das ist nicht die einzige Auswirkung europäischer Politik.

Kultur Die Kommunen Weeze, Goch, Bergen und Gennep organisieren die Reihe "Grenzenlose Konzerte", bei denen in jeder Gemeinde oder Stadt Musiker aus beiden Ländern spielen. Heidi de Ruiter, Pressesprecherin der Euregio Rhein-Waal, die die Konzerte mit 1000 Euro unterstützt: "Sehr erfreulich war, dass auch viele Niederländer nach Weeze und Goch gekommen sind." Zwischen Weeze und Bergen gibt es zudem ein grenzüberschreitendes Theaterprojekt für zwei Schulen.

Bildung Der EU-Abgeordnete Karl-Heinz Florenz weist darauf hin, dass die Bildung stark von Europa profitiert: "Erasmus ist ein Studenten-Austausch-Programm der EU." Studenten aus ganz Europa können sich eine Universität aussuchen und dort studieren. Florenz sagt: "Im Lebenslauf macht sich so ein Austausch sehr gut. Schließlich bedeutet es, dass die jungen Menschen mit verschiedenen Kulturen in Berührung gekommen sind und schon diverse Kontakte über die Grenzen hinaus geknüpft haben."

Euregio Rhein-Waal Viele grenzüberschreitende Projekte, die die Euregio Rhein-Waal begleitet, werden mit EU-Mitteln gefördert, erklärt Pressesprecherin Heide de Ruiter. Seit 2008 sind rund 72 Millionen Euro in die Region geflossen. Das neue Programm "Interreg V" sollen 444 Millionen Euro zur Verfügung stehen, es liegt gerade in Brüssel zur Genehmigung vor. Zu den Projekten zählt etwa das Fahrradweg- und Wanderrouten-Netzwerk rund um die Boxteler Bahn.

Arbeitsmarkt Seit durch das Schengener Abkommen die Grenzen quasi gefallen sind, ist es für Berufspendler einfacher geworden, eine Stelle im Nachbarland zu erreichen. Michael Niel, Pressesprecher der Weseler Arbeitsagentur: "Gerade in Grenzbezirken wie Kevelaer und Weeze bieten die Niederlande gute Chancen für Menschen, die Arbeit suchen." Dabei spiele auch der in den Niederlanden weit entwickelte Zeitarbeits-Sektor eine wichtige Rolle. Bei den Arbeitsagenturen gibt es spezielle Berater für Arbeitnehmer, die im europäischen Ausland ihr Geld verdienen wollen.

Reise Die Grenzen sind offen. Das kommt auch bei den Menschen immer stärker an, weiß Johannes Peters, Vertreter des Bürgermeisters in Weeze: "Wir haben den Eindruck, dass die Grenzen immer durchlässiger werden - auch bei den Menschen im Kopf." Offene Grenzübergänge seien aber kein Einfallstor für Kriminelle, sagt der Europa-Abgeordnete Karl-Heinz Florenz. Er meint: "Der Zoll schläft nicht. Es werden nach wie vor viele Autos angehalten und überprüft." Mehr noch, durch den Zusammenschluss als Europäische Union sei eine hinderliche Anonymität aufgebrochen. Die Strafverfolgung sei leichter geworden, da weniger Bürokratie herrsche. Auch der Airport Niederrhein profitiert. Sprecher Holger Terhorst: "Die Deregulierung des Luftverkehrs in Europa hat das Reisen zu günstigen Preisen erst ermöglicht. Der Euro und die Abschaffung der Binnenmarktgrenzen haben das Reisen in ganz Europa zudem erheblich erleichtert."

Einzelhandel Durch die EU und die offenen Grenzen ist für den Einzelhandel alles einfacher geworden, sagt Cornelia Bauer vom Schuhgeschäft Bauer in Weeze. "Die Kunden können viel unkomplizierter einkaufen. Die Mehrwertsteuer muss zum Beispiel nicht mehr ausgewiesen werden." Auch die einheitliche Währung mache es für Kunden und Angestellte einfacher: "Wir haben nicht mehr das Problem, dass wir die Beträge umrechnen müssen, alle wissen, wie viel etwas Wert ist", sagt Bauer.

Landwirtschaft Die EU beschäftigt auch die Landwirtschaft. Aber nicht negativ, weiß Heinz Lax, Vorsitzender der Kreisbauernschaft: "Früher war es so, dass jedes Land versucht hat, sich mit allem selbst zu versorgen. Aber langsam hat man eingesehen, dass manche Dinge woanders einfach besser wachsen. Tomaten, zum Beispiel, wachsen im Winter in Spanien besser. Also ergänzt man sich. Wir profitieren also alle voneinander, sofern man diese Tatsache akzeptiert."

Wirtschaft Besonders der Airport Niederrhein spürt die Auswirkungen der Europapolitik. Terhorst: "Die Effekte der Europapolitik begrüßen wir uneingeschränkt: Die EU hat die Voraussetzungen für schnelles und günstiges Reisen und Mobilität in Europa geschaffen, sie sorgt für zunehmend gleiche Wettbewerbsbedingungen in Europa und befasst sich im Sinne aller Nutzer intensiv mit der Harmonisierung und Vereinheitlichung der Standards im Luftverkehrssystem."

(RP)
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