Goch Eine Gocher Idee gegen Unfallsünder

Goch · Mit Hilfe von Spurensicherungs-Folie deckt die Polizei in NRW Unfallfluchten auf. Die Idee dazu kommt vom Sachverständigen Jochen Lehmkuhl. Schon seit Jahren kämpft der Gocher für diese Methode.

 Der Gocher Sachverständige Jochen Lehmkuhl demonstriert die "Spurfix-Folie", mit der jetzt in ganz NRW Unfallsünder ermittelt werden.

Der Gocher Sachverständige Jochen Lehmkuhl demonstriert die "Spurfix-Folie", mit der jetzt in ganz NRW Unfallsünder ermittelt werden.

Foto: GOTTFRIED evers

Als Sachverständiger hat Jochen Lehmkuhl aus Goch jährlich mit unzähligen Fällen von Unfallfluchten zu tun. Die Zahl der vorgetäuschten Unfallflucht-Schäden ist dabei beachtlich — nach Schätzungen aus der Branche zwischen zehn und dreißig Prozent. Nachzuweisen, wer für einen Unfallschaden verantwortlich ist, kann im Zweifel schwierig sein. Im Jahr 2006 hatte er wieder einen "dieser" Fälle, berichtet Lehmkuhl: "Ich war als Sachverständiger vor Gericht und ein Anwalt hat mich gefragt, ob ich mir zu hundert Prozent sicher bin, dass der Schaden vom Angeklagten verursacht wurde. Es lagen nur Fotos vor, beide Autos waren bereits repariert. Das konnte ich natürlich nicht."

Also machte sich der Gocher an eine Methode, mit der man zuverlässiger Unfallschäden dokumentieren kann. "Bis dahin hat die Polizei nur mit Fotokamera und Zollstock gearbeitet. In Ausnahmefällen haben sie auch schon einmal Lack abgekratzt. Aber welcher Autobesitzer lässt sich schon freiwillig noch mehr Lack abkratzen?", erzählt Lehmkuhl. Seine Idee: Spuren mit Hilfe von Folien nehmen, die einerseits deutlich effektiver sind und andererseits den Lack nicht noch weiter beschädigen. Die sogenannte "Spurfix-Methode".

"Ich habe erst einmal Versuche im stillen Kämmerlein durchgeführt. Mit über 40 verschiedenen Folien habe ich gearbeitet", sagt der Gocher. Erst sei eine Folie aus der USA sein Favorit gewesen. "Die hatte aber Defizite bei mineralischen Rückständen. Also klassische Mauerrückstände", erklärt Lehmkuhl. Dann aber ist er auf eine Folie aus den Niederlanden gestoßen, die sich perfekt für seine Zwecke eignete. "Und als ich recherchiert habe, stellte ich fest, dass der Erkennungsdienst der Polizei die Folie schon lange benutzt", sagt er.

"Theoretisch kann man die Spuren mit jeder Klebefolie sichern. Die jeweiligen Klebstoffe können die Spuren aber unbrauchbar machen", sagt der Sachverständige. Das besondere an der Folie aus den Niederlanden ist neben ihrer guten Aufnahmefähigkeit immer die exakt gleiche Zusammensetzung des Klebers, der einfach mit Hilfe eines Lösungsmittels ausgespült werden kann. "Je schneller man Abzüge des Unfallschaden macht, desto besser sind die Ergebnisse. Kunststoff ist dabei der ideale Träger. Zum Beispiel an Stoßstangen oder Zierleisten aus Kunststoff kann man selbst nach Wochen und mehreren Waschgängen Spuren sichern", sagt Lehmkuhl.

Trotz vielversprechender Versuche zeigte sich die Polizei erst zurückhaltend. "Die wollten sechs Jahre überhaupt nichts davon wissen", sagt Lehmkuhl. Die Kreis Klever Polizei war dann einer der Vorreiter, Lehmkuhl selbst stellte die Methode zwei Jahre lang als freier Dozent an der Landespolizeischule vor. Seitdem im vergangenen Jahr der Landeserlass der Polizei um eine Anweisung zur Sicherung von Partikeln mittels Folie ergänzt wurde, wird nun auch ganz offiziell die "Spurfix-Methode" angewendet. So konnten nach dem Massenunfall auf der A57, der durch ein Feuer unter einer Autobahnbrücke verursacht wurde, mit Hilfe der Folien die jeweiligen Auffahrunfälle rekonstruiert werden.

Im Kreis Kleve lag die Zahl der Verkehrsunfallfluchten 2012 bei 1453 Fällen. Bundesweit entstehen dadurch jährlich Schäden im deutlich zweistelligen Millionbereich.

(lukra)
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