Goch Einblick in Haus Ausblick

Goch · Die Kaiserswerther Diakonie hatte Interessierte zu einem Grillabend ins Haus Ausblick eingeladen, damit sie sich ein Bild von den Jugendlichen machen können, die auf den Borgardtshof ziehen sollen. Wer kam, war beeindruckt.

 Haus Ausblick in Bedburg-Hau ist in keinem guten baulichen Zustand, ein Umzug dringend erforderlich.

Haus Ausblick in Bedburg-Hau ist in keinem guten baulichen Zustand, ein Umzug dringend erforderlich.

Foto: Gottfried Evers

In den vergangenen Monaten hat es viele Diskussionen um den Umzug schwer erziehbarer Jugendlicher von Haus Ausblick in Bedburg-Hau zum Borgardtshof nach Goch gegeben. Eine Anwohnerinitiative hatte sich gegründet, zuletzt plante die CDU, das Vorhaben über den bürokratischen Weg stoppen. Wer bei alledem noch nicht zu Wort kam: die Jugendlichen.

Am Freitagabend hatten sie schließlich die Möglichkeit dazu, über sich, ihren Alltag und ihre Fortschritte zu erzählen. Wer nicht erschien, waren die Köpfe der Initiative und Vertreter der CDU. "Das ist eigentlich sehr schade", sagte Christian Zschiedrich, Leiter von Haus Ausblick. Schließlich hätten sie sich so mal selber ein Bild von dem machen können, gegen das sie wettern. "Dafür wurden wir von den Politikern eingeladen, am Dienstag im Rat zu erscheinen", so Zschiedrich weiter.

Trotzdem gab es einige Interessierte, die kamen. Anwohner, Neugierige und auch zwei SPD-Politiker. Die Besitzer des Borgardtshofs, die Eheleute Kremer, brachten gar ihre Kinder mit. In jedes Zimmer konnten die Besucher schauen, offen Fragen an die Jugendlichen stellen. Putzen? Wäsche waschen? Bügeln? "Das machen wir alles selber", erzählte einer. "Das mache nicht mal ich zu Hause", gab ein Anwohner aus Goch lachend zu.

Offensichtlich ist: Der Bau hat erhebliche Mängel. Der Putz bröckelt von den Wänden, eine Decke ist feucht, viele der Räume sind klein und verwinkelt. "Ich kann sehr gut verstehen, dass ihr umziehen müsst", sagte ein Besucher.

Ebenso ist für alle offensichtlich, dass die Jugendlichen aus gutem Grund in der Einrichtung sind. Mark und Jonas (beide Namen geändert) sind zwei von ihnen. Mark ist in seiner Heimat im Ruhrgebiet schon straffällig geworden. "Da habe ich Scheiße gebaut", gab er zu. Er habe Hilfe gebraucht — und bekommt Hilfe. Gegen seine Depressionen, gegen seinen schlechten Umgang. Im Gespräch erzählte Mark von sich. Er singt gerne, momentan am liebsten Lieder von den "Toten Hosen". Und er ist großer Dortmundfan. Wenn er berichtet, dass er im vergangenen Jahr das Spiel gegen Leverkusen besucht hat, beginnen seine Augen zu leuchten. Untereinander komme man gut klar. "Es gibt schon mal Streit, aber das gibt es ja überall", sagte er.

Jonas ist noch nicht straffällig geworden, andere Gruppen wollten den Diabetiker dennoch nicht aufnehmen. Auch er kommt aus schwierigen Verhältnissen, hatte in seiner Heimat Kontakt zu falschen Freunden. In die umliegenden Dörfer gehen beide übrigens nicht. Nur die direkten Nachbarn grüßen sie gelegentlich "Die sind richtig nett", so Jonas. Er, genau wie Mark, hat schon die Erlaubnis, für ein paar Stunden im Monat nach Kleve zu fahren. Das mussten sie sich erarbeiten — wer Fortschritte macht und sich an die Hausregeln hält, der darf auch mehr. Der 16-Jährige möchte später eine Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker machen. "Es zählt nicht meine Vergangenheit, sondern meine Zukunft", betonte er.

(RP)
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