Goch Ein Jahr Parkgebühr — beschädigte Bilanz

Goch · Zum 1. Mai 2015 wurde die Parkraumbewirtschaftung im einst gebührenfreien Goch eingeführt. Ein Jahr danach fällt die Bilanz ernüchternd aus. Die Politik hat zwar Anpassungen vorgenommen, doch die Bürger ärgern sich.

Goch: Ein Jahr Parkgebühr — beschädigte Bilanz
Foto: Guido Schulmann

Die Botschaft aus dem Gocher Rathaus war deutlich: Die Parkgebühren, so Bürgermeister Ulrich Knickrehm bei seiner 100-Tage-Bilanz Anfang Februar, seien "kein Thema mehr". Erst wenige Tage zuvor war die neue Gebührenordnung, die Vereinfachungen sowie Ermäßigungen mit sich gebracht hatte, umgesetzt worden und hatte — obwohl die ursprünglichen Vorschläge der Verwaltung von der Politik im Rat grundlegend verändert worden waren — bei den Verantwortlichen allenthalben für Hoffnung auf Beruhigung des Gocher Gesprächsthemas Nummer eins gesorgt.

Rund zwei Monate später war die Hoffnung zerstoben. Über sein Facebook-Profil bat Knickrehm um Unterstützung bei der Suche nach denjenigen, "die ständig die Parkscheibenautomaten zertrümmern". "Hirnloser Unfug" von "ein paar ganz ganz armseligen Typen" sei dieser Vandalismus. Zu diesem Zeitpunkt lagen die Reparaturkosten bereits im mittleren fünfstelligen Bereich.

Da wundert es nicht, dass das Gocher Stadtmarketing zuletzt mit einem Gewinnspiel (Einkaufsgutscheine für abgegebene Parkscheine) für positive Schlagzeilen rund um die Parkgebühren zu sorgen versuchte. Doch die Beliebtheit der Gebühren und all dessen, was damit zusammenhängt, ist naturgemäß überschaubar. Das sieht auch Dieter Üing so. Der Gocher, der schon politisch in der Stadt engagiert war und regelmäßig öffentlich kritische Fragen stellt, hat sich die im jüngst verabschiedeten Haushalt veröffentlichten Zahlen dazu einmal genauer angesehen und kommt zu einem erstaunlichen Ergebnis. "Legt man die Haushaltsansätze zu Grunde, zahlt der Gocher Bürger rund 800.000 Euro jährlich, um laut Papier rund 240.000 Euro zu erwirtschaften", behauptet Üing und erklärt seine Rechnung. Dabei trennt er streng zwischen städtischer und Bürgersicht:

Im laufenden Jahr plant die Kämmerin laut Haushaltsentwurf im Bereich Parkraumbewirtschaftung mit regulären Erträgen in Höhe von 450.000 Euro, etwaige Bußgelder sind zusätzlich mit 65.000 Euro veranschlagt. Beides Posten, die in erster Linie Gocher und in zweiter Linie Besucher der Stadt zahlen. Hinzu kommen 90.000 Euro, die aus der städtischen Kasse, also dem Steuersäckel, aufgewendet werden müssen, um die Automaten zu warten, sowie 49.000 Euro für deren Miete. Außerdem rechnet Üing vor, dass für Personalaufwendungen im Bereich Parkraumbewirtschaftung und Verkehrsangelegenheiten ein sechsstelliger Betrag aufgewendet wird. Denn inzwischen beschäftige die Stadt sieben Kontrolleure, zwei in Vollzeit, fünf in Teilzeit, die die Einhaltung der Gebührenordnung überwachen. Zuletzt addiert er noch sogenannte Versorgungsaufwendungen und Aufwendungen für Strom im niedrigen fünftstelligen Bereich hinzu und kommt so am Ende auf besagte 800.000 Euro, die das Gesamtprojekt Parkgebühren an Tickets, Knöllchen, Kontrolle und Instandhaltung kostet.

Dem gegenüber stehen im städtischen Haushalt laut dieser Arithmetik 240.000 Euro als Ertrag. Denn da lautet die Rechnung, dass von 515.000 Euro an Gesamteinnahmen (Gebühren und Bußgeld) Personalaufwendungen, Wartungskosten, Miete und Versorgungsaufwendungen, insgesamt rund 280.000 Euro, abgezogen werden und der Rest offiziell als Einnahmen gilt.

Ein Irrsinn, wie Üing bilanziert. Es sei endlich an der Zeit, dass sich jemand traue, den grundsätzlichen Fehler der Einführung der Parkgebühren einzusehen und das auch deutlich anspreche. Goch habe immer damit gepunktet, als einzige Stadt in der Region parkgebührenfrei zu sein — dahin müsse man wieder zurückkommen. Denn der aktuelle Zustand sei nicht gut für die Stadt. Weder finanziell, noch was "den Ruf bei den sensiblen Verbrauchern" angehe.

Dazu passt die Stimmung in sozialen Netzwerken. Wer sich hier einmal umsieht, der erfährt, dass die Rathaus-Losung des beendeten Themas Parkgebühren ein Jahr nach Einführung mehr Wunsch denn Wirklichkeit ist.

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