Gocher Weltenbummler Auf den Spuren von Dschingis Khan

Goch · Gochs Globetrotter-Ehepaar Hans-Joachim Koepp und Annette Wozny-Koepp waren drei Wochen lang in der Mongolei unterwegs. Was sie mehr als in jedem anderen Land bisher begeistert hat.

Annette Wozny-Koepp und Hansi Koepp irgendwo im Nirgendwo mit dem Toyota Landcruiser, in dem sie 3000 Kilometer in der Mongolei zurücklegten.

Foto: Koepp

Sie waren schon in der halben Welt als (Abenteuer-)Urlauber unterwegs, von Neuseeland über Nepal bis Namibia, von Turkmenistan über Norwegen bis Grönland, aber noch nie waren sie von einer Reise emotional „so tief im Herzen berührt“ wie von der in die Mongolei: Die Rede ist von dem Gocher Globetrotter-Ehepaar Hans-Joachim Koepp und seiner Frau Annette Wozny-Koepp. Der inzwischen pensionierte frühere Stadtarchivar und Gocher Geschichtsschreiber (in den 80er Jahren mal als „Indiana Jones von Goch“ bezeichnet) und die Reisebuchautorin und Stadtführerin verbrachten drei Wochen in dem riesigen Land zwischen Russland und China – zum ersten Mal nicht auf eigene Faust, sondern mit zwei einheimischen Begleitern.

Schon die Planung des Trips in eine völlig fremde Welt war nicht einfach. Nach einigen vergeblichen Versuchen bei Reiseveranstaltern kam der entscheidende Tipp beinahe zufällig vom Weltenbummler-Freund Michael Scholten, der nach vielen Jahren als Journalist rund um den Erdball in seine Heimat Rees heimgekehrt ist und bis heute weiter für die Rheinische Post schreibt. Scholten empfahl ein auf ethnische Minderheiten spezialisiertes Reiseunternehmen, mit dem er das Naadam-Festival in der Mongolei vor Jahren als einziger deutscher Reporter besucht hatte. Dabei handelt es sich um einen sportlichen Wettbewerb mit Bogenschießen, Pferderennen und Ringen in der Hauptstadt Ulaanbaatar (übersetzt: Roter Held), in der 1,3 der insgesamt gut drei Millionen Einwohner der Mongolei leben. Auch die beiden Gocher erlebten im Finale ihrer Reise das Gänsehaut-Nationalfest, das auch an die Geschichte des Landes erinnert.

Denn aus dem heute am dünnsten besiedelten Land der Welt, das mit 1.564.116 Quadratkilometern etwa viereinhalb mal so groß ist wie Deutschland, wurde vor gut 800 Jahren die halbe Welt beherrscht. Dschingis Khan, als Temüdschin 1162 geboren, wurde 1206 von allen (Nomaden-)Stämmen zum obersten Anführer ausgerufen und wählte für sich den Titel „der rechte Herrscher“ (Dschingis Khan). Das Mongolische Reich erstreckte sich später über Asien bis nach Europa und war spätestens nach der Eroberung von China das größte territorial zusammenhängende Imperium der gesamten Menschheitsgeschichte.

Auf den Spuren dieses bis heute so berühmten wie blutrünstigen Herrschers wandelten die beiden Gocher indes nicht alleine. „Das ist einfach unmöglich“, sagen beide. Gebucht hatten sie, „und das erwies sich als echter Luxus“, eine Fremdenführerin namens Urka, die perfekt der deutschen Sprache mächtig war und zeitweise in der damaligen DDR gelebt hatte (etwa 30.000 Mongolen sprechen heute noch die deutsche Sprache). Als einst „bekannte TV-Moderatorin war sie für uns oft ein Türöffner“, erzählen die Koepps. Fahrer Erka sprach zwar keine Sprache außer seinem mongolischen Dialekt, kannte sich aber bestens aus mit Land und Leuten und mit seinem Toyota Landcruiser. Nahezu 3000 Kilometer legte das ungleiche Quartett mit dem robusten Fahrzeug zurück, davon bestenfalls 300 auf echten Straßen. Der Rest war Steppe und Wüste ohne Wege, ohne Hinweisschilder und ohne jede Möglichkeit der Orientierung. „Wir rätseln noch immer, wie sich der Fahrer da zurechtgefunden hat“, sagen die Gocher, deren Abenteuer-Urlaub nach einem Einführungstag in Kultur und Religionen in der Hauptstadt Ulaanbaatar begann.

Der auserkorene Rhythmus: Die Koepps blieben jeweils zwei, drei Tage lang bei den Nomaden in den unendlichen Weiten der Steppe mit von Hügelketten eingerahmten Tälern, Flüssen und Seen mit glasklarem Wasser. „Beeindruckend zu erleben, wie die Nomadenfamilien ihr Leben ganz im Einklang mit der Natur führen“, schwärmen die Gocher von den Erlebnissen in den Jurten der Gastgeber. Bei diesen Behausungen handelt es sich um das traditionelle Zelt der Nomaden, das für die Kultur der Mobilität steht und mit Betten, Kommoden, Pritschen, Schränkchen und einer Feuerstelle bestens durchdacht aufgebaut ist. Dank eines genialen Systems ist es zudem leicht abzubauen, zu transportieren und wieder aufzubauen. Für das extreme Klima ist es dank Durchlüftung und Isolierung bestens geeignet. Immerhin ist die Temperaturspanne extrem – von 40 Grad Hitze im Sommer bis 40 Grad Kälte im Winter. Zwischendurch ruhte sich die Reisegesellschaft dann in sogenannten Camps aus, die aus 20 Jurten inklusive „Restaurant“ bestanden, sich vor allem aber vom „normalen“ Nomadenleben durch fließendes Wasser und Strom unterschieden.

Fasziniert waren die Niederrheiner vor allem auch vom Essen und Trinken mitten in der Wildnis mit Herden von Rindern und Yaks, Ziegen und Schafen, Pferden und Kamelen, oft mithilfe von Motorrädern kontrolliert. Man aß Hammelsuppe mit frittiertem Brot, Nudelsuppe mit Trockenfleisch oder Teigtaschen mit Fleisch. Milch wird in großer Vielfalt zu „weißen Speisen“ verarbeitet, mit abgeschöpftem Schmand als Süßspeisen-Ersatz oder Molke als getrocknetem Quark. Nur Obst und Gemüse gibt es naturgemäß nicht. Sogar an einem Schlachtfest nahm die Gruppe teil: Es gab nur Fleisch, mit den Händen verspeist. Auch fürs Trinken wurde jede Menge Milch gebraucht: Es gab Milchtee oder Milchschnaps, als Spezialität gilt Airag, gegorene Stutenmilch. Überwältigt waren die Gocher von der Gastfreundlichkeit allerorten. Sie selbst hatten kleine Spielzeuge, Herzchen-Luftballons oder Süßigkeiten für die Kinder mitgebracht, die drei Monate im Jahr draußen in der Wildnis verbringen und, sobald schulreif, neun Monate im Internat. Aber es gibt ohnehin immer weniger Nomaden: Das Extremwetter, die schlechte medizinische Versorgung, und viele Mongolen leben seit dem Einzug der Demokratie im Jahr 1992 unter der Armutsgrenze.

Die Koepps lebten ursprünglich – ohne PC, Handy und Fernseher.