Richard Schulte Staade "Dieser Papst hatte eine besondere Kraft"

Goch · Johannes Paul II. wird morgen in Rom heilig gesprochen. Seit seinem Besuch 1987 wird er in Kevelaer verehrt. Im Gespräch mit RP-Redakteurin Katharina Schmülling erinnert sich der damalige Wallfahrtsrektor an das historische Ereignis.

 Papst Johannes Paul II. wird am Sonntag heiliggesprochen.

Papst Johannes Paul II. wird am Sonntag heiliggesprochen.

Foto: dpa, Martin Athenstädt

Herr Schulte Staade, wenn am Sonntag in Rom Papst Johannes Paul II. heilig gesprochen wird - sind Sie dann live am Fernseher dabei?

Schulte Staade Selbstverständlich. Ich habe mich dem Papst stets sehr verbunden gefühlt. Ich hatte sogar geplant, auf dem Petersplatz dabei zu sein. Allerdings habe ich Probleme mit meinem Fuß und kann deshalb nicht so lange stehen. Deshalb werde ich nicht vor Ort sein.

Der Besuch des Papstes am 2. Mai 1987 ist in Kevelaer unvergessen. Was war Ihr persönlicher Höhepunkt?

Schulte Staade Als er mit dem Papamobil auf den Kapellenplatz gefahren ist. So eine Situation bekommt man in der Geschichte nie wieder. Er sprach in perfektem Deutsch und öffnete das Portal - ein unvergesslicher Moment.

Es gibt dieses Foto, wie sie ihm die Hand auf den Arm legen und vorsichtig in eine Richtung lenken...

Schulte Staade ... das darf man natürlich bei einem Papst nicht machen, aber ich habe aus der Not gehandelt. So viele Sängerknaben und Ordensschwestern hatten sich aufgereiht, um ihn zu sehen, da sollte er unbedingt hin. Das Protokoll sah vor, dass er nach rechts geht, um sich ins Goldene Buch der Stadt einzutragen und ich rief "sinistra, sinistra" (ital.: "links"). Als er die Sängerknaben und Ordensfrauen gesehen hatte, lief er dann auch gleich los zu ihnen.

Wer Papst Johannes Paul II. mal getroffen hat, berichtet von seiner besonderen Ausstrahlung. Können Sie das aus Ihrer Sicht beschreiben?

Schulte Staade Er hatte diese Kraft: Wenn man ihm gegenüberstand, dann war er ganz da, nur man selbst war in diesem Moment für ihn wichtig. Alles drumherum ist in diesem besonderen Moment verschwommen.

Wie hat Sie die Begegnung geprägt?

Schulte Staade Ich bin in meinem Leben mehreren Päpsten begegnet. Pius XII. habe ich 1950 als Landjugendlicher getroffen. Mit Paul VI. verbindet mich außerdem ein besonderes Datum: Er wurde am 21. Juni 1963 zum Papst gewählt. Das war auch der Tag, an dem ich zum Priester geweiht worden bin. Die Begegnung mit Johannes Paul war so besonders, weil sie in Kevelaer stattfand, der Stadt, in der ich so lange Pfarrer sein durfte. Es hat vier Jahre Vorbereitung gebraucht, bis der Papst dann endlich da war. Schon beim ersten Deutschlandbesuch war ein Besuch in Kevelaer geplant, der hatte aber nicht geklappt.

Haben Sie mit dem Papst gegessen und wo hat er geschlafen?

Schulte Staade Er hatte die Nacht in Münster verbracht und dort auch gefrühstückt. Von 8 bis 11.30 Uhr war er in Kevelaer. Er landete mit dem Hubschrauber auf dem Sportplatz an der Kroatenstraße, Zeit für ein gemeinsames Essen war nicht.

Was hat dem Papst an Kevelaer besonders gut gefallen?

Schulte Staade Der Papst war ja gebürtiger Pole, die Marienverehrung lag ihm sehr am Herzen. Als er sich nach seinem Gebet vor dem Gnadenbild wieder umdrehte, sagte er: "So ein kleines Bild, es ist wie das Senfkorn im Evangelium." Außerdem hatte der Papst noch nie so schönen Blumenschmuck gehabt wie in Kevelaer, das hat er selbst gesagt. Die Blumen wurden damals gestiftet von Azalerika.

Dem Besuch ging eine lange Zeit der Vorbereitung voraus...

Schulte Staade ... und ich möchte noch mal erwähnen, dass die Zusammenarbeit mit der Stadt sehr gut war. Der damalige Stadtdirektor Heinz Paal wusste, dass es in Kevelaer kein Gelände für eine Großveranstaltung gab. Der Altar für den Morgengottesdienst mit Johannes Paul II. wurde am Schulzentrum aufgebaut. 80 000 Menschen waren damals dabei, auch viele Niederländer.

Wie war an diesem Tag die Stimmung auf den Straßen und Plätzen?

Schulte Staade Die Leute waren sehr ergriffen von dem historischen Moment des Besuchs. Viele hatten Tränen in den Augen. Kevelaerer und Niederrheiner waren sehr dankbar für die besondere Ehre. Sogar die Polizeibeamten, die bei der Großveranstaltung ihren Dienst taten, waren besonders freundlich.

Einen schönen Vormittag im Mai war das damalige Kirchenoberhaupt in der Stadt, dann musste es auch schon wieder weiter. Wie haben Sie den Nachhall des Papstbesuchs empfunden?

Schulte Staade Seit dem Papstbesuch im Jahr 1987 ist die Zahl der Pilger stetig gestiegen. Vor einigen Jahren waren es sogar fast eine Million. Zum ersten Mal kamen Pilger auch von weiter her - aus den Niederlanden, Benelux, der Schweiz, Österreich und aus ganz Deutschland. Der kleine Wallfahrtsort am Niederrhein ist in der ganzen Welt bekannt geworden. Die Kevelaerer fühlten sich der Weltkirche ein Stück näher und genau das war auch mein Anliegen bei der Idee, den Papst zu uns einzuladen. Auch Johannes Paul II. hatte bleibende Erinnerungen: Wenn das Wort "Kevelaer" fiel, wurde er sofort hellhörig und sagte: "Das war schön, das kleine Bild und die vielen Blumen!"

Glauben Sie, dass in naher Zukunft mal wieder ein Kirchenoberhaupt nach Kevelaer kommen wird? Vielleicht der derzeitige Papst Franziskus?

Schulte Staade Das kann ich nicht sagen. Ich bin Pensionär und lebe sehr gut damit. Ich halte mich an das elfte Gebot: "Halt dich raus." Ich habe ein gutes Verhältnis zu meinen Nachfolgern. Als ich damals nach Wesel gezogen bin, habe ich bedauert, dass ich von meinem geliebten Kevelaer weg bin, denn ich hänge wirklich an jedem Backstein in der Stadt. Aber es geht nicht gut, wenn Vorgänger und Nachfolger zusammen sind, und jetzt bin ich hier in Wesel sehr glücklich.

(RP)
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