Goch Kirche bleibt nach Kran-Unfall gesperrt

Goch · Wie es geschehen konnte, dass der Kranausleger von der Baustelle nebenan Sandstein-Fialen des Kirchdachs umriss, muss ein Gutachter klären. Jedenfalls darf die Kirche aus Sicherheitsgründen vorerst nicht betreten werden.

 Aus der Vogelperspektive: Die spitzen Türme, die so genannten Fialen, wurden vom Kran umgerissen.

Aus der Vogelperspektive: Die spitzen Türme, die so genannten Fialen, wurden vom Kran umgerissen.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Wer die Nachricht schon vernommen hatte, blickte am Freitagmorgen kopfschüttelnd von der Baustelle an der Brückenstraße Richtung Maria-Magdalena-Kirche. Am  Donnerstagnachmittag hat der Kran von der Baustelle nebenan zwei Türmchen auf dem Dach der Maria-Magdalena-Kirche umgehauen. Von unten erahnt man sie hinter den Galerien. Heil geblieben sind die Fialen natürlich nicht, wie Gesteinsbrocken verschiedener Größen auf dem Boden vor der Kirche beweisen. Wie die Rheinishe Post jetzt erfuhr, hatte der Kran-Ausleger bereits vor einigen Wochen einen der Türme angestoßen, daraufhin war sicherheitshalber ein Zaun aufgestellt worden. Zum Glück, denn sonst hätte leicht jemand zu Schaden kommen können. Die „Türmchen“ sind tonnenschwer, und die Brocken, die herabgestürzt sind, haben im Fallen ebenfalls ein erhebliches Gewicht entwickelt.

Im Inneren scheint die Kirche nicht beschädigt zu sein, vorsichtshalber wurde jedoch sofort der Altarraum gesperrt, inzwischen hat der Kirchenbauausschuss verfügt, dass mindestens bis Ende kommender Woche die gesamte Kirche geschlossen bleibt. Laut Auskunft des Pfarrbüros ist das Gewicht der Sandsteinelemente auf dem Dach so hoch, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass Teile der Decke in den Altarraum oder die Sakristei stürzen könnten.

Bereits am frühen Morgen waren die Mitarbeiter einer Gocher Dachdeckerfirma mit Instandsetzungsarbeiten beschäftigt. Heinz Wrede, als Architekt Kenner der Bau- und Unglücksgeschichte der Gocher Hauptkirche, erklärt, wie das Dach aufgebaut ist: „Da gibt es erst den hölzernen Dachstuhl, darüber eine Sparrenlage, eine einen Zoll dicke Verbretterung und darüber die Schieferlage.“ Der Dachstuhl dürfte sehr stabil sein, denn er ist erst rund 20 Jahre alt. „Wir haben ihn nach dem Turmeinsturz von 1993 komplett erneuert. Einige alte Dachbalken wurden als Reminiszenz an die Erbauerzeit erhalten, sie haben aber keine tragende Funktion mehr“, so Wrede.

Der dreischiffige gotische Bau stammt aus dem 14. Jahrhundert und hat im Laufe der Zeit viel mitgemacht. Ihrer Kunst wurde die Gocher Pfarrkirche im 17. Jahrhundert durch den Bildersturm beraubt, schwere Schäden brachte die Sprengung eines Pfeilers am Ende des Zweiten Weltkriegs; weite Teile des Gewölbes waren nicht zu retten. Und dann jener 24. Mai 1993, als das Unfassbare geschah: Der Turm der St. Maria-Magdalena-Kirche stürzte ein, wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt.  Immerhin bekam das Gotteshaus damals ein neues Dach, das jetzt womöglich Schlimmeres verhindert hat.

 Trümmer auf dem Vorplatz der Kirche.

Trümmer auf dem Vorplatz der Kirche.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Philipp Janssen, der Bauherr des Neubaus an der Brückenstraße, ist selbst fassungslos. Als Auftraggeber sieht er sich allerdings nicht in der Verantwortung, für den Kran sei der Subunternehmer zuständig. Ob das Gerät falsch bedient, vielleicht zu spät „gestoppt“ wurde oder im Leerlauf vom Wind gedreht wurde, weiß er nicht. Das muss jetzt ein Gutachter herausfinden. Dass Kräne außerhalb der Betriebszeit in den Leerlauf gestellt werden, damit sich die Ausleger in den Wind drehen, ist offenbar so üblich. Allerdings darf dann nichts im Weg sein –  etwa ein Kirchturm.

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