Künstler aus Goch Die Heimkehr des Rudolf Schoofs

Goch · Der 1932 in Goch geborene Kunstprofessor gehörte zu den renommiertesten deutschen Künstlern der Nachkriegszeit. Er sagte über sich selbst: „Ich bin eigentlich immer ein Gocher geblieben“.

 Rudolf Schoofs im Alter von 49 Jahren wenige Wochen vor der Biennale in Sao Paulo im Jahr 1981 bei einem Besuch in Goch.

Rudolf Schoofs im Alter von 49 Jahren wenige Wochen vor der Biennale in Sao Paulo im Jahr 1981 bei einem Besuch in Goch.

Die Parallelen zum 2021 wegen seines 100. Geburtstags weltweit gefeierten Künstler-Kollegen Professor Joseph Beuys sind beim Blick auf ihre gemeinsamen Wurzeln offenkundig: Wie Beuys ging Professor Rudolf Schoofs aus Goch mit anderen jungen Künstlern im Koekkoek-Malerturm von Hanns Lamers in Kleve ein und aus. Wie Beuys stellte Schoofs, gerade mal 21 Lenze zählend, seine Arbeiten im Kranenburger Haus der Gebrüder van der Grinten im Jahr 1953 erstmals aus, animiert von seinem ersten Lehrer Hermann Teuber. Er war es auch, der die damaligen Kunstgeschichtsstudenten Hans und Franz-Joseph van der Grinten sowohl auf Beuys als auch auf Schoofs aufmerksam gemacht haben soll. Und wie Beuys schaffte Schoofs den Aufstieg in die erste Riege der deutschen Nachkriegskünstler, wie Beuys wurde er Professor für bildende Künste und wie Beuys war der Gocher 1981, zwei Jahre nach dem Klever, als Vertreter der Bundesrepublik Deutschland auf der Biennale in Sao Paulo, der alle zwei Jahre stattfindenden wichtigsten erdball-umspannenden Ausstellung moderner Kunst.

Dieses Datum markierte für den am 3. Januar 1932 als Einzelkind an der Gartenstraße in Goch geborenen und am 28. Juli 2009 in Stuttgart gestorbenen Kunstprofessor einen Meilenstein seines Schaffens und der Beziehung zu seiner Heimatstadt Goch. Die hatte bis zu dem Zeitpunkt hauptsächlich darin bestanden, dass der damals blondgelockte Wahl-Schwabe seine in der Martin-Fonck-Straße im eigenen Haus lebende Mutter regelmäßig besuchte – und so manches Mal auch an der Niers mit Zeichenblock Platz nahm, fast so wie in seiner Jugend, als sein begnadetes Talent bei Kursen Teubers auf dem Collegium Augustinianum Gaesdonck aufgefallen war und Schoofs davon überzeugt wurde, den beschwerlichen Weg des Künstlers einzuschlagen.

Im Jahr 1952 nahm er an der Werkkunstschule in Krefeld sein Studium auf. Er lernte bis 1954 beim ehemaligen Bauhaus-Meister Georg Muche und war in Krefeld dessen Assistent, bevor er 1958 einen ersten Lehrauftrag an der Werkkunstschule Kassel bekam, drei Jahre später im Jahr 1961 nach Wuppertal wechselte und 1975 Professor in Karlsruhe wurde. 1977 war er auf der documenta in Kassel, seit 1976 unterrichtete er an der Kunstakademie in Stuttgart, der er treu blieb und an der er im Alter von 65 Jahren im Jahr 1997 emeritiert wurde.

Früh wurde Schoofs Werk ausgezeichnet: 1969 erhielt er den Von-der-Heydt-Preis der Stadt Wuppertal und den (Zille-)Preis für kritische Grafik in Hannover. 1991 schließlich wurde er mit dem Ferdinand-Langenberg-Kulturpreis seiner Heimatstadt Goch geehrt. Schoofs war nicht nur ein international anerkannter Maler und Zeichner, er war Zeit seines Lebens auch immer ein Lehrender, durch dessen Hände Generationen von Künstlern gegangen sind.

Über sich selbst sagte Schoofs bei einem seiner zunächst selteneren Besuche des anfangs kleineren Gocher Freundeskreises um Dr. Horst Werner, dem Mediziner, Mäzen, Politiker und Sammler sowie Franz-Joseph van der Grinten, dem Gaesdoncker Kunsterzieher: „Bei mir wird sozusagen nie abgebildet, sondern eher neugebildet“. Dabei umriss er sein Werk in Kurzform so: „Ich versuche in meinen Bildern, subjektive Gefühle durch eine klare Formensprache zu objektivieren“. Drei große Schaffensbereiche könne man gliedern: Die graphische Arbeit, die Malerei und die Photographie als Bildkunst. Seine nach Hunderten zählenden Einzelausstellungen und Gruppenpräsentationen spannen einen Bogen von der ganzen Bundesrepublik über Paris und Tokio bis hin nach New York oder San Francisco. Detail am Rande (und ihm dennoch wichtig): Die Mehrzahl seiner Werke ist  nämlich im Eigentum staatlicher Galerien und Museen und nicht im Privatbesitz.

Das gilt für seine niederrheinische Heimat erst recht: Hatte sein langjähriger Freund Horst Werner noch seine eigenen gesammelten Schoofs-Arbeiten dem Klever Museum und Guido de Wertd geschenkt, so wurde das Gocher Museum nach dem Tod von Rudolf Schoofs beschert. Zunächst machte dort ein Jahr vor Schoofs Tod die große Hommage zum 75. Geburtstag des großen Gochers Station, nachdem sie fast durch ganz Deutschland getourt war. Jene Ausstellung, die den Zeichner Schoofs in allen seinen Facetten würdigte. Goch reicherte die Schau aus dem eigenen Bestand an, stellte auch den Maler Schoofs dazu. Nicht zuletzt ist gerade der Maler bestens in den Kreis Klever Museen vertreten – im Kurhaus Kleve und vor allem in Schloss Moyland, das in seiner ständigen Ausstellung Schoofs Raum läßt.

Dann die Heimkehr des nie verlorenen Sohnes: Man schrieb das Jahr 2013, als Eva-Maria Schoofs, die Witwe des Kunstprofessors, über 1000 Lithographien, Briefe, Druckplatten, persönliche Aufzeichnungen und Skizzenbücher in den Besitz des städtischen Museums Goch übergab. Feierlich wurde der Schenkungsvertrag von ihr und dem damaligen Gocher Bürgermeister Karl-Heinz Otto unterzeichnet. Museumschef Dr. Stephan Mann kommentierte den Schenkungsakt mit den Worten: „Es erinnert ja so ein bisschen an Eheschließung“. Seit der Schenkung ist das Museum auch die Heimat des offiziellen Schoofs-Archivs. Am schönsten auf den Punkt aber brachte es seinerzeit Eva-Maria Schoofs: „Es ist ein sehr familiäres Gefühl und ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass Schoofs jetzt zu Hause ist“, sagte sie sichtlich gerührt. Es sei ihr wichtig gewesen, das Erbe ihres Mannes allen Interessierten zugänglich zu machen. Zu Hause angekommen war Rudolf Schoofs allerdings schon vier Jahre zuvor: Am 31. Juli 2009 wurde Gochs wohl bedeutendster Künstler auf dem Friedhof der Stadt zu Grabe getragen.

Er selbst hatte es so ausgedrückt: „Ich bin eigentlich immer ein Gocher geblieben!“

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