Uedems Kultkneipe Lettmann Der Rückzugsort der Mühlhoff-Familie

Rudi und Christa Verhülsdonk führen in zweiter Generation die Uedemer Kultkneipe „Lettmann“. Geprägt wurde ihr Leben von der benachbarten Firma Mühlhoff. Nach dem dortigen Brand kamen schmerzhafte Erinnerungen hoch.

 Die Gaststättenbesitzer Christa und Rudi Verhülsdonk sind ein Teil der Mühlhoff-Familie. So lange es die Gesundheit zulässt, werden sie das Lokal weiter betreiben.

Die Gaststättenbesitzer Christa und Rudi Verhülsdonk sind ein Teil der Mühlhoff-Familie. So lange es die Gesundheit zulässt, werden sie das Lokal weiter betreiben.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Wenn Rudi Verhülsdonk von „der Firma“ spricht, dann weiß seine Ehefrau Christa sofort, von welcher er spricht: dem Automobilzulieferer Mühlhoff. Fast ein halbes Jahrhundert war er dort beschäftigt, erst im Werkzeugbau, später im Kundencenter. Nun ist er nach zwei Jahren Altersteilzeit zum Jahreswechsel in Rente gegangen. „Mühlhoff stand immer zentral in meinem Leben, und das wird auch immer so bleiben“, sagt er. Doch Verhülsdonks Verbindung zu Mühlhoff geht noch weiter. Mit seiner Frau Christa führt er nämlich seit Jahren die Kultkneipe Lettmann, in direkter Nachbarschaft zum Großbetrieb. Mühlhoff und Lettmann, das gehört zusammen – seit Jahrzehnten.

Christa Verhülsdonk, geborene Lettmann, ist in der Kultkneipe groß geworden. 1958 hatte ihre Mutter das Lokal von Wilhelm Pleines übernommen. „Früher war unsere Gaststätte die Bahnhofskneipe von Uedem“, sagt Christa Verhülsdonk. Die Gleise wichen der Boxteler Bahn, der Bahnhof verschwand, die Kneipe aber blieb. Wichtiger Stützpfeiler der Wirtschaft war und ist die Belegschaft von Mühlhoff. „Früher kamen die Mühlhoffer mit ihren Lohntüten zu uns fürs Feierabendbier. Das nannten wir damals Lohntütenball“, sagt sie. Doch nicht nur die Mühlhoff-Mitarbeiter sind Stammgäste bei Lettmann: die Karnevalsgruppe (KKG) Fidelitas Uedem, der Billard Club „Unter uns“, der Oldtimerclub, Schachspieler und zahllose Stammtische haben ihre Heimat dort gefunden. Offiziell übernahm das Wirtsehepaar erst vor drei Jahren die Wirtschaft, als Christa Verhülsdonks Mutter verstarb. Jahrelang mischten Christa und Rudi allerdings schon federführend mit. „In der Zeit sind viele Kneipen in Uedem verschwunden, wir haben uns gehalten“, sagt die 60-jährige Christa Verhülsdonk, die die gute Seele des Hauses immer an ihrer Seite weiß: Die 14-jährige Mischlingshündin „Killer“, die über Gaststätte und Gäste wacht.

Am 6. Februar 2011 stand die Zukunft von Lettmann auf der Kippe. Ein Schwelbrand zerstörte weite Teile der Räumlichkeiten. „Vorne war alles kaputt“, erinnert sich Rudi Verhülsdonk. Ein Schock für das Ehepaar, der bis heute nachwirkt. „Wenn ich heute Sirenen höre, wird mir immer noch ganz anders“, sagt Christa Verhülsdonk. Umso einschneidender war die Szenerie, die das Paar in den Morgenstunden des 29. Dezember mit ansehen musste. Die benachbarte Firma Mühlhoff stand in Flammen, Brandstifter sorgten für einen Millionenschaden bei der Uedemer Traditionsfirma. Rudi Verhülsdonk näherte sich gleich dem Brand, wenig später folgten die Einsatzkräfte.

„Ich konnte nicht fassen, was ich da sah. Eigentlich kann ich das bis heute nicht“, sagt Rudi Verhülsdonk. Doch die Kneipiers funktionierten gleich wieder. Auf die Frage, wo Mühlhoff seinen Krisenstab einrichten könne, war die Antwort schnell gefunden: im großen Saal bei Lettmann. Zwischenzeitlich tagten nach dem Großbrand mehr als 50 Mitglieder der Mühlhoff-Familie in den Räumen der Gaststätte – dutzende Arbeitnehmer, die Geschäftsführung, der Betriebsrat, die Polizei, Versicherer. Mittlerweile sind sie zurück aufs Firmenareal, dort wird aktuell ein neuer Verwaltungstrakt hochgezogen (wir berichteten ausführlich). „Es war eine Selbstverständlichkeit für uns, dass wir gleich unsere Räumlichkeiten angeboten haben. Die Mühlhoff-Familie steht eben zusammen“, sagt Christa Verhülsdonk. Noch immer könne sie nicht fassen, „wie jemand auf die Idee kommt, bei Mühlhoff einen Brand zu legen.“ Von dem Schock erhole man sich nicht so schnell.

Und trotz des Mühlhoff-Ruhestands von Rudi Verhülsdonk: Ans Ende der Gaststätte denkt das Ehepaar noch längst nicht. „So lange es die Gesundheit zulässt und es Spaß macht, bleiben wir dabei“, sagt der 65-Jährige. Die Kinder der Verhülsdonks, eine Tochter und ein Sohn, hätten allerdings kein Interesse an einer Übernahme. „Sie haben sich beruflich anders orientiert“, sagt Rudi Verhülsdonk. Wenig verwunderlich ist der Karriereweg des Juniors. Er packt beim Wiederaufbau von Mühlhoff mit an.

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