Goch/Weeze Das fliegende Auge für den Ernstfall

Goch/Weeze · Eine für die Marsmission entwickelte Technik soll jetzt in Drohnen eingesetzt werden. Sie liefert einzigartige Aufnahmen, die wertvolle Hilfe bei Rettungseinsätzen sind. Isar und das Zentrum für Luft- und Raumfahrt kooperieren.

 Unterzeichnen die Kooperation: Daniela und Michael Lesmeister (l.) von Isar mit Dennis Göge vom DLR.

Unterzeichnen die Kooperation: Daniela und Michael Lesmeister (l.) von Isar mit Dennis Göge vom DLR.

Foto: Markus van Offern

Für Michael Lesmeister ist klar: "Dieses System wird unsere Arbeit im Katastrophenfall revolutionieren, es ist ein Meilenstein", sagt der Geschäftsführer der Isar Germany Stiftung. Wenn die Isar-Hilfsteams derzeit in ein Krisengebiet kommen, ist die Hilfe oft erst einmal ein Stochern im Nebel. "Wir sind schließlich zumeist als erste am Einsatzort. Wo welche Straße zerstört ist, wo sich Trinkwasser befindet, was genau beschädigt ist - das alles ist gar nicht bekannt." Es sei immer mal wieder vorgekommen, dass man kilometerweit in der falschen Richtung unterwegs war, weil der eigentliche Einsatzort sich an ganz anderer Stelle befand. Denn die exakten Daten fehlten. Das soll sich jetzt ändern.

Das Deutsche Zenttrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat einen Kamerasensor entwickelt, der es möglich macht, 3-D-Bilder der Umgebung zu liefern. Die Kamera wird unter eine Drohne montiert und liefert so Bilder, bei denen jeder Punkt im Raum exakt bestimmt ist. "Georeferenzierte Daten" nennt sich das. Solche Bilder liefern normale Kameras nicht. Auch Google ist bei solchen Einsätzen keine große Hilfe, weil die Fotos dort bereits Jahre alt sind. Diese Technik sei weltweit einzigartig, so Dennis Göge vom DLR. Die Software ist dabei von den Kameras für die Marsmission übernommen worden. Technik aus dem Weltraum soll jetzt auf der Erde helfen. Das System ist so gut wie startfähig. Es soll in Großübungen im kommenden Jahr erstmals beim realen Einsatz getestet und feinjustiert werden. Den Jungfernflug gab es am Donnerstag. Da flog die Sonde von Weeze nach Kevelaer und lieferte einzigartige Luftbilder der Region. Für den Laien unterscheiden sich die Bilder kaum von "normalen" Fotos aus der Luft. Das besondere ist allerdings, dass die Aufnahmen quasi Puzzleteile sind, die über eine Karte gelegt werden und ein Abbild der Wirklichkeit mit genauen Positionen liefern.

 Beim Jungfernflug hob die Drohne mit der neuen Spezialkamera von der Traningsbase in Weeze Richtung Kevelaer ab.

Beim Jungfernflug hob die Drohne mit der neuen Spezialkamera von der Traningsbase in Weeze Richtung Kevelaer ab.

Foto: Isar / DLR

"Das wird so genau sein, dass wir im Einsatzgebiet etwa auch Flüchtlingsströme nachvollziehen können", sagt Lesmeister. Über die Kamera gibt es sogar so genaue Daten, dass die Rettungsteams abschätzen können, wie breit eine Straße ist. Wichtige Informationen, um den Einsatz besser koordinieren zu können.

Die Kooperation zwischen Isar und DLR kam zustande, weil so Theorie und Praxis zusammengebracht werden. Bei künftigen Einsätzen sollen die Helfer von Isar jetzt auch immer von zwei Mitarbeitern des DLR begleitet werden.

Eine solche Technik sei weltweit einzigartig, betonen die Verantwortlichen. Bislang sei es nur mit bemannten Flugzeugen möglich, solche Aufnahmen zu machen. Das neue System ist dagegen so kompakt, dass es in jeden Koffer passt und unter kleine, fast handelsübliche Drohnen montiert werden kann.

Die Technik bietet auch völlig neue Möglichkeiten für Katastrophen im Inland. Bei Hochwasser etwa lässt sich darüber genau bestimmen, wo es einen Deichbruch gegeben hat, welche Straße überschwemmt ist und sogar, wie groß das Loch im Deich ist. "Für das Deichmonitoring ist unser System ebenfalls eine wichtige Hilfe", ist Göge sicher.

(RP)
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