Goch Chlorhaltige Gase vergiften Gärten

Goch · Aus einer Anlage von RCN Chemie sind chlorhaltige Gase ausgetreten. Anwohner der Daimlerstraße klagen über stechende Gerüche und kranke Pflanzen. Die Firma hat die betroffene Installation abgeschaltet und prüft die Ursache.

 Heinrich Schmitz ist sauer: Chlorhaltige Gase vom Nachbarn RCN haben seine Rhabarber-Pflanzen vergiftet. Die grünen Blätter sind nun braun.

Heinrich Schmitz ist sauer: Chlorhaltige Gase vom Nachbarn RCN haben seine Rhabarber-Pflanzen vergiftet. Die grünen Blätter sind nun braun.

Foto: Markus van Offern

Als Heinrich Schmitz vergangenen Mittwochabend aus seinem Auto stieg und Richtung Haustür an der Daimlerstraße lief, begann seine Nase zu jucken. Auch sein Hals kratzte. "Beim Einatmen merkte ich sofort, dass etwas mit der Luft nicht in Ordnung war", berichtete Schmitz. "Es war ein stechender Geruch, wie im Schwimmbad." Beim Blick in den Garten erschrak der Gocher: Seine Bäume, Sträucher und Pflanzen strahlten nicht, wie für diese Zeit üblich, in vollem Grün. Verwelkte braune Blätter hingen von den Ästen.

 Hans Niemann begutachtet die verwelkten Blätter seiner Weinpflanzen.

Hans Niemann begutachtet die verwelkten Blätter seiner Weinpflanzen.

Foto: Markus van Offern

"Wir nehmen an, dass Geruchsschwellen im geringen Maße ausgetreten sind", sagte Peter Hendrix, Betriebsleiter des Chemie-Unternehmens RCN. "Wir haben die Anlage, in der mit chlorhaltigen Stoffen gearbeitet wird, abgestellt." Einen Alarm hätte es auf dem Betriebsgelände nicht gegeben - aufgrund der geringen Austrittsmengen. "Die Gase treten durch einen Kamin aus, deswegen nehmen wir den Geruch hier nicht unmittelbar war", erläuterte Hendrix.

 Der Edelstahl-Briefkasten von Peter Bröcking ist vollkommen eingerostet.

Der Edelstahl-Briefkasten von Peter Bröcking ist vollkommen eingerostet.

Foto: Markus van Offern

Das Haus von Heinrich Schmitz liegt 200 Meter vom RCN-Gelände entfernt. Aber nicht nur in seinem Garten haben offenbar die ausgetretenen Stoffe Schäden angerichtet: Die komplette Nachbarschaft meldete kranke und kaputte Pflanzen. "Mein Nachbar, Hans Niemann, wollte zunächst seinen Gärtner für die abgestorbenen Pflanzen rund um seinen Teich verantwortlich machen", sagte Schmitz. "Wir haben dann auch die anderen Bewohner angesprochen. Und siehe da: Eine Vielzahl von Gärten an der Daimlerstraße ist betroffen, sogar der Briefkasten von Peter Bröcking."

Was den Betreiber einer Kiesbaggerei besonders ärgert: Beim Ordnungsamt der Stadt Goch ist man für sein Anliegen nicht zuständig. Denn laut der Zuständigkeitsordnung für Umweltschutz ist die Bezirksregierung Düsseldorf für RCN zu kontaktieren. "Auf Umwegen habe ich die richtige Telefonnummer in Düsseldorf bekommen", berichtete Schmitz. "Warum die Stadt sich wegduckt und die Feuerwehr nicht eingreift, obwohl Gefahr für die Gesundheit besteht, verstehe ich nicht."

Auf Anfrage bei der Stadt Goch teilte Ordnungsamt-Leiter Georg Brenker mit: "Natürlich sind wir an der Gesundheit unserer Bürger interessiert, deswegen geben wir die Notfallnummer aus Düsseldorf weiter." Aber man könne sich nicht einfach einklinken. Vergangenen Donnerstag schaute bei der Familie Schmitz ein Mitarbeiter des Umweltamtes aus Düsseldorf vorbei, der sich des Vorfalls annahm. "Wir bestätigen, dass es bei einer Destillation von chlorhaltigem Material zum Austritt gekommen ist", sagte eine Sprecherin der Düsseldorfer Bezirksregierung. "Eine Inbetriebnahme der Anlage ist bis zum Abschluss der Ursachenermittlung nicht vorgesehen."

Somit bleibt die Anlage von RCN, aus der die chlorhaltigen Stoffe austraten, vorerst für die kommenden vier Wochen außer Betrieb. In der Zwischenzeit wolle das Chemie-Unternehmen gemeinsam mit einem Sachverständigen an einer Lösung arbeiten, damit zukünftig keine Geruchsschwellen mehr frei werden.

Im Garten von Heinrich Schmitz hat sich der Zustand der Pflanzen mittlerweile weiter verschlechtert. Noch mehr Blätter haben sich verfärbt. Die Nachbarn sind weiterhin beunruhigt: Was passiert, wenn die Anlage wieder eingeschaltet wird und erneut Gase herüberziehen? "Es sollte natürlich nicht passieren, dass Geruchsschwellen herüberziehen, aber falls doch, sind diese geringen Mengen auf keinen Fall gesundheitsschädlich", sagte Peter Hendrix.

Aufgrund des Vorfalls wolle das Unternehmen enger in Kontakt mit den Anwohnern treten. "Wir wollen mit den Menschen ins Gespräch kommen, sie sollen Fragen stellen", sagt der RCN-Betriebsleiter. "Vielleicht würde auch ein Tag der offenen Tür nützlich sein."

(laha)
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