„Die Hitze war enorm“ So erlebten Feuerwehrleute die verheerende Explosion in Goch

Goch · Nach dem Brand auf dem Gelände des Gärtnereibetriebs Keyzers wird der Schaden auf 1,5 Millionen Euro geschätzt. Für das Nierswasser gibt es noch keine Entwarnung. Feuerwehr-Sprecher Torsten Matenaers schildert dramatische Momente.

Goch: Rauchsäule nach Brand und Explosion kilometerweit zu sehen
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Großalarm nach Feuer und Explosion in Goch

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Foto: Guido Schulmann

Es hat 19 Stunden gedauert, bis die Feuerwehr Goch die Löscharbeiten in der Halle der Gärtnerei Keyzers am Höster Weg beenden konnte. Am Freitagnachmittag war das Feuer dort ausgebrochen, noch am Samstagabend fielen verschiedene kleine Nachlöscharbeiten an, weil Anlieger es noch hier und da qualmen sahen.

Die Halle des Blumenhandels ist komplett abgebrannt, verkohlte Reste verschiedenster Materialien liegen im Löschschaum auf dem Gelände herum. Eine Fachfima zur Beseitigung von Umweltschäden war am Wochenende bereits tätig. Das Firmengelände selbst ist behördlich gesperrt. In den sozialen Medien bedankte sich Keyzers bei der Feuerwehr für ihren unermüdlichen Einsatz. „Wir ziehen den Hut vor dem, was ihr geleistet habt.“ Und weiter: „Das kompletee Gebäude wurde bei dem Brand zerstört. Vieles kann man ersetzen, aber die Gesundheit der Betroffenen geht uns sehr nahe.“

 Die Aufnahme aus der Luft zeigt: Das Gebäude ist vollkommen ausgebrannt – und einsturzgefährdet. Nach dem Abzug der Feuerwehr hat mittlerweile eine Fachfirma die Arbeit aufgenommen.

Die Aufnahme aus der Luft zeigt: Das Gebäude ist vollkommen ausgebrannt – und einsturzgefährdet. Nach dem Abzug der Feuerwehr hat mittlerweile eine Fachfirma die Arbeit aufgenommen.

Foto: Torsten Matenaers

Wie berichtet, wurden durch eine Rauchgasdurchzündung zwei Feuerwehrmänner verletzt, sie mussten mit Hubschraubern in Spezialkiniken geflogen. Einer der beiden war glücklicherweise leichter verletzt als zunächst befürchtet, zum Zustand des anderen kann Feuerwehr-Sprecher Torsten Matenaers keine gesicherten Erkenntnisse weitergeben. „Wir hoffen sehr, dass beide bald wieder unter uns sind und schnell gesund werden“, so Matenaers.

Wegen der extremen Rauchentwicklung hatte die Feuerwehr die Bevölkerung gemahnt, Fenster und Türen geschlossen zu halten, zudem wurde vorsichtshalber vor kontaminiertem Löschwasser gewarnt, das über den Regenwasserkanal in die Niers gelangt sein könnte. Später wurde das Löschwasser aufgefangen und abgepumpt. Weiterhin gelte, dass niemand in der Niers baden und Tiere nicht daraus trinken sollen. „Diese Warnung bleibt bestehen, bis die Analyse der entnommenen Wasserproben abgeschlossen ist. Damit ist nicht vor Mitte der kommenden Woche zu rechnen“, sagt Matenaers.

 Insgesamt 19 Stunden dauerten die Löscharbeiten, der Boden war komplett mit Schaum bedeckt.

Insgesamt 19 Stunden dauerten die Löscharbeiten, der Boden war komplett mit Schaum bedeckt.

Foto: Torsten Matenaers

Die Polizei hat Ermittlungen zur Brandursache aufgenommen, der entstandene Sachschaden wird vorläufig mit 1,5 Millionen Euro angegeben. Das Gebäude ist völlig zerstört und einsturzgefährdet. Mehrere auf dem Gelände abgestellte Fahrzeuge, unter anderem ein Sattelauflieger, wurden ebenfalls zerstört. Der Brand war laut Feuerwehr-Sprecher Matenaers von der Bundesstraße aus gesehen im linken hinteren Bereich des Grundstücks ausgegangen, dort waren unmittelbar neben der Halle große Mengen an Paletten gelagert. Die Flammen schlugen durch ein Tor in die Halle ein. In diesem Bereich waren große Mengen Düngemittel in unterschiedlichen Verpackungen gelagert. Von hier aus breitete sich das Feuer extrem schnell auf die gesamte Halle aus.

Die Rauchgasdurchzündung habe sich schon Minuten nach Eintreffen der ersten Kräfte ereignet. „Da passiert alles gleichzeitig: Man spürt eine massive Druckwelle, die mit ungeheurer Hitze einhergeht, riesige Flammen brechen hervor, den dazugehörigen Knall habe ich erst einen Moment später gehört“, so Matenaers, der alles unmittelbar miterlebte. Einer der beiden verletzten Kameraden sei durch die Druckwelle gegen ein auf dem Gelände abgestelltes Fahrzeug geschleudert und von Trümmerteilen getroffen worden. Nach nur wenigen Sekunden sei dieses Extremereignis schon vorbei gewesen; wer in der Nähe stand, hat seiner Schutzklleidung zu verdanken, dass es nicht noch mehr oder stärker Verletzte gab. „Die Hitze war enorm. Von einem unserer Fahrzeuge ist der Außenspiegel geschmolzen, auch an der Drehleiter lösten sich Plakstikteile auf, die Jacken der Kamerade waren zum Teil so heiß, dass man sie mit bloßen Händen nicht anfassen konnte. An diesem Einsatz hat man es wieder einmal erkannt: Schutzkleidung rettet Leben.“

 Bei dem Einsatz kamen die Feuerwehrleute an ihre Grenzen.

Bei dem Einsatz kamen die Feuerwehrleute an ihre Grenzen.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Für die insgesamt rund 200 Kräfte war der Einsatz in mehrfacher Hinsicht extrem belastend: die ungeheure Hitze an einem ohnehin heißen Tag, die Dauer der Arbeiten in schwerer Schutzkleidung, verletzte Kameraden, Kreislaufprobleme bei einigen Beteiligten. „Wir haben in der Nacht noch Stunden beieinander gesessen, über alles gesprochen, was wir erlebt haben. Es war heftig“, erklärt Matenaers. Die Intensität des Einsatzes sei auch von Entscheidern im Rathaus und im Kreishaus wahrgenommen worden: Neben Kreisbrandmeister Reiner Gilles und dem stellvertretenden Bezirksbrandmeister Rainer Höckels waren auch Bürgermeister Ulrich Knickrehm und Zandra Boxnick als derzeitige Chefin im Kreishaus vor Ort und bezeugten den Helfern größte Anerkennung. Dass den Einsatzkräften auch selbst etwas zustoßen kann, sei eine Gefahr, die jedem bewusst sei. „Die Arbeit der Feuerwehr ist potenziell gefährlich. Aber dafür sind wir ausgebildet“, sagt Matenaers.

Stadtbrandinspektor Stefan Bömler hatte dafür gesorgt, dass die Gocher Feuerwehr, die mit allen Einheiten vor Ort war, Hilfe aus Weeze bekam. „In der Spitze waren 200 Einsatzkräfte aller beteiligten Organisationen vor Ort.“ Wichtig war bei dem Einsatz, zu verhindern, dass sich der Brand auf die Vegetation im Bereich der Bahnschienen ausweitete. Der Zugverkehr war sofort eingestellt worden. Nach sieben Stunden wurde „Feuer Aus“ gemeldet, Nachlöscharbeiten einzelner Glutnester zogen sich jedoch noch weitere zwölf Stunden hin.

Neben den Feuerwehren aus Goch und Weeze war auch das DRK Goch im Einsatz, um im Bedarfsfall Verletzte erstversorgen zu können, die Feuerwehr des Kreises Wesel entsandte im Rahmen des ABC-Schutzkonzeptes NRW eine Mess-Einheit und kümmerte sich gemeinsam mit dem Landesamt für Umwelt- und Verbraucherschutz sowie mit der Unteren Wasserbehörde des Kreises Kleve um die Gefahrenbeurteilung durch Rauchgas und kontaminiertes Löschwasser.

Die DLRG unterstützte mit ihrer Drohne, in der eine Wärmebildkamera verbaut ist. Zwei Kameraden der Bundeswehr-Feuerwehr kamen zufällig an der Einsatzstelle vorbei und boten spontan ihre Hilfe an. Bürger brachten Getränke, die gerade den Atemschutztrupps sehr gut taten. Die Feuerwehr dankt für diese Hilfe herzlich.

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