Goch Blumenklau auf dem Friedhof

Goch · Die Menschen haben keinen Anstand mehr, sagt sie: Einer Pfalzdorferin werden ständig Blumen und Deko-Gegenstände vom Grab ihres Mannes gestohlen. Tatort: der Gocher Friedhof am Greversweg. Die Frau ist ratlos.

Frau K. ist verzweifelt. Nein, es geht ihr nicht um das Geld, um den Sachwert. Es geht ihr um etwas ganz anderes. Etwas, das schmerzt, immer wieder aufs Neue. Wenn, wie seit November vergangenen Jahres schon so häufig geschehen, sich wieder jemand am Grab ihres Mannes auf dem städtischen Friedhof in Goch vergreift, dann empfindet sie das als entwürdigend, als Schändung, als Entehrung. Wie kann es sein, fragt sie, dass sich Diebe nicht scheuen, die Totenruhe so zu stören? Die Würde des Verstorbenen so billig zu verletzen, indem sie seine letzte Ruhestätte als Selbstbedienungsladen für Floristik betrachten?

Frau K. kämpft mit den Tränen, als sie die Geschichte erzählt. Gerade hat sie — der Sommer ist weit vorgerückt — die ersten Chrysanthemen gepflanzt. Herbstblüher. Den Herbst über, da ist Frau K. sicher, werden sie nicht stehenbleiben. Jemand wird sie ausbuddeln, klauen. Einfach so. Wie schon die Alpenveilchen zuvor, wie schon die frischen Blumensträuße, die Gestecke, die Dekoration.

Das Ganze begann zu Allerheiligen vergangenen Jahres. Sie evangelisch, aber selbstverständlich achte sie die "katholisch-niederrheinische Tradition" des Grabschmucks zu diesem Tag, sagt Frau K. "Ich ließ also eine Kugel bestecken, für meinen Mann etwas ganz individuelles fertigen. Und legte es aufs Grab." Einen Tag später war er weg, der Grabschmuck. "Ich ließ also eine zweite Kugel anfertigen." Sie verschwand. Ganz schnell.

Frau K zog los, allein. Über den Friedhof. Und der ist groß. Aber das war ihr gleich. "Ich suchte nach der Kugel, bin durch alle Reihen gelaufen; dachte mir, die sehe ich schon von weitem. Und ich sehe, auf welchem Grab sie liegt." Aber: "Diese Kugel war dem Dieb dann wohl zu auffällig, als dass er sie auf demselben Friedhof als Grabschmuck verwandt hätte. Vielleicht, so ihre Vermutung, sei das Diebesgut in einem heimischen Garten oder Wohnzimmer gelandet. Das war Allerheiligen. Seitdem verschwanden, je nach Jahreszeit, Schlüsselblumen, Veilchen, Chrysanthemen. Ganze Sträuße, große und kleine, verschwinden immer. "Manchmal, sagt Frau K., glaube sie, die Diebe wüssten, dass sie häufig donnerstags neue Blumen für den Friedhof kaufe. Wüssten das und warteten schon auf sie.

Die Polizei? "Man hat mir gesagt, es müsste mehr passieren, dass man einschreiten könne", berichtet die Pfalzdorferin. "Und die Leute von der Stadt, auch die können ja nichts machen, wenn sie auf dem Friedhof arbeiten. Woran sollen sie auch erkennen, ob jemand etwas stiehlt, oder ob er als Angehöriger zu dem jeweiligen Grab gehört?"

Die Trauer um ihren geliebten Mann ist, man spürt das deutlich, weiter groß. Auch jetzt, zwei Jahre nach seinem Tod. Die Demütigungen, die die Frau erlebt, immer wieder, schmerzen. Frau K sagt: "Das tut weh, so weh!"

(RP)
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