Goch Ausländische Zeitarbeiter als Problemmieter

Goch · Immer mehr Zeitarbeitsfirmen aus den Niederlanden mieten oder kaufen Immobilien, um ausländische Mitarbeiter unterzubringen. Das missfällt Nachbarn und Kommunen. Rechtliche Handhabe aber fehlt.

 Früher war das Haus eine "Bar", heute schlafen dort Zeitarbeiter.

Früher war das Haus eine "Bar", heute schlafen dort Zeitarbeiter.

Foto: Anja Settnik

Lange Jahre war die ehemals privat genutzte Villa eine "Bar", als Bordellbetrieb wollten es die Betreiber nicht benannt wissen. Hinter hohen Hecken vergleichsweise diskret verborgen nahm die Öffentlichkeit kaum Anstoß an dem Geschehen in dem großen weißen Haus an der Gocher Jakobstraße. Seit einiger Zeit steht die Haustür häufig offen. Niemand zieht mehr den Schal ins Gesicht, um unerkannt hinein zu schlüpfen: Dort wohnen nun Menschen, die nicht mehr wollen als sich nach getaner Arbeit ausschlafen. Fahrzeuge einer niederländischen Arbeitnehmerniederlassung künden davon, dass wohl Leiharbeiter in dem Haus untergebracht sind.

 Eine Unterkunft an der Pfalzdorfer Deekenstraße, die von rumänischen Arbeitern genutzt wird.

Eine Unterkunft an der Pfalzdorfer Deekenstraße, die von rumänischen Arbeitern genutzt wird.

Foto: settnik

Während an der Jakobstraße zwischen Berufsschule und Mehrfamilienhäusern niemanden die neuen Bewohner stören, ärgern sich in einem Pfalzdorfer Wohngebiet schon einige Bürger. Zum Beispiel Horst Römer, pensionierter Bundespolizist und interessiert an allem, was in seiner Umgebung geschieht. Als Bürger möchte er wissen, was rechtens ist, was er hinnehmen muss oder wogegen er sich stark machen könnte. Bei ihm nebenan wohnen neuerdings rumänische Leiharbeier. Beschäftigt sind sie bei einer niederländischen Arbeitnehmerüberlassung. "Gegen die Bewohner, die arbeiten, um für sich und ihre Familien zuhause Geld zu verdienen, hab' ich überhaupt nichts", sagt er. Aber dass ausländische Unternehmer auf deutscher Seite Schlafstellen für ihre Mitarbeiter einrichten, ohne dass die Stadt Goch davon einen Vorteil hätte, will er nicht akzeptieren. Von der Unruhe und der optischen Beeinträchtigung gar nicht zu reden.

"Das sind doch gewerblich genutzte Wohnungen", findet er. Und legt damit schon einen Finger in die Wunde. Wohnraum zu vermieten ist schließlich nicht verboten. Handelt es sich um eine Zweckentfremdung der Wohnungen? Und ist die in Goch durch eine Verordnung untersagt? Wurde die Umnutzung des Wohnraums für berufliche Zwecke baurechtlich genehmigt? Gab es dazu also einen Bauantrag? "In dem Haus an der Deekenstraße leben meines Erachtens acht Menschen. Sind die alle bei der Stadt gemeldet? Wissen die Finanzbehörden Bescheid? Und braucht es keine Anpassung an die hygienischen Bedingungen?", fragt sich der Pfalzdorfer. Immerhin habe die Stadt mal den Rasen gemäht und Container für den Müll der Bewohner aufgestellt.

Die genannten Fragen hat der Pensionär auch an die Stadtverwaltung geschickt, bislang aber nur magere Antworten bekommen. Schon "aus datenschutzrechtlichen Gründen" könnten die Fragen nicht beantwortet werden, heißt es. In dem Schriftverkehr, der unserer Redaktion vorliegt, verweist Römer auf das Informationsfreiheitsgesetz, das Bürgern Auskünfte zugesteht, sofern sie nicht personenbezogene Daten betreffen.

Bürgermeister Ulrich Knickrehm äußert sich auf Anfrage zu der Situation wie folgt: "Eine Satzung zur Zweckentfremdung von Wohnungen haben wir in Goch nicht. Entsprechend bedarf es einer Genehmigung, wenn ein Objekt umgewidmet werden soll. Das ist aber in bezug auf die in Rede stehenden Häuser gar nicht das Thema, denn sie werden ja zum Wohnen genutzt. Auch, wenn es Mitarbeiter einer Arbeitnehmerüberlassung sind, handelt es sich um privates Wohnen." Die Stadt könne nur eingreifen, wenn eine Überbelegung nachzuweisen wäre oder es Probleme mit dem Brandschutz gebe. "Aber die ausländischen Mitarbeiter der niederländischen Firmen sind meist Rumänen und erst meldepflichtig, wenn sie sich länger als zwei Monate in Deutschland aufhalten." Wann ist ein Gebäude überbelegt? Es gibt ja auch große Familien. Grobe Vernachlässigung, Müllberge oder erhebliche Ruhestörung wären weitere Anknüpfpunkte, um behördlich einzuschreiten - aber so schlimm ist es dann meist eben doch nicht.

Offenbar ist kaum zu verhindern, dass aus ehemaligen Wohnhäusern Arbeiter-Wohnheime werden. Und der Bedarf an Schlafplätzen für vorwiegend ausländische Saisonkräfte und Leiharbeiter ist groß. Nach RP-Informationen zahlen die Arbeiter dafür 200 bis 300 Euro pro Monat - kein schlechtes Zusatzeinkommen für den Vermieter.

(RP)
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