Goch Angst vor Heimbewohnern

Goch · Rund 150 Einwohner haben in Nierswalde mit Vertretern der Kaiserswerther Diakonie über die Zukunft des Borgardtshof in Pfalzdorf diskutiert. Dort soll ein Heim für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche entstehen.

 Friedrich Freytag (CDU, links) übernahm die Moderation des emotionalen Informationsabends. Rund 150 Anwohner kamen in Nierswalde zusammen, um sich über die Zukunft des Borgardtshof zu informieren.

Friedrich Freytag (CDU, links) übernahm die Moderation des emotionalen Informationsabends. Rund 150 Anwohner kamen in Nierswalde zusammen, um sich über die Zukunft des Borgardtshof zu informieren.

Foto: Klaus-Dieter Stade

Goch-Nierswalde / Pfalzdorf Hoch emotional, nicht immer sachlich, am Ende aber doch sinnvoll: In Nierswalde haben rund 150 Einwohner mit Vertretern der Kaiserswerther Diakonie über den Umzug von schwer erziehbaren Jugendlichen aus Haus Ausblick in Bedburg-Hau auf den Borgardtshof nach Pfalzdorf diskutiert. Auch Vertreter der Stadt und des Jugendamts waren anwesend, um Fragen zu beantworten.

 Bisher ist er noch eine Seniorenresidenz, nun soll der Borgardtshof aber an die Kaiserswerther Diakonie verkauft werden.

Bisher ist er noch eine Seniorenresidenz, nun soll der Borgardtshof aber an die Kaiserswerther Diakonie verkauft werden.

Foto: Gottfried Evers

Auf der einen Seite bekamen die Sozialpädagogen einen Eindruck davon, was die Ängste und Sorgen der Nachbarn sind. Auf der anderen Seite konnten sich die Bürger ein Bild davon machen, wer da auf den Borgardtshof kommt und wie in der Einrichtung gearbeitet wird. "Das vorgestellte Konzept der Diakonie ist sicherlich ein ehrenwertes Ziel, mehrfach straffällig gewordenen Jugendlichen durch Intensivtherapie wieder auf einen anderen Weg zu bringen", so Andrea Herbst, Mitinitiatorin der im Vorfeld durchgeführten Unterschriftenaktion gegen die Anlage. Aber man wolle darauf aufmerksam machen, dass man als Anwohner ein Recht darauf habe, dass die öffentliche Sicherheit gewährleistet sein muss. "Wenn die da wohnen und meine Kinder alleine draußen spielen, habe ich ein schlechtes Gefühl im Bauch. Und das kann mir keiner nehmen", sagte ein direkter Anwohner des Hofes. Man habe die Befürchtung, die Gefahr der Jugendlichen werde verharmlost, ihre Straftaten bagatellisiert. In einer Publikation der Kaiserswerther Diakonie aus dem Jahr 2008, also der Anfangszeit von Haus Ausblick in Bedburg-Hau, heißt es: "Obwohl noch strafunmündig, haben alle einiges auf dem Kerbholz: Diebstahl, Hehlerei, räuberische Erpressung, Körperverletzung."

Christian Zschiedrich von der Diakonie versuchte zu beruhigen: "Wir müssen unsere Hand dafür ins Feuer legen können, dass die Jugendlichen nichts anstellen, wenn sie sich hier bewegen. Denn sind wir mal ehrlich: Falls etwas passiert, machen Sie uns doch verantwortlich." Drei von sechs Haus Ausblick-Bewohnern seien vorbestraft, keiner von ihnen in den letzten Jahren straffällig geworden, betont er. Eins sei aber klar: Eine hundertprozentige Sicherheit gebe es im Leben nicht.

Dass es die vorher aber schon nicht gab, machte Gerd Engler, Vorsitzender der SPD Goch und Sozialarbeiter, deutlich: "In meinen 33 Jahren als Sozialarbeiter habe ich sieben Heroinabhängige aus Nierswalde kennengelernt. Zwei davon sind heute tot, zwei im Knast", erzählte er. Eine heile Welt habe also auch vorher in Nierswalde nicht geherrscht. "Wir haben eine christliche und gesellschaftliche Pflicht, uns auch um Kinder zu kümmern, die eine schwere Vergangenheit haben nicht aus gutem Elternhaus kommen", appellierte eine der Anwesenden.

Zschiedrich betonte, dass man Ängste nur durch positive Erfahrung abbauen könne. Darum lud er spontan eine begrenzte Anzahl von Anwohnern ein, die Jugendlichen auf Haus Ausblick zu besuchen. Dies soll Anfang April in die Tat umgesetzt werden.

(lukra)
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