Goch Angehörige nicht aussperren

Goch · Als erstes Krankenhaus in der Region hat es das Wilhelm-Anton-Hospital mit Urkunde bescheinigt bekommen: Die Intensivstation ist angehörigenfreundlich – vor allem, weil die Familien so gut wie immer Zutritt haben.

Der Alptraum für Ehepartner, Eltern, Kinder: Ihr Angehöriger liegt auf der Intensivstation (ITS), und sie können ihn kaum sehen – beispielsweise, weil sie an der Tür geklingelt haben, aber ihnen lange, lange niemand aufmacht, weil die Besuchszeiten knapp und für Berufstätige wenig geeignet sind, weil (wenn sie denn mal vorgedrungen sind in den intensivmedizinischen Bereich) kein Arzt erreichbar ist, der Auskunft über den Gesundheitszustand geben könnte. Das alles gibt’s in Goch so nicht, und genau das hat das Krankenhaus, hat das Team der Intensivstation nun von der Hamburger „Stiftung Pflege“ mit einer Urkunde bescheinigt bekommen: „Angehörigenfreundliche Intensivstation“ steht’s da, ganz offiziell anerkannt.

Das erste Haus im Kreis

Christian Fischer, Geschäftsführer des Wilhelm-Anton-Hospitals, gestern bei der Übergabe des Preises: „Wir sind das erste Haus im Kreis Kleve, das dieses Zertifikat bekommt!“ Ganz entscheidenden Anteil daran hat Christoph Kösters, Mitarbeiter der Intensivstation. Er machte eine Weiterbildung zum Pflegeexperten und lernte dabei das Projekt „Angehörigenfreundliche Intensivstation“ kennen: „Nach meiner Ausbildung musste ich eine Facharbeit anfertigen. Vor dem Hintergrund, dass Angehörige für die Genesung von Patienten ungeheuer wichtig sind und auch angesichts der Tatsache, dass wir in Goch neue Abteilungen dazu bekommen haben, machte ich mir Gedanken darüber, wie man das Projekt umsetzen kann.“ Es folgten Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen, Kösters stellte fest, dass seine Ideen „gut von allen angenommen werden“. Die Stiftung Pflege überprüfte die Voraussetzungen, die in Goch auf der (umgebauten und seitdem viel freundlicheren) Intensivstation für Angehörige geschaffen wurden – und verlieh das Zertifikat. Dafür musste eine sprichwörtliche heilige Kuh geschlachtet werden, die in Goch allerdings schon lange nicht mehr „heilig“ war: im Prinzip uneingeschränkte Besuchszeiten. Christoph Kösters: „Die Argumente, die dafür sprechen, überwiegen. So zeigt die Praxis, dass allein schon die Anwesenheit vertrauter Menschen meist sehr beruhigend auf die Patienten wirkt.“ Das Wilhelm-Anton-Hospital bietet Übernachtungsmöglichkeiten für Partner, Kinder oder Eltern von Patienten sogar auf der Intensivstation selbst an. In Einzelzimmern wird ein weiteres Bett bereitgestellt, in den Mehrbettzimmern gibt es komfortable Ruhesessel.

Umfassende Information

Gezielte und umfassende Information statt Angst: Auch dafür leistet das Team der ITS eine Menge. Es gibt feste Termine für Arztgespräche, die Pflege-Mitarbeiter klären die Angehörigen so weit wie möglich auf, schicken sie nicht mehr (wie’s früher üblich war) raus, wenn der Patient gepflegt oder behandelt wird, ansprechbare Patienten sind über ein Mobiltelefon mit eigener Rufnummer auch auf der Intensivstation immer erreichbar.

Das alles macht dem Krankenhaus-Team noch mehr Arbeit. Aber die nimmt es gern auf sich.

(RP)
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