Goch Ärztehaus: Kaum Mediziner in Sicht

Goch · Um das Gradierwerk zu bezahlen, möchte die Stadt Kevelaer ein Grundstück in der Hüls verkaufen. Darauf soll ein Ärztehaus errichtet werden. Allerdings stellt sich die Frage, welche Mediziner sich dort niederlassen können und dürfen.

 Wer im Gelderland einen Termin beim Augenarzt benötigt, muss darauf oft monatelang warten. Patienten und Krankenversicherer klagen, aber die Kassenärztlich Vereinigung sagt, es fehle kreisweit nur eine halbe Stelle.

Wer im Gelderland einen Termin beim Augenarzt benötigt, muss darauf oft monatelang warten. Patienten und Krankenversicherer klagen, aber die Kassenärztlich Vereinigung sagt, es fehle kreisweit nur eine halbe Stelle.

Foto: Matzerath

Das Vorhaben privater Investoren, im Gebiet der Hüls ein Ärztehaus zu errichten, könnte einen Pferdefuß haben, der bisher noch kaum zur Sprache kam: Fachärzte dürfen sich nicht einfach irgendwo niederlassen. Und junge Allgemeinmediziner, die als Hausärzte sehr gefragt wären, interessieren sich selten für ländliche Gebiete.

Deshalb stellt sich die Frage, welche Ärzte und wie viele in das geplante Haus wohl einziehen könnten. Der Großteil der Politik in Kevelaer steht hinter dem Projekt, weil durch den Verkauf des städtischen Grundstücks die Saline finanziert werden könnte. Deren Bau, der rund 800 000 Euro kosten soll, steht längst im Haushalt der Stadtwerke.

Einer, der sich bestens mit der Niederlassungsfreiheit von Ärzten auskennt, ist Dr. Hans Jürgen Doerwald. Der Mediziner mit Praxis in Elten ist Kreisvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), des Selbstverwaltungsorgans der niedergelassenen Ärzte. Er folgte im Vorstandsamt der vor einigen Monaten überraschend verstorbenen Gocher Augenärztin Dr. Brigitte Schmelzer. Doerwald stellt klar: "Wir haben im Kreis Kleve zu wenig Hausärzte, die Stellen für Fachärzte sind allerdings fast komplett besetzt." Die Bedarfsplanung sehe kaum Möglichkeiten vor, über die festgesetzte Quote hinaus Fachärzte anzusiedeln.

Die Wahrnehmung der Versicherten, gewisse Disziplinen — wie etwa die Augen- oder Kinderheilkunde — wären schwach vertreten, sei durch die tatsächlichen Zahlen nicht gedeckt. Erst kürzlich waren Beschwerden laut geworden, Patienten müssten viele Monate auf Termine warten. Was Doerwald allerdings auch sieht: Viele Praxisinhaber sind schon relativ betagt. Sie hören nicht auf, weil sie keinen Nachfolger finden. Der Emmericher kann sich nicht denken, dass Kollegen, die oft im eigenen Haus praktizierten, in Praxisräume zur Miete wechseln würden.

Vielleicht sei das ja für Auswärtige attraktiv — die bisher allerdings nicht Schlange stehen. Barbara Nickesen als Chefin der AOK-Regionaldirektion in Kleve sagt zu dem Thema: "Nach der aktuellen Bedarfsplanung der KV gibt es aktuell nur eine halbe freie Augenarzt-Stelle, alle übrigen Fachgebiete sind nach den Berechnungen der KV im Kreis gut abgedeckt. Ausnahme: Psychotherapeuten. Da fehlen derzeit kreisweit 18 — für Erwachsene und für Kinder." Kinderärzte hingegen gebe es ebenfalls genügend — wenn auch nicht immer dort, wo die Versicherten sie brauchen. "Wir wissen von den langen Wartezeiten für Termine und sogar von Aufnahme-Stopps — aber die KV rechnet anders", weiß Nickesen.

Nach Ansicht der Kleverin könnten sich in einem Kevelaerer Ärztehaus nur Hausärzte niederlassen, wenn sie denn gefunden werden, oder Fachärzte, wenn sie ihre bisherige Praxis im Kreis aufgeben. Willkommen wären Psychotherapeuten — vielleicht lassen sie sich von Kevelaer ansprechen.

(RP)
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