Goch/Uedem/Kevelaer 34 Jugendliche radeln nach Norderney

Goch/Uedem/Kevelaer · Sozialpädagoge Thomas Binn und der Verein "Zielpunkt Meer" sind mit Jugendlichen auf dem Fahrrad unterwegs. Während die Teilnehmer auf Handy und Fernsehen verzichten, verfolgen die Eltern die Tour von zu Hause via Internet.

 Am gelben T-Shirt zu erkennen: Die Jugendlichen und ihre Betreuer machen sich mit dem Fahrrad auf nach Norderney.

Am gelben T-Shirt zu erkennen: Die Jugendlichen und ihre Betreuer machen sich mit dem Fahrrad auf nach Norderney.

Foto: Gerhard Seybert

Samstag, 9 Uhr. Am Kevelaerer Bahnhof herrscht Gewusel. Etwa 40 Räder stehen dicht an dicht, Jugendliche in gelben T-Shirts laden die letzten Taschen in einen großen Transporter. Eltern geben ihren Kindern die letzten Anweisungen. Die Jungen und Mädchen zwischen zehn und 14 Jahren haben eine große Reise vor sich: Mit dem Rad will die Gruppe in elf Tagen nach Norderney kommen. Es gibt jedoch eine Besonderheit. Denn das pädagogische Konzept von Thomas Binn, dem Organisator der Tour und Vorsitzenden des Vereins "Zielpunkt Meer", setzt auf reduziertes Reisen. Konkret bedeutet dies für die Kinder 16 Tage ohne Reizüberflutung durch Handy, Internet und Fernsehen.

Wer denkt, das sei ein Problem, irrt sich. So sieht Jos Baumann aus Schravelen in dieser Bedingung keine Schwierigkeit. Der Zwölfjährige macht bereits zum zweiten Mal bei der Sommertour mit und weiß, dass auch im Vorjahr keiner der Teilnehmer sein Handy vermisste. Auch die 13-jährige Denise Freihoff aus Goch und ihre Freundinnen Ellen und Clara freuen sich auf die Fahrrad-tour. Am meisten fiebern sie nämlich dem "Ankommen und Schwimmen, auch bei kaltem Wasser", entgegen.

Die Gruppe, meist zwischen 30 und 35 Jugendliche, wird von sechs Betreuern begleitet, die, so Binn, "dieses Jahr zu Großteilen frisch dabei sind". Wie beispielsweise Björn Schreiner und Lena Heistrüvers, die zwar mit Ferienlagerbetreuung Erfahrung hat, dieses neue Konzept jedoch noch als spannend und "etwas ganz Neues" einschätzt. Auch Schreiner, im vergangenen Jahr als Helfer für die Gruppe unterwegs, fand die Idee eine gute Sache und freut sich jetzt auf die Zeit mit den Jugendlichen. In Vortreffen, bei denen die Teilnehmer sich kennenlernen konnten, wurden zusammen die Packlisten erstellt, so dass niemandem irgendwas fehlt.

16 Tage ohne Handy - wie informiert man denn die Eltern über das Wohlbefinden der Kinder? Natürlich haben alle Münzgeld für einen Anruf dabei oder wurden angehalten, eine Postkarte zu schreiben. Aber das wird ja gerne mal vergessen. Binn und seine Helfer setzen dagegen auf die neuen Medien. Via Google Maps können die Eltern im Internet stets verfolgen, wo in Deutschland der Trupp gerade steckt. Auf eigenen Gruppenseiten bei Facebook und Instagram werden zusätzlich Fotos von der Tour gepostet. So haben die Eltern auch was vom Abenteuer der Kinder, wissen die doch teilweise nachmittags noch nicht, wo das Nachtlager aufgeschlagen wird. Und gerade darauf freuen sich Niklas Classen, Jonas Sieben und Lukas Tissen aus Kevelaer und Winnekendonk sehr. Jeder in der Gruppe hat seine Aufgaben, und es gibt immer was zu tun. Aber "das Beste sind die abendlichen gemeinsamen Runden".

Und was erwartet sich der Sozialpädagoge und Fotograf Thomas Binn von dem Trip? "Keine Termine zu haben und in den Tag hineinleben können, einfach mal den Kopf frei zu haben."

Schon ist 9.45 Uhr. Mittlerweile sind alle Zelte verstaut, die Spannung steigt: Wann kann es endlich losgehen? Thomas Binn hält eine letzte Ansprache, die Eltern werden noch schnell zum Abschied umarmt, dann schwingt sich die Gruppe auf die Räder. Erstmal geht es grob Richtung Kervenheim, die Routen für die restlichen knapp 400 Kilometer werden unterwegs entschieden.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort