So war der Vorlesetag im Gelderland Ein Buch, die Kinder und ich
Gelderland · Beim bundesweiten Vorlesetag griffen viele Erwachsene zur Lektüre, um junge Menschen für geschriebene Geschichten zu begeistern. Die RP war mit dabei, aber auch an vielen anderen Orten im Gelderland war was los.
Es braucht nicht viel. Keinen Strom. Nur ein Buch und etwas Zeit. Die Stimme muss noch nicht mal schön sein, das Buch noch nicht einmal grandios. Ich erinnere mich noch an meinen Besuch meines Ur-Großvaters im Krankenhaus. Er war 91 oder 92 Jahre alt. Ich hatte gerade lesen gelernt und las ihm aus einem Comic vor. In meiner Erinnerung lächelt er dabei.
Die Zuhörer, die diesmal vor mir saßen, waren um Längen jünger und mit Sicherheit kritischer. Kinder, die meisten fünf oder sechs Jahre alt. Und es ist ein Unterschied, ob man dem eigenen Kind, das vorher Kekse und einen warmen Kinderpunsch hatte und satt und müde ist, oder 20 Kindern, die man vorher noch nie gesehen hat, vorliest, oder? Eigentlich nicht. Am Ende waren es drei Bücher über Lola und ihren Bruder Charlie, die wir zusammen durchgegangen sind. Ist das das richtige Wort? Eigentlich schon. Wir sind zusammen durch die Geschichten gegangen. Gold wert war der Tipp einer Freundin, seitlich zu lesen und dabei die Bilderseiten zu zeigen.
Fragen sind erlaubt? Ja, klar. Zwischenrufe, ja. Und das ein oder andere Kind geriet auch in Plauderlaune. Immerhin handelten die Bücher von Dingen, die sie kannten: Der erste Wackelzahn, Haustiere und Gemüsesorten, die nicht ganz oben auf der Essenswunschliste stehen. Das sind auch die Bücher, die bei den ganz jungen Kindern gut laufen. Die Geschichten von Bobo Siebenschläfer sind der Klassiker. Die Sätze sind kurz. Es gibt Wiederholungen und die Geschichten spiegeln die Lebenswelt der Kinder wider, erzählt Kindergartenleiterin Silke Mogritz-Streppel.
Für sie und die Kinder der Gelderner Kita Arche Noah war der Vorlesetag ein besonderes Ereignis. Für die Kleinen fand der im Kindergarten statt, für die älteren Kinder in der evangelischen Heilig-Geist-Kirche in Geldern. Zu etwas Besonderem machte das Vorlesen nicht nur die Kulisse, sondern einfach die Tatsache, dass einmal andere Menschen als die Erzieher zum Buch griffen und vorlasen.
Laut der „Stiftung Lesen“ bekommen nur noch 60 Prozent der Kinder zu Hause etwas vorgelesen. Das ist schade. Denn Vorlesen fördert die Konzentration und die Merkfähigkeit. Und für die Kinder bedeutet es auch ganz viel Wertschätzung, sagt Silke Mogritz-Streppel, wenn sich Erwachsene für sie Zeit nehmen. Und das spürte man auf beiden Seiten.
Aber nicht nur für den Gelderner Kindergarten griffen Erwachsene zum Buch, unter anderem herrschte auch in der Bücherei Aldekerk Vorlese-Stimmung. Dort verbrachten elf Kindergartenkinder und zwölf Grundschulkinder mit ihren Müttern und Vätern einen kurzweiligen Nachmittag. Das Vorleseteam konnte in diesem Jahr mit einer besonderen Premiere aufwarten. Aus dem Team-Nachwuchs las mit der zehnjährigen Johanna eine Viertklässlerin für die Kindergartenkinder vor. Die Erwachsenen konnten währenddessen in den Bücherregalen stöbern und Bücher ausleihen. Für die Grundschulkinder gab es anschließend mit Geschichten von den „Olchis“ und der „School of Talents“, Lustiges und Spannendes zum diesjährigen Motto „Gemeinsam einzigartig“. Und das ist noch nicht alles: Für den Dezember sind weitere Veranstaltungen in der Bücherei geplant wie ein Bilderbuchkino und die Teilnahme am „Lebendigen Adventskalender“ der Pfarrgemeinde St. Dionysius.
Und ansonsten kann jeder selbst mal wieder zu einem Buch greifen und sich jemanden suchen, dem man vorliest. Bei einer schönen Tasse Tee, im Winter eine gute Idee.