Serie „Unternehmen im Porträt“ Von der Kuh zum Kunststoff

Geldern · Maik Wittstock hat Landwirtschaft in Rostock studiert. Heute leitet er gemeinsam mit seiner Frau das Gelderner Unternehmen „Kelux“ und versorgt unterschiedlichste Wirtschaftsbereiche mit Fachwissen und Bauteilen aus Kunststoff. Ein Firmenbesuch.

 Lucas van Stephoudt, Kelux-Chef Maik Wittstock und Bürgermeister Sven Kaiser (v.l.) schauen sich die Kunststoff-Produkte in der Produktionshalle an. Diese Teile werden in Berlin für die Schienen der U-Bahn-Linie 1 verwendet.

Lucas van Stephoudt, Kelux-Chef Maik Wittstock und Bürgermeister Sven Kaiser (v.l.) schauen sich die Kunststoff-Produkte in der Produktionshalle an. Diese Teile werden in Berlin für die Schienen der U-Bahn-Linie 1 verwendet.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Wenn die U-Bahn-Linie 1 durch Berlin fährt, im Bürgerbüro der Stadt Geldern Unterlagen übergeben werden, oder eine Ätzanlage für Mikrochips in Österreich in Betrieb genommen wird – dann hat Maik Wittstock seine Finger im Spiel. Zumindest indirekt: Denn in allen drei Fällen werden dabei Kunststoffteile und -produkte seiner Gelderner Firma „Kelux“ verwendet. Am Donnerstag waren Bürgermeister Sven Kaiser (CDU) und Wirtschaftsförderer Lucas van Stephoudt am Gewerbestandort an der Siemenstraße zu Besuch und warfen einen Blick in die Produktionshalle.

Polytetrafluorethylen, oder kurz PTFE, wird wohl den wenigsten Menschen ein Begriff sein. Umgangssprachlich ist dieser Kunststoff unter dem Handelsnamen Teflon von der Firma DuPont schon eher bekannt. „Das ist unsere Hauptspezialisierung: reines PTFE“, erklärt Wittstock. Der Firmenchef steht an der Säge in der Produktionshalle und hält ein fertiges Bauteil in der Hand, das nun nach Berlin verschickt wird. Ein weißes, rechteckiges Stück Kunststoff mit zwei Löchern. Doch was ist das?

„Dieses Teil wird unter die Schienen der U1 gebaut“, erklärt Wittstock. „Als Gleitelement und zur Reduzierung des Lärms.“ Das PTFE wird in großen, weißen Platten geliefert. Aus ihnen formt, sägt und fräst der Unternehmer die gewünschten Bauteile für seine Kunden. Und das macht der Gelderner sehr gerne in Eigenarbeit. Neben ihm und seiner Frau Petra Michael, mit der er gemeinsam das Unternehmen leitet, arbeiten nur vier weitere Kräfte in der Firma. „Ich bin ein Selbstproduzierer“, sagt Wittstock mit einem Grinsen im Gesicht.

Dass sich das Ehepaar mit der Produktion und dem Handel von Kunststoffteilen mal selbstständig machen würde, war im Lebenslauf zunächst nicht abzusehen. Vor der Wende studiert Maik Wittstock Landwirtschaft in Rostock. Aus ethischen Gründen habe er in diesem Bereich aber keine Zukunft gesehen. „Ich hatte damals schon ein Problem mit der Großtierproduktion“, erzählt er. „Kühe melken kann ich aber immer noch.“ Also sucht er weiter seinen Weg, wird staatlich geprüfter Betriebswirt und fängt bei einem kleinen Unternehmen in Neukirchen-Vluyn an: Kelux Kunststoffe. Die Firma gehört damals noch Eberhard Lux, der Kelux bereits 1980 gegründet hat. Zwei Jahre arbeitet Wittstock dort, zieht aber erneut weiter und steigt beim Unternehmen „Massive Leuchten“ in Goch zum regionalen Verkaufsleiter auf.

„Danach bin ich erst Unternehmer geworden. Mit Mitte 30“, erinnert sich Wittstock. 2004 kauft er die Firma Kelux und verlegt ihren Standort nach Geldern. Neben dem PTFE hat er das Profil seiner Firma erweitert und bietet unter anderem auch das resistentere PCTFE – das bei hohen Minusgraden oder im chemischen Kontakt verwendet wird – an. So ein Bauteil hat nun ein österreichisches Unternehmen bei ihm bestellt, das eine Ätzanlage für Mikrochips betreibt. Neben dem Anfertigen und Handeln der Kunststoffteile, steht Wittstock den Kunden auch mit seinem Fachwissen zur Seite – wenn gewünscht. „Manchmal wissen wir auch gar nicht, wofür der Kunde das Teil benötigt“, erklärt Petra Michael. „Wir sind da dann nur Teil einer Verkaufskette.“

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie hat auch das Gelderner Unternehmen gespürt. Die Nachfrage nach PTFE, eigentlich die Haupteinnahmequelle, sei gesunken. Dafür ist eine andere Sache momentan hoch im Kurs. Schutzscheiben aus Polycarbonat. Unzählige Betriebe, Gastronomen und städtische Einrichtungen haben für ihre Wiedereröffnung nach dem Lockdown ihre Theken und Rezeptionen mit diesen Scheiben ausgestattet. Auch die Stadt Geldern wird von Kelux beliefert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort