Geldern Versuchter Mord: 13 Jahre Haft gefordert

Geldern · Im Prozess gegen die Issumerin, der versuchter Mord an ihrer Nachbarin vorgeworfen wird, wurden die Plädoyers gehalten. Während der Staatsanwalt eine lange Haftstrafe fordert, will der Verteidiger einen Freispruch. Die Frau hatte ihre Nachbarin mit einem Jeep angefahren und mit einem Messer verletzt.

Frau rammt Radfahrerin absichtlich mit Geländewagen
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In dubio pro reo - im Zweifel für den Angeklagten. Nach diesem Grundsatz soll die 4. Strafkammer des Klever Landgerichts entscheiden - zumindest wenn es nach Rechtsanwalt Dr. Ingo Risch geht. Er vertritt die Frau, der vorgeworfen wird, am 14. April in Issum ihre Fahrrad fahrende Nachbarin mit einem Jeep überfahren und dann mit einem Messer in den Hals geschnitten zu haben. Der Verteidiger begründet seinen Antrag damit, dass nicht bewiesen worden sei, dass tatsächlich die Angeklagte den Jeep gefahren habe.

Doch für einen Freispruch spricht momentan nicht viel. Denn die Beweise und Zeugenaussagen, die im Laufe des Verfahrens vorgetragen wurden, sind erdrückend. So verlas Richter Ulrich Knickrehm gestern den Bericht einer gerichtsmedizinischen Untersuchung. Demnach stammt das Blut, das am Jeep der Angeklagten gefunden wurde, von ihrer Nachbarin. Auf Kameras vom Hof des Opfers ist zu sehen, wie die Angeklagten mit ihrem Jeep das Nachbargrundstück verlässt. Kurze Zeit später findet ihre Schwester die 60-Jährige schwerst verletzt und stark blutend auf dem Talweg in einem Waldstück an der Bönninghardt. Aus den Daten vom Chip des Handys der Angeklagten hatten Experten des Landeskriminalamts ein Bewegungsprofil erstellt, aus dem folgt, dass sich das Handy zur Tatzeit am Talweg befunden hat.

Die Beschädigungen am Jeep stimmen mit den Beschädigungen am Fahrrad des Opfers überein. Und dann gibt es ja noch die Aussage der Schwester des Opfers. Sie hatte der Kammer berichtet, dass das Opfer ihr mit letzter Kraft noch am Tatort gesagt habe, dass seine Nachbarin die Täterin sei. Richter Knickrehm hat gestern betont, dass er dieser Aussage Glauben schenkt.

Der forensische Psychiater Prof. Dr. Norbert Leygraf stellte sein Gutachten zur Angeklagten vor. Sie sei in ihrer Schuldfähigkeit nicht beeinträchtigt. Auffällig sei gewesen, dass die Angeklagte keine Regung zeigte, als vor Gericht Bilder von den Verletzungen des Opfers gezeigt wurden, wohl aber ihr Schweigen brach, als es um die Nachbarschaftsstreitigkeiten ging. Wenn man die Streitigkeiten in Relation zu der Tat setzen würde, sei dies "ein Sprung von der Kreisklasse zur Champions League", so der Psychiater.

 Die Angeklagte (49) im Gespräch mit ihrem Verteidiger Dr. Michael Risch. Der forderte in seinem Plädoyer einen Freispruch.

Die Angeklagte (49) im Gespräch mit ihrem Verteidiger Dr. Michael Risch. Der forderte in seinem Plädoyer einen Freispruch.

Foto: Klaus-Dieter Stade

Für Staatsanwalt Nico Kalb steht jedenfalls fest, dass die Angeklagte heimtückisch versucht hat, ihre Nachbarin zu ermorden. So sei die Angeklagte absichtlich nicht schneller als 30 km/h gefahren, bevor sie ihre Nachbarin überrollte. "Wäre sie schneller gefahren, wäre sie bemerkt worden. Dann hätte sich das Opfer noch in Sicherheit bringen können", sagte der Staatsanwalt. Die Angeklagte sei äußerst kaltblütig vorgegangen. "Sie gingen davon aus, dass sie alles dafür getan hatten, dass ihr Opfer auf dem einsamen Waldweg sterben wird", wandte sich Kalb an die 49-Jährige, die in seinen Augen eine "beispiellose Reuelosigkeit" zeigt. Er beantragte eine Haftstrafe von 13 Jahren. Heute will die 4. Strafkammer ihr Urteil bekannt geben.

(cat)
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