Turmstipendium in Geldern Kunst mit Wasser und Papier

Geldern · Die drei Turmstipendiaten Nell Berger, Patrick Fauck und Sabine Schellhorn haben die Umgebung des Wasserturms am Bahnhof und ganz Geldern auf sich einwirken lassen. Drucke ihrer Werke sind zu kaufen.

 Patrick Fauck (Leipzig), Nell Berger (Amsterdam) und Sabine Schellhorn (Bremen) (v.l.) präsentierten am Sonntag bei der Vernissage ihre Stipendiumsarbeiten.

Patrick Fauck (Leipzig), Nell Berger (Amsterdam) und Sabine Schellhorn (Bremen) (v.l.) präsentierten am Sonntag bei der Vernissage ihre Stipendiumsarbeiten.

Foto: Norbert Prümen (nop)

Ganz oben im Turm kann man mit der Eisenbahn spielen. Eine Dampflok mit einem Waggon ist auf ein kreisrundes Gleis gestellt. Just so eine Lokomotive vielleicht, mit der während der 1920/30er Jahre Frauen aus Deutschland in die Niederlande kamen, um sich als Dienstmädchen zu verdingen. Diese historische Episode, dargestellt im Buch „Heimat in Holland“, hat Nell Berger zu ihrem Beitrag fürs Gelderner Turmstipendium inspiriert.

Auch ihre Mutter sei Dienstmädchen gewesen, erzählt die Frau aus Amsterdam. Dienen, lächeln, schön sein – all das habe sie in ihre Installation einfließen lassen. Weiß und Rot sind die Farben. In der dritten Etage des Wasserturms hängen weiße Papierbahnen raumhoch von der Decke, an die Tischdecken der die Dienstmädchen beschäftigenden gutbürgerlichen Haushalte erinnernd. Eine Kaffeekanne mit Tassen hat Nell Berger aus Papier geformt. Zwei rote Damenschuhe erklimmen die steile Leiter in den vierten Stock. Dort kleben zwei rote Sandalen an der Wand, während transparentes Papier vor den Fenstern den Raum in rötliches Licht taucht und sphärischer Gesang die Stimmen der längst verstorbenen Dienerinnen und ihrer Herrschaften ertönen lässt.

Ganz im Hier und Jetzt ist die Stipendiumsarbeit von Sabine Schellhorn angesiedelt. Die Bremerin hat 24 Tage lang in einem Tagebuch festgehalten, wie viel Gelderner Leitungswasser sie trank. Am meisten Durst hatte sie am 22. August, 4,4 Liter konsumierte sie. Der Tiefstwert von 2,9 Litern steht am 10. August zu Buche. Insgesamt kam sie auf knapp 90 Liter, die sie auf der zweiten Etage auf viele im Kreis angeordnete Gläser verteilt hat. Hierfür konnte sie sich, neben der Unterstützung durch die Stadtwerke, auf die Hilfe der Gelderner verlassen. „Die haben toll mitgemacht“, sagt sie über die Resonanz auf ihren Aufruf, Gefäße zum Wasserturm zu bringen.

Den Zusammenhang von Trink- und Abwasser hat Sabine Schellhorn mit dem Abdruck Gelderner Gullydeckel auf feuchtem dünnem Papier hergestellt. Angesichts eines darauf sichtbaren NRW-Wappens sprach ein Besucher der Vernissage Gelderns Bürgermeister Sven Kaiser an, ob nicht auch das Gelderner Stadtsiegel auf den Kanaldeckeln abgebildet werden könne.

Der runde Geburtstag des Turm­stipendiums – die Gemeinschaftsveranstaltung der Gelderner Kunstvereine KUHnst Turm Niederrhein, Kunstverein Gelderland und Freizeit-Künstler Geldern erlebt seine 20. Auflage – hat Patrick Fauck von seiner ursprünglichen Planung abgebracht. Der Leipziger wollte nichts machen, was mit dem Turm und Geldern zu tun hat. Doch dann sorgte die alte Tiefdruckpresse vom KUHnst Turm-Vorsitzenden Peter Busch dafür, dass Fauck 20 Jubiläumsdrucke vom Wasserturm anfertigte, von denen zehn für 50 Euro pro Stück verkauft werden. Zwischen 150 und 500 Euro liegen die übrigen Exponate. Jeweils Unikate sind die großen bunten Formate „Achterbahn“ und „Horror vacui“. Das ganze Leben fasst Fauck in „Das A und O“ zusammen: Er zeigt einen Babykopf und einen Totenschädel.

„So ein Stipendium an solch einem Ort ist eine tolle Sache und muss erhalten bleiben“, meint der Leipziger. Da widerprachen seine beiden Mitstipendiatinnen nicht. „Es waren vier gute Wochen“, resümierte Busch, der einmal mehr seinen Dank an die Sponsoren Sparkasse Krefeld, Stadtwerke und Stadt Geldern zum Ausdruck brachte.

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