Kriminalität Freispruch im Mordauftrag-Prozess

Ein 58-jähriger Gelderner soll laut Anklage versucht haben, einen Mithäftling mit der Ermordung zweier Staatsanwälte zu beauftragen. Am Mittwoch wurde der Angeklagte am Landgericht Kleve von dem Vorwurf freigesprochen.

 Der Angeklagte aus Geldern (hier eine Aufnahme aus dem Schlüsseldienst-Prozess 2018) wurde vom Vorwurf des Mordauftrags freigesprochen.

Der Angeklagte aus Geldern (hier eine Aufnahme aus dem Schlüsseldienst-Prozess 2018) wurde vom Vorwurf des Mordauftrags freigesprochen.

Foto: evers/Gottfried Evers

Seit fast drei Jahren befindet sich ein heute 58-jähriger Gelderner Unternehmer in Untersuchungshaft. 2016 wurde er festgenommen, weil das Schlüsseldienst­unternehmen, in das er involviert war, bundesweit Wirtschaftsstraftaten begangen haben soll.

Im Januar 2018 begann der Prozess gegen ihn, im August 2018 folgte die Verurteilung: Sechseinhalb Jahre Freiheitsstrafe bekam der Gelderner wegen Steuerhinterziehung in 100 Fällen, wegen des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 404 Fällen und des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs.

Seine Verteidigung legte Revision ein – die Sache liegt derzeit beim Bundesgerichtshof.

Noch während der Schlüsseldienstverhandlung aber erschütterte im Juni 2018 ein weiterer Vorwurf die Prozessbeteiligten. Ein Vorwurf, der nun am Klever Landgericht verhandelt worden ist: Der Gelderner, der sich damals in der JVA Kleve in Untersuchungshaft befand, soll versucht haben, einen Mithäftling mit der Ermordung zweier am Schlüsseldienstprozess beteiligter Staatsanwälte zu beauftragen. Motiv soll gewesen sein, dass die Staatsanwaltschaft auch gegen den Sohn des Angeklagten ermittelte.

30.000 Euro soll der Gelderner dem niederländischen Mithäftling für den Mordanschlag geboten haben, ihm Bilder des verantwortlichen Staatsanwaltes gezeigt und auch einen Termin vorgeschlagen haben: Einen Tag Ende Juni, an dem der leitende Staatsanwalt – wohl in Begleitung seiner mutmaßlich ebenfalls markierten Kollegin – zu Fuß zum Schlüsseldienstprozess im Klever Landgericht gehen würde.

Zur Anklage ist es gekommen, weil sich der niederländische Mithäftling an Ermittler wandte und das mutmaßliche Mordkomplott offenbarte. Nur zum Schein habe er den Auftrag entgegengenommen, soll der Mithäftling laut Vernehmungsprotokoll erklärt haben. Gleichzeitig habe der Niederländer, der selbst wegen des Raubüberfalls auf einen Emmericher Rentner mehr als sechs Jahre verbüßt, Bedingungen genannt: Wenn er gegen den Gelderner Unternehmer aussagt, wolle er eine Strafminderung, eine finanzielle Leistung und eine Haftverlegung in die Niederlande.

Einzig die Verlegung in die Niederlande erfolgte – und führte am Mittwoch im Gerichtssaal zu technischen Schwierigkeiten: Der Hauptzeuge musste nämlich aus Kleve per Videoübertragung im Nachbarland vernommen werden, weil er sich einer Überführung zum Landgericht verweigerte.

So langwierig der Verbindungsaufbau war, so kurz war die Vernehmung des 34-jährigen Niederländers: Er verweigerte die Zeugenaussage, um sich nicht gegebenenfalls selbst zu belasten. Möglicherweise also, um nicht erfundene Anschuldigungen zugeben zu müssen. Letzteres hatte auch der 58-jährige Angeklagte in seiner Einlassung vermutet.

Die Staatsanwaltschaft äußerte in ihrem Plädoyer zwar Zweifel an der Einlassung des Angeklagten, beantragte aber Freispruch. Freispruch beantragten auch die drei Verteidiger.

Rechtsanwalt Thomas Heine wies in seinem Plädoyer darauf hin, dass die Anklage auf den Anschuldigungen eines „skrupellosen, gewalttätigen Verbrechers“ fuße und dass die Ermittlungen „absolut schlampig geführt“ worden seien. Nach elf Monaten unberechtigter Isolationshaft für seinen Angeklagten hätte er sich von der Klever Staatsanwaltschaft eine Entschuldigung für seinen Mandanten erhofft, so der Rechtsanwalt.

Die vierte große Strafkammer sprach den Angeklagten letztlich frei und befand, dass der Angeklagte für die Untersuchungshaft zu entschädigen sei. Der Haftbefehl im Rahmen des Mordauftragverfahrens sei aufzuheben.

Der Haftbefehl hinsichtlich des in Revision liegenden Schlüsseldienstverfahrens jedoch bleibe davon unberührt.

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