Geldern Vergewaltigungs-Vorwurf: Gelderner freigesprochen
Geldern · Ein 44-jähriger Mann aus Geldern wurde gestern am Klever Landgericht vom Vorwurf der mehrfachen Vergewaltigung freigesprochen.
Die Staatsanwaltschaft hatte dem Mann vorgeworfen, seine Nichte in einem Wohnhaus in Kerken, in dem er zusammen mit seinem Bruder und dessen Familie gemeinsam gelebt hatte, zwischen Mai und November 2012 insgesamt dreimal vergewaltigt zu haben.
Dass es zu sexuellen Handlungen zwischen dem 44-Jährigen und seiner 1996 geborenen Nichte gekommen sei, das bestritt der Angeklagte nicht. Insgesamt habe er dreimal den Geschlechtsverkehr mit seiner Nichte vollzogen - allerdings nur in gegenseitigem Einvernehmen, wie der Mann gestern dem Vorsitzenden Richter der 7. Strafkammer, Christian Henckel, schilderte. Im Februar 2013 brachte die Nichte des Angeklagten ein Kind zur Welt, dessen Vater laut DNA-Gutachten der eigene Onkel ist.
Auf die entscheidende Zeugenaussage musste die 7. Strafkammer jedoch verzichten. Die damals 15-jährige Nichte des gelernten Mechanikers erschien zwar als Zeugin, machte jedoch von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. In den Zeugenstand getreten, brachte sie auf die Fragen des Vorsitzenden kein einziges Wort über die Lippen, woraufhin dieser die Verhandlung unterbrach und zunächst versuchte, die Zeugin in einem Vorgespräch auf die Aussage vorzubereiten. Vergebens: Auch im zweiten Anlauf schwieg die Zeugin - sichtlich aufgelöst - und bestätigte auch die Frage des Richters, ob sie denn als Verwandte des Angeklagten von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen wolle, nur mit einem leichten Nicken. Bei der Polizei hatte sie zuvor zumindest spärlich über die Vorfälle berichtet, wie ein Beamter im Zeugenstand schilderte.
Der Bruder der Zeugin konnte gestern ebenfalls wenig Licht ins Dunkel bringen: Zwar erklärte er, dass er den Onkel einmal zusammen mit seiner Schwester in ihrem Bett gesehen habe - wie genau sich das Zusammensein jedoch gestaltete, konnte er nicht sagen. So blieb denn auch der Staatsanwaltschaft nichts anderes übrig, als auf Freispruch zu plädieren, ebenso wie die Verteidigung. Lange dauerte die Beratung der Kammer nach den Plädoyers nicht - nach gut 15 Minuten verkündete Henckel das Urteil: Freispruch. "Eines werden sie sich aber sicherlich sagen lassen müssen: Das war eine ziemliche Schweinerei", so der Richter in seinen abschließenden Ausführungen.
Das im Februar 2013 geborene Kind der Zeugin lebt inkognito in einer Pflegefamilie. Eine Beamtin des Jugendamtes schilderte gestern, dass das Kind der Familie mit Hilfe der Polizei bereits im Krankenhaus weggenommen wurde - aufgrund der "Bedrohlichkeit der Situation".