Geldern Ulrich Janssen setzt sich zur Wehr

Geldern · Bürgermeister Ulrich Janssen weist in einem Brief an die Gelderner CDU-Mitglieder alle Anschuldigungen von sich. Die Daten seiner Facebook-Umfrage zum Kapuziner-Karree müssten gefälscht sein. Auch der Presse macht er Vorwürfe.

 Facebook-Tohuwabohu im Rathaus?

Facebook-Tohuwabohu im Rathaus?

Foto: seyb/archiv

Ein dreiseitiges Schreiben mit vielen Rechtfertigungen, Vorwürfen und stellenweise irritierenden Interpretationen technischer Details hat Bürgermeister Ulrich Janssen gestern früh herumgeschickt. Die Mail ging an alle Gelderner CDU-Mitglieder und weitere Kreise. Seine Kernbotschaft: "Ich habe keine Beeinflussung vorgenommen."

 Bürgermeister Ulrich Janssen weist in einem Brief an die Gelderner CDU-Mitglieder alle Anschuldigungen von sich.

Bürgermeister Ulrich Janssen weist in einem Brief an die Gelderner CDU-Mitglieder alle Anschuldigungen von sich.

Foto: seyb/archiv

Bei Janssens Facebook-Umfrage zum Kapuziner-Karrree war bekanntlich bis Donnerstag 213 Mal von seinem eigenen Facebook-Account aus geklickt worden.

Janssen argumentiert, seine dienstlich gebrauchten IP-Adressen würden schließlich durch sehr viele Mitarbeiter der Verwaltung genutzt. Und das stimmt auch. Denn die Rechner der Stadtverwaltung gehen nicht "direkt" ins Internet, sondern über Server des Kommunalen Rechenzentrums. Dadurch teilen sie deren IP-Adressen. Also, so Janssen, könnten kommunale Mitarbeiter irgendwo in der Region abgestimmt und dabei eine der ihm "zugeordneten" Adressen hinterlassen haben.

Der springende Punkt ist nur: Die IP-Adressen sind gar nicht ausschlaggebend. Die 213 beanstandeten Stimmen wurden über Janssens Facebook-Account abgegeben, unter seinem Namen, mit seiner Mailadresse. Das heißt: Die betreffenden kommunalen Mitarbeiter müssten sich zum Zwecke der Abstimmung auch in seinen Facebook-Account gehackt haben. Denn, so betont Janssen: Er habe zwar andere über seinen Account abstimmen lassen, aber keinesfalls 200 Personen.

Wie Spezialisten ihm erläutert hätten, "kann man mit ganz einfachen Mitteln in ein fremdes Facebook-Konto kommen, ohne dass der Inhaber des Kontos etwas merkt", führt er aus.

Auf Anfrage der Rheinischen Post, ob er unter diesen Umständen Anzeige erstatten wolle, erklärte er schriftlich: "Die Erstattung einer Anzeige wird ebenfalls geprüft, setzt jedoch die Feststellung weiterer Tatsachen voraus." Das gelte auch für mögliche Tatbestände "der Beleidigung, der üblen Nachrede und Verleumdung sowie der möglichen Verletzung des Urheberrechts oder auch für den Missbrauch von Daten". Letzteres dürfte als Spitze gegen die Presse selbst zu verstehen sein. Janssen meint in seinem Brief an die Partei, die Presse habe "geschickt nicht vollständige Tatsachen mit Wertungen" verbunden.

Wiederholt behauptet er auch, die der RP vorliegende Ergebnisliste der Facebook-Umfrage sei irgendwie "illegal beschafft worden". Später deutet er an, sie könnte auch überhaupt gefälscht sein: "Wer eine Excel-Datei hat, kann leere Felder beliebig ausfüllen."

Tatsächlich war die detaillierte Ergebnisliste direkt über Facebook abrufbar. Dritte hatten auf die der RP vorliegende Liste keinen Zugriff.

Direkt gegenüber der Rheinischen Post bekräftigt Janssen: "Ich möchte nochmals in aller Deutlichkeit zum Ausdruck bringen, dass ich keinesfalls 200 Bewertungen selbst vorgenommen habe."

In seinem Rundschreiben drischt er nach allgemeiner Medienschelte auch auf die SPD ein. Diese arbeite "mit den gleichen Methoden".

Der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Stefan Wolters reagierte gestern weiter zurückhaltend. Die Parteimitglieder nähmen die Sache ernst: "Die Leute fragen danach und erwarten eine Antwort, die sie dann auch verstehen." Man werde mit Janssen sprechen und sich tiefergehend kundig machen, "damit wir nichts übersehen, nichts falsch machen und alle Beteiligten anhören".

Janssen selbst kann der Affäre etwas Nützliches abgewinnen, wie er in seinem Schreiben offenbart. Die Menschen öffneten sich auf Facebook so sehr, "dass ich nun auch weiß, wer grundsätzlich so eingestellt ist, dass man selbst am Stand am Markt nicht die Zeit verschwenden sollte".

(RP)
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