Susanne Derrix aus Nieukerk Neues Leben für alte Dinge

NIEUKERK · Die Nieukerkerin Susanne Derrix sammelt leidenschaftlich. Um die Fundstücke anschließend wiederzuverwerten, also neudeutsch zu upcyceln, gibt sie ihnen eine neue Funktion. „Die Sachenmacherin“, so nennt sie sich selbst.

 Die Kugelbahn aus ganz vielen Reststücken funktioniert wirklich und bereitet den Enkelkindern Freude.

Die Kugelbahn aus ganz vielen Reststücken funktioniert wirklich und bereitet den Enkelkindern Freude.

Foto: Monika Kriegel

Susanne Derrix sammelt leidenschaftlich Dinge. Um sie anschließend wiederzuverwerten, also neudeutsch zu Upcyceln, also sie gibt ihnen eine neue Funktion. „Die Sachenmacherin“, wie sie sich nennt, haucht den Dingen auf ihre Art ein zweites Leben ein. Bestenfalls wird aus alten Gebrauchsgegenständen Dekoration für Garten und Haus, oder sie dienen als symbolisches Geschenk oder werden zur Grußkarte verarbeitet. Ein Gedeck mit Sammeltassen füllt jetzt als Etagere Gebäck und Pralinen. Hier ein wenig Keramik an ein Stück Treibholz, und schon stet eine Stele im Gartenbeet. Sogar Alte, eingetrocknete Pinsel bekommen einen Anstrich, dass sie wie lustige Gesichter verschmitzt auf alle Gäste blicken, die ihr Domizil in Nieukerk über den Hofeingang betreten.

„Ich habe immer schon gerne gewerkelt, gebastelt und mich neugierig den Dingen gewidmet. Das habe ich von meinem verstorbenen Vater Helmut oder meine Tante. Irgendwie leben meine Verwandten weiter in einzelnen Stücken, die sie früher benutzt haben, und die ich umgewidmet habe“, sagt die dreifache Mutter und Großmutter. Sie lässt sich von Geschichten um die Objekte und Funktionen inspirieren, wenn sie beispielsweise Dinge aus Haushaltsauflösungen bekommt. „Eine Frau schenkte mir jede Menge Herrentaschentücher ihres verstorbenen Vaters. Hervorragender Stoff übrigens, aus dem ich Kosmetiktaschen genäht habe. Eine davon habe ich ihr zurückgegeben, und so hat sie auf andere Weise eine Erinnerung an ihren Vater bewahrt. Sie war sehr dankbar dafür.“

Auf der Terrasse der Familie Derrix dienen ehemalige Fleischwölfe inzwischen als Pflanzentopf. „Dies hier ist die Kugelbahn für meine Enkelkinder. Eine Bekannte fragte mich beim Anblick des Objekts, ob wir gerade die Küche renovieren. Etwas skurril, aber die funktioniert“, erklärt die 59-Jährige, beweist dies mit einer Murmel, die scheppernd herunterrollt, klickernd am Ende in den Auffangbehälter purzelt.

Bekommt Susanne Derrix etwas überreicht, so aktiviert sie über die Geschichte dazu gleich ihre Kreativität. Oft wird sich mit Arbeiten für symbolische Geschenke, etwa zur Hochzeit oder zum Geburtstag beauftragt. Hölzer, Steine, Glasscherben, Muscheln, Stoff, Papier, Kunststoff – kein Material setzt ihrem Einfallsreichtum Grenzen, alles wird verwertet. Manchmal noch zwischengelagert in der Garage, zu der kein Fremder Zutritt hat. „Sieht unaufgeräumt aus, aber alles hat eine Ordnung. Meine“, beschreibt sie das Chaos. Zur Not greift sie zum Schweißbrenner, um das eine oder andere Objekt zu löten. „Im Garten steht „der Wächter“, meine erste Metallarbeit. Anderes Beispiel? Es lagen von meinem Sohn alte Cola-Dosen herum, die ich zu Engelsflügeln verarbeitet habe. Ich bekam Kittelschützen von einer Metzgerei hier in Nieukerk, die geschlossen hat. Aus dem rot-weiß gestreiften Material wurden Kosmetiktaschen. Von der Auflösung der Grundschule in Schaephuysen habe ich alte Unterrichtskarten. Die habe ich zu Einkaufstaschen zusammengenäht“, zählt die Künstlerin auf, dass praktisch nichts vor ihr sicher ist. Sie setzt auf diese Art ein Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft.

Nicht einmal alte Fensterumschläge, auf die hinter den Sichtfenstern Muster eingeprägt sind, kommen in den Papierkorb. „Freunde sammeln die Umschläge. Unglaublich, wie viele unterschiedliche schwarz-weiß Muster es gibt.“ Susanne Derrix schneidet sie aus, formt daraus Buchstaben für eine Grußkarten. Andere Karten hübscht sie mit Nagellackresten auf oder mit aufgeklebten Stoffresten.

 Früher waren sie alle einmal ein Küchenwolf, heute dienen die Metallgeräte als Blumentopf.

Früher waren sie alle einmal ein Küchenwolf, heute dienen die Metallgeräte als Blumentopf.

Foto: Monika Kriegel
 Lustige Pinselgesellen begrüßen die Besucher am Hofeingang der Familie Derrix.

Lustige Pinselgesellen begrüßen die Besucher am Hofeingang der Familie Derrix.

Foto: Monika Kriegel
 Karten von Susanne Derrix. Aus Sichtschutzmuster von Umschlägen schnitt sie die Buchstaben.

Karten von Susanne Derrix. Aus Sichtschutzmuster von Umschlägen schnitt sie die Buchstaben.

Foto: Monika Kriegel

Lange Jahre war Susanne Derrix in der Bücherei in Nieukerk ehrenamtlich aktiv, und unlängst hat sie sich auch vom Montagschor verabschiedet. „Ich sehe es heute als Geschenk an, endlich Zeit für die Dinge zu haben, die ich gerne macht“, konzentriert sich die Nieukerkerin ganz auf Hobby und Familie. „Die Preise sind nicht ganz so wichtig. Ich erfreue mich mehr, wenn Menschen kommen, und sich was Schönes gönnen und sich daran erfreuen, auch ohne großes Budget.“ Upcyceln macht es möglich Eine Anerkennung und Wertschätzung, dass aus Ausrangiertem etwas Neues geschaffen wurde.

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