Veranstaltung mit Franziska Schreiber Die Suche nach Rezepten gegen Rechtspopulismus

Populisten interessieren sich nicht für kommunale Politik, erklärt AfD-Aussteigerin Franziska Schreiber. Diese Tatsache stellt die Abgeordneten der Kreistage vor neue Herausforderungen. SPD-Abgeordnete des Kreisverbandes Kleve erhalten Tipps zum Umgang mit Rechtspopulismus.

 Die AfD-Aussteigerin Franziska Schreiber sprach im Rahmen einer Veranstaltung im Gelderner Seehotel über den Umgang mit Rechtspopulisten.

Die AfD-Aussteigerin Franziska Schreiber sprach im Rahmen einer Veranstaltung im Gelderner Seehotel über den Umgang mit Rechtspopulisten.

Foto: Europa Verlag

Ein neuer Politikstil erobert auch die kommunale Ebene. Nicht nur Funktionäre populistischer Parteien, sondern auch einige Bürger aus der Mitte der Gesellschaft tragen populistische Äußerungen an die etablierten Parteien heran. Viele Abgeordnete aus den Kreistagen wissen nicht, wie sie mit dem neuen Phänomen umgehen sollen.

Franziska Schreiber, die ehemalige Vorsitzende der Jungen Alternative und Publizistin des Spiegel-Bestsellers „Inside AfD“, gab den kommunalen SPD-Politikern bei einer Veranstaltung der Partei im Gelderner Seehotel Tipps zum Umgang mit Rechtspopulisten.

Schreiber erlebte zwischen 2013 und 2017 den Aufstieg und Wandel der Alternativen für Deutschland und erhielt dabei tiefe Einblicke in die Strukturen der Partei. Durch den zunehmenden Rechtsruck und einige misslungene Versuche zur Kurskorrektur entschied sie sich eine Woche vor der Bundestagswahl 2017 für einen Parteiaustritt.

Im Rahmen der Veranstaltung „Populistischen Parolen Paroli bieten“ der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik NRW (SGK) las die 28-Jährige Passagen aus ihrem Buch vor und stand für Fragen zur Verfügung. Hermann-Josef Eicker, Vorsitzender des Kreisverbandes Kleve der SGK, moderierte die Veranstaltung. Seine Ausgangsfrage lautete: „Wie kommen wir in der Kommunalpolitik mit dem Populismus zurecht?“

Während beispielsweise über eine Beschlussvorlage zur Errichtung einer Windkraftanlage im Kreis Kleve diskutiert wurde, führte ein Rechtspopulist an: „Den Klimawandel gibt es nicht.“ Hier fehlt für Thorsten Rupp, Geschäftsführer der SPD-Kreistagsfraktion, die gemeinsame Gesprächsbasis für einen Diskurs. Wie solle man auf derartige Wortbeiträge reagieren?

Schreiber bestätigte das geschilderte Phänomen und wies darauf hin, dass Rechtspopulisten nicht an kommunalpolitischen Debatten interessiert seien. Das Interesse, in dem bestehenden politischen System etwas zu verändern, sei bei jenen AfD-Abgeordneten nicht vorhanden, so die 28-Jährige. Lediglich große politische Systemfragen seien für Rechtspopulisten relevant. Deswegen habe die AfD auch vielerorts Schwierigkeiten, Funktionäre auf kommunaler Ebene zu aktivieren. Ihr Tipp: Man solle derartige Wortbeiträge in den Kreistagen behandeln, als seien sie nützlich für die politische Debatte. Eine freundliche und sachliche Gegenargumentation, die das Gesagte in die Absurdität führt, sei das beste Instrument.

Es sei hierbei äußerst wichtig, den Rechtspopulisten genauso zu behandeln wie alle anderen Abgeordneten. Sonst heiße es wieder: Das „Establishment“ und die „Altparteien“ stehen geschlossen gegen die AfD. Genau das spiele Populisten in die Karten.

Auch kam die Frage auf, womit Abgeordnete der NRW-Kreistage zukünftig im Hinblick auf die Entwicklung der AfD rechnen müssen. Schreiber geht davon aus, dass die nordrhein-westfälische AfD den Eindruck vermitteln wolle, keine rechtsradikale Partei zu sein. Beispielhafte rechtsradikale Äußerungen von hochrangigen AfD-Funktionären wie Björn Höcke würden vermutlich als Ausnahmefälle und Ausrutscher deklariert. Die AfD werde darüber hinaus im Kommunalwahlkampf auch weiterhin wenige Ressourcen zur Verfügung haben, vermutet Schreiber. Die Finanzmittel zur Parteifinanzierung fließen nämlich überwiegend in die Landes- und Bundespolitik. Dorthin, wo die großen politischen Fragen debattiert werden.

Auch gebe es landestypische Unterschiede innerhalb der Partei. Nordrhein-Westfalen nehme eine Sonderstellung in Deutschland ein. In NRW finde die „Höcke-Radikalisierung“, so Schreiber, derzeit keine Mehrheit innerhalb der AfD-Fraktion. Der sogenannte Flügel – eine als völkisch und nationalistisch eingestufte Gruppierung – sei jedoch in fast allen anderen Bundesländern die dominante Strömung innerhalb der Partei. Höcke entscheide schon heute darüber, wie die Dinge innerhalb der AfD laufen, erklärt sie.

AUTOR CHRISTIAN KASPERS

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