Auszeichnung aus Straelen Übersetzerpreise gehen an Oeser und Hansen

Straelen · Gewürdigt werden die Übersetzungen der Romane „Tage ohne Ende“ und „Zwei Brüder“ aus dem Englischen beziehungsweise Französischen. Die Überreichung in Straelen fällt wohl aus.

 André Hansen bekommt den Förderpreis 2020.

André Hansen bekommt den Förderpreis 2020.

Foto: Marcel Wolf

Hans-Christian Oeser und André Hansen sind die beiden Träger des Straelener Übersetzerpreises 2020 der Kunststiftung NRW. Oeser bekommt den Übersetzerpreis für seine Übersetzung von Sebastian Barrys Roman „Tage ohne Ende“ aus dem Englischen. Der mit 25.000 Euro dotierte Hauptpreis würdigt zugleich Oesers übersetzerisches Lebenswerk, zu dem unter anderem Übersetzungen von Autoren wie Maeve Brennan, Christopher Isherwood und Mark Twain gehören. Der mit 5000 Euro dotierte Förderpreis zum Straelener Übersetzerpreis geht an André Hansen für seine Übersetzung des Romans „Zwei Brüder“ von Mahir Guven aus dem Französischen.

In Sebastian Barrys Roman erleben der Erzähler Thomas McNulty, ein irischer Einwanderer, und sein Freund und Partner John Cole als Soldaten im amerikanischen Bürgerkrieg und in den Indianerkriegen exzessive Grausamkeit und existenzielle Verlorenheit. Für diese brutal-poetische Ich-Aussprache, gehalten in einem scheinbar mündlichen Kunstidiom, findet Hans-Christian Oeser nach dem Urteil der Jury in seiner Übersetzung einen dynamischen Stil von großer Musikalität, oszillierend zwischen sarkastischer Lakonie, treffender Härte und zartester Lyrik, der immer wieder Menschlichkeit aufscheinen lässt.

Bei Hansen überzeugte die Jury vor allem seine mutige und einfallsreiche Übertragung umgangssprachlicher Register. In den beiden Erzählstimmen der titelgebenden Brüder mischen sich diverse migrantisch geprägte Substrate, von religiösen Diskursen über Jugendsprache und Taxifahrer-Jargon bis hin zum Rap. Hansens Übersetzung gebe diese Stimmen glaubwürdig und geschmeidig wieder.

Die Verleihung des Übersetzerpreises findet normalerweise im Juni im Europäischen Übersetzer-Kollegium (EÜK) in Straelen statt. Wie dort am Montag zu erfahren war, fällt diese Veranstaltung in diesem Jahr mit hoher Wahrscheinlichkeit aus. Grund ist die Corona-Pandemie. Es sei auch noch offen, ob die Kunststiftung eventuell gegen Ende des Jahres einen Termin ansetzt.

Die Überzeugung, dass nur gelungene Übersetzungen literarischer Texte die Begegnung mit Weltliteratur, die Einfühlung in das Fremde und einen internationalen Kulturtransfer ermöglichen, hat die Kunststiftung im Jahr 2001 bewogen, in Kooperation mit dem EÜK in Straelen den mit 25.000 Euro dotierten Straelener Übersetzerpreis ins Leben zu rufen. Er zeichnet neben herausragenden Literaturübersetzungen zugleich das Lebenswerk der Übersetzerin oder des Übersetzers aus und gehört zu den höchstdotierten Literaturpreisen im deutschsprachigen Raum. Seit 2012 vergibt die Stiftung zusätzlich einen Förderpreis in Höhe von 5000 Euro.

Darüber hinaus fördert die Kunststiftung NRW Aufenthaltsstipendien im EÜK und finanziert die Straelener Atriumsgespräche zwischen Autoren und ihren Übersetzern. Seit 2014 ermöglicht sie auch eine individuelle Förderung von Übersetzern und ihrer Übersetzungen.

Das Europäische Übersetzer-Kollegium (EÜK) Nordrhein-Westfalen in Straelen ist das weltweit erste und größte internationale Arbeitszentrum für professionelle Literatur- und Sachbuch-Übersetzerinnen und -Übersetzer. Seit der Gründung im Jahr 1978 ist es das erklärte Ziel des EÜK, durch Kooperationen wie mit der Kunststiftung NRW in seiner Vorreiterrolle als Kompetenzzentrum für den sprachgebundenen Wissens- und Kulturaustausch die Wichtigkeit der Literaturübersetzung zu untermauern, die öffentliche Wertschätzung und Anerkennung der Übersetzerinnen und Übersetzer zu fördern und die kulturelle Verständigungsleistung zu vermitteln, die Literaturübersetzerinnen und -übersetzer für die internationale Literatur und Kultur erbringen.

1985 zog das EÜK von dem Provisorium in der Mühlenstraße um in sein heutiges, aus fünf ehemaligen Wohnhäusern bestehendes Domizil an der Kuhstraße 15-17. Es wurde im Mai 1992 um ein benachbartes sechstes Haus erweitert. Für Übersetzer aus der ganzen Welt stehen auf mehr als 2500 Quadratmetern Wohnfläche 30 komplett eingerichtete Appartements zum Wohnen und Arbeiten bereit. Herzstück des EÜK ist die Bibliothek mit 125.000 Bänden. Es gibt Computer in jedem Appartement und ein drahtloses Netzwerk.

www.kunststiftung-nrw.de

www.euk-straelen.de

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