Wachtendonk Stadtgraben wird wieder Wassergraben

Wachtendonk · Die Gemeinde Wachtendonk, der Wasser- und Bodenverband der Mittleren Niers und das Rheinische Amt für Bodendenkmalpflege wollen das Gewässer reaktivieren. Rammkernsondierungen sollen die Dimension ermitteln.

 Auf der Karte von 1649 (links oben) sind unten rechts noch die Reste der geschleiften Burg zu erkennen. Die Karte von 1813 (links unten) ist maßstäblich gezeichnet worden. Auf der Luftaufnahme von 2017 wird deutlich, wie nah die Bebauung dem Stadtgraben an manchen Stellen gerückt ist.

Auf der Karte von 1649 (links oben) sind unten rechts noch die Reste der geschleiften Burg zu erkennen. Die Karte von 1813 (links unten) ist maßstäblich gezeichnet worden. Auf der Luftaufnahme von 2017 wird deutlich, wie nah die Bebauung dem Stadtgraben an manchen Stellen gerückt ist.

Foto: Wasser- und Bodenverband

Für Wachtendonks Bürgermeister Hans-Josef Aengenendt ist es die große Chance, den historischen Ortskern noch attraktiver zu machen und damit zusätzliche Touristen anzulocken. Auch der Planungsausschuss nahm das Vorhaben in seiner jüngsten Sitzung erfreut zur Kenntnis. Es geht darum, den Stadtgraben dauerhaft mit Wasser zu füllen und damit als Bodendenkmal wahrnehmbarer zu machen.

Denn genau als das stuft das Rheinische Amt für Bodendenkmalpflege den rund 1,4 Kilometer langen Graben rund um den Wachtendonker Ortskern ein. Diese Behörde mit Sitz in Bonn ist bei diesem Projekt mit im Boot. Die meiste Arbeit kommt dabei auf den Wasser- und Bodenverband der Mittleren Niers zu, wie dessen Geschäftsführer Christoph Rüber gegenüber der RP erläuterte. "Bürgermeister Aengenendt ist im vergangenen Jahr an uns herangetreten", schildert er die erste Kontaktaufnahme. Schon vor Jahren war die Bewässerung des Stadtgrabens ein Thema, ohne dass dieses Problem gelöst worden wäre.

Auf alten Karten ist zu erkennen, wie sich die Verhältnisse über die Jahrhunderte geändert haben. So floss die Niers um 1560 wohl vollständig um Wachtendonk herum, das sich damals in einer Insellage befand. Mit dem Festungsbau sei, so Rüber, der Nebenarm in das Bauwerk integriert worden. Nachdem die Festung 1607 geschleift worden war, blieb deren Grundriss durch den Nebenarm gut erkennbar. Weil Wasser sich immer den kürzesten Weg sucht, verlandete der Stadtgraben mehr und mehr, Buckel und Tallagen bremsten das wenige Wasser, das von der Niers noch abfloss, zusätzlich ab. Laub fiel ins Wasser, zersetzte sich und trug zur Verschlammung samt üblem Geruch bei. Am Einlauf südlich der Burgruine liegt die Sohle des Stadtgrabens über der der Niers.

Eigentlich müsste der Stadtgraben nachhaltig entschlammt werden. Das ist aber laut Rüber aus mehreren Gründen nicht möglich. "Es käme zu Geruchsbelästigungen, es ist zu wenig Platz, um den Schlamm abzulegen, und 40 Prozent des Grabens müsste man per Schaufel entschlammen."

Um den Graben dauerhaft mit Wasser zu füllen, muss sein Niveau gesenkt werden. Für die natürliche Anbindung am Ober- und Unterlauf der Niers haben das Einlaufpumpwerk im Süden und das Wehr am Auslauf im Norden zu verschwinden. Der Einbau eines "Strömungslenkers" soll das Abfließen eines Teils des Nierswassers fördern.

Doch zunächst gilt es, das Hauptproblem zu lösen. Das sei, so Rüber, die historisch möglichst genaue Nachbildung des Stadtgrabens. "Die markante Linienführung gemahnt an die niederländische Festung während des 80-jährigen Krieges gegen die Spanier. Bei niederländischen Festungen waren die Gräben üblicherweise zwischen zehn und 40 Meter breit. Wir wissen aber nicht, wie breit und tief er in Wachtendonk war."

Orientierungshilfe gibt eine französische Karte von 1813, die, anders als ihre Vorgängerinnen, maßstäblich gezeichnet ist. Gewissheit sollen Rammkernsondierungen bringen, die der Wasser- und Bodenverband der Mittleren Niers gemeinsam mit den Bodendenkmalpflegern aus Bonn Anfang 2018 durchführen will. Dabei ziehen Bohrkerne Bodenprofile, die von Archäologen ausgewertet werden.

Wie Rüber angab, will das Bodendenkmalamt den einstigen Festungsverlauf nachempfinden und dabei den Graben so breit wie einst machen, wobei allerdings bei der Ausschachtung die historische Bodenschicht nicht zerstört werden darf. Die ursprüngliche Breite wird sich jedoch nicht an allen Stellen realisieren lassen, zum Beispiel dort, wo die Bebauung nah am Graben ist.

"Es steht fest, dass die Wassermenge nicht ausreicht, um den Graben komplett dauerhaft zu füllen. Aber das ist auch historisch so gewesen", blickt Rüber nach vorne. Es werde voraussichtlich eine Aue mit einem Bach in der Mitte entstehen, die nur bei Hochwasser überschwemmt wird. Sonst stehe sie durch einen Rundweg für die Freizeitnutzung offen. "Und von dort hat der Besucher eine Sicht auf die Stadt, wie sie früher die Angreifer hatten."

Der Unterhalt wird Sache des Wasser- und Bodenverbandes der Mittleren Niers sein. Fördermittel vom Land Nordrhein-Westfalen sind laut Rüber für die Finanzierung denkbar.

(RP)
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