Fußball-Oberliga Die Servicekraft im defensiven Mittelfeld
Straelen · Der Südkoreaner Isaac Kang ist aus der jungen Mannschaft des SV Straelen schon nicht mehr wegzudenken. Trainer Sunay Acar hält große Stücke auf den 25-Jährigen. Am Sonntag geht’s gegen Hamborn 07.
Nach dem 3:0-Erfolg am Mittwoch beim Landesligisten TuRU Düsseldorf und dem damit verbundenen Einzug ins Achtelfinale um den Niederrhein-Pokal steht für den SV Straelen am Sonntag wieder der Liga-Alltag auf dem Programm. Im Stadion an der Römerstraße stellen sich die Sportfreunde aus Hamborn vor. Anpfiff der Begegnung ist um 15 Uhr.
Der Traditionsverein aus Duisburg blickt auf einen sehr durchwachsenen Saisonstart zurück. Die Mannschaft hat aus sieben Spielen gerade einmal fünf Punkte geholt und steht in der Tabelle auf dem vorletzten Platz. Gründe, den Gegner deshalb auf die leichte Schulter zu nehmen, sind keine vorhanden. Als Beweis dient der 1:0-Sieg der „Löwen“ am Mittwoch im Pokal gegen den starken Ligarivalen VfB Hilden.
Nach der unglücklichen 3:4-Niederlage in der Krefelder Grotenburg ist für den SV Straelen ein Sieg Pflicht, um in Schlagdistanz mit der Tabellenspitze zu bleiben und die ambitionierten Ziele weiter verfolgen zu können. Dabei helfen wird mit Sicherheit Mittelfeldspieler Isaac Kang.
Geboren und aufgewachsen ist der 25-jährige Südkoreaner in der Millionenstadt Yongin, südlich von Seoul. In seiner Heimatstadt durchlief er das Fußball-Internat des dort ansässigen Fußball-Vereins „Yongin Ravens“, das eher einem Aufenthalt in einer Kaserne glich. Die jugendlichen Spieler schliefen gemeinsam in einem großen Schlafraum, nahmen in kargen Speisesälen ihre Mahlzeiten ein und hockten Tag und Nacht zusammen. Zu ihren Familien kamen sie selten. Es war sehr streng, fast schon militärisch, der Ton der Trainer war äußerst rau. Mit 18 Jahren hatte der talentierte Kicker die Nase voll, er wollte einfach nur weg und etwas anderes probieren. Sein Co-Trainer war Brasilianer und stellte für ihn den Kontakt nach Südamerika her. Alleine flog er einmal um den halben Erdball und spielte in Brasilien bei Londrina EC – ganz nebenbei der frühere Klub vom ehemaligen Bayern-Star Giovane Elber – und Rio Branco FC in der vierten und zweiten Liga. „Am Anfang war es sehr hart für mich. Aber ich habe gut gespielt, deshalb mochten die Leute mich. Doch das Leben in Brasilien war einfach zu teuer für mich“, sagt Kang, der nach zweieinhalb Jahren die Zelte wieder abbrach. Urlaub hatte er in der ganzen Zeit nicht gemacht. Er wollte nach Europa und landete in Deutschland. Einen Einstieg in den Fußball fand er Anfang 2019 beim Landesligisten MSV Düsseldorf und wechselte von dort für drei Jahre in die Oberliga zum VfB Hilden. „Isaac ist mir schon in der vergangenen Saison positiv aufgefallen. Als klar war, dass ich Trainer in Straelen werde, habe ich ihn noch ein paar Mal beobachten lassen und verpflichten können“, sagt Sunay Acar.
Vornehme Zurückhaltung ist ein Teil der asiatischen Kultur. Diese legt der junge Südkoreaner auf dem Rasen allerdings ab. Als gesetzter Spieler im Mittelfeld hat er sich an der Römerstraße bereits in den Vordergrund gespielt. „Isaac arbeitet auch im Training fleißig, ist zweikampfstark und besitzt eine hohe Spielintelligenz. Auf der Sechs, Acht oder Zehn kann er alles spielen, am stärksten finde ich ihn auf der Sechs“, so Acar.
Beim SV Straelen lässt sich nicht so viel verdienen, um allein vom Kicken den Lebensunterhalt bestreiten zu können. Deshalb ist Isaac Kang nicht nur im gelben Trikot als Servicekraft im Einsatz, sondern auch in einem koreanischen Café in Düsseldorf, wo er sich gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder eine Wohnung teilt. „In Straelen läuft alles gut. Am Anfang war es schwierig mit den vielen neuen Spielern. Aber wir haben in der Vorbereitung gut zusammengearbeitet. Alles wird immer besser“, sagt er in einem recht passablen Deutsch.
Sein Ziel ist es – wie könnte es für einen ehrgeizigen jungen Mann auch anders sein – mit dem SV Straelen in die Regionalliga aufzusteigen. Im Erfolgsfall ist es nicht sicher, ob er davon profitieren kann. Neben Bildung, Arbeit und der Entrichtung von Steuern wird in der Verfassung von Südkorea der Wehrdienst als eine von vier Verpflichtungen des Staatsbürgers genannt. Sein Musterungstermin steht bereits fest. Nach der Saison darf er sich in seiner Heimat beim Militär vorstellen. Die Wehrzeit beträgt eineinhalb Jahre.