Sportschießen Anna Janssen verpasst Olympia-Ticket

Kevelaer · Bei der Europameisterschaft im kroatischen Osijek fehlen der talentierten Schützin der SSG Kevelaer nur 0,9 Ringe zum Einzug in den Endkampf der besten acht Teilnehmer. Sie belegt als beste deutsche Starterin den zwölften Platz.

 Anna Janssen von der SSG Kevelaer erzielte im letzten Durchgang nur 102,3 Ringe.

Anna Janssen von der SSG Kevelaer erzielte im letzten Durchgang nur 102,3 Ringe.

Foto: Heinz Spütz

Anna Janssen von der Schießsportgemeinschaft (SSG) Kevelaer, Deutschlands beste Luftgewehr-Schützin, hat die Chance, auf den letzten Drücker das Ticket zu den Olympischen Spiele 2021 in Tokio zu lösen, verpasst. Bei der Europameisterschaft in Osijek (Kroatien) fehlten ihr nach 60 abgegebenen Schüssen gerade einmal 0,9 Ringe, um in die Finalrunde der besten acht Teilnehmer einzuziehen und noch auf den Zug zu den Spielen in Japan aufzuspringen. Sie wurde als beste deutsche Starterin Zwölfte.

Nach fünf Durchgängen mit je zehn Schuss und einem Schnitt von 104,9 Ringen lag sie voll auf Kurs. „Ich meine, ich war auf Platz drei oder vier – ich war da auf jeden Fall sicher in der Endrunde“, sagt die Berendonkerin. Für das, was anschließend im entscheidenden sechsten Durchgang passierte, hat sie bis jetzt keine schlüssige Erklärung. Aber es macht deutlich, dass auch eine Top-Athletin wie Anna Janssen, die in der Juniorenzeit bei Welt- und Europameisterschaften über Jahre ordentlich abgeräumt und die Szene beherrscht hat, auch nur ein Mensch und keine Maschine ist. Sie erzielte 102,3 Ringe – eigentlich kein schlechtes Ergebnis. Aber bei einem Teilnehmerfeld, das auf höchstem Niveau schießt, war es einfach zu wenig, um den Traum vom Start bei den Olympischen Spielen in Erfüllung gehen zu lassen.

„Das tat so weh, so unglaublich weh“, sagt sie. „Die Schüsse flogen einfach nicht rein. Dann habe ich eine Pause gemacht und direkt wieder eine Zehn geschossen. Und im zweiten Schuss dann eine Neun. Da wusste ich: Es ist aus.“ 102,3 Ringe – eine Zahl, die ihr immer wieder durch den Kopf schießt und bei der sie sich fragt, ob sie im falschen Film gelandet sei. „So schnell wie da war ich noch nie umgezogen und aus der Halle verschwunden“, sagt sie.

An den Rahmenbedingungen habe es nicht gelegen. Es sei alles perfekt gewesen. Und die Stimmung in der Mannschaft beschreibt Anna Janssen als erstklassig. Der Bundestrainer habe nach dem Wettbewerb gemeint, dass sie zu häufig auf das Tableau mit den Zwischenständen geguckt habe. Aber das, so sagt Anna Janssen, sei „vollkommener Quatsch“. Das mache sie schon so lange, wie sie an der Schießlinie stehe. Aber woran hat es nun gelegen? „Genau kann ich die Frage nicht beantworten“, sagt die Abiturienten. Komischerweise verspürte sie vor dem Wettbewerb eine Spur von Nervosität. Beim Trockenschießen lief noch alles gut. Beim Probedurchgang tat sie sich schwer, die Zehn sauber zu treffen. „Oh, oh, wenn das mal gut geht“, habe sie gedacht. „Im letzten Durchgang habe ich mit der Waffe gewackelt. Ich musste richtig kämpfen, um die Zehn zu treffen. Irgendwie war vielleicht auch die richtige Körperspannung nicht vorhanden. Ich habe keine Ahnung“, sagt sie.

Es sei vielleicht auch eine mentale Sache gewesen. „Der Deutsche Schützenbund hat mich vor einem Jahr bestimmt nicht ohne Grund schon als Juniorin in den Seniorenkader berufen und Erwartungen in mich gesetzt. Vielleicht hat das auch eine Rolle gespielt“, sagt sie.

Zu gerne hätte die angehende Studentin gezeigt, welch hervorragende Arbeit die Schützen in Kevelaer leisten. Das wollte sie auch als Olympia-Teilnehmerin demonstrieren – doch daraus wird nun noch nichts. Aber vielleicht ist diese Erfahrung für Anna Janssen auch gleichzeitig der Anfang einer neuen Erfolgsgeschichte. Im August wird sie 20 Jahre alt und ist damit offiziell Seniorin – und die nächsten Olympischen Spiele finden schon in drei Jahren in Paris statt.

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