Lokalsport Longericher SC zeigt den Unterschied auf

Aldekerk · Mehr als 800 Zuschauer in der ausverkauften Vogteihalle waren Augenzeuge der 30:31 (11:11)-Niederlage des ATV.

 Auch der sonst so treffsichere Fabian Schneider (l.) fand in Longerichs Keeper Valentin Inzenhofer seinen Meister.

Auch der sonst so treffsichere Fabian Schneider (l.) fand in Longerichs Keeper Valentin Inzenhofer seinen Meister.

Foto: Gerhard Seybert

Mit 21:26 kehrte der Niederrheinmeister TV Aldekerk vor einer Woche aus Köln-Chorweiler zurück. Dort hatte ihm der Longericher SC im zweiten Durchgang des ersten Entscheidungsspiels um den Drittliga-Aufstieg die Grenzen aufgezeigt. Nicht allen Aldekerker Spielern zwar, aber doch ausreichend vielen, so dass der ATV einen dicken Rückstand vor sich hertrug. "Fünf Tore sind im Handball nicht viel", hatte ATV-Coach Achim Schürmann im Vorfeld des Rückspiels gesagt, "gegen den Longericher SC mit seiner sehr präsenten ersten Sieben aber schon." Trotzdem glaubte man im Aldekerker Lager an diese Minimalchance, wenn ausnahmslos alle Spieler des Kaders mehr als nur ihre Normalform abrufen. Mit den Zuschauern im Rücken in einer restlos ausverkauften Vogteihalle wollten die Aldekerker die schwierige Aufgabe angehen.

 Die Aldekerker Mannschaft bedankt sich bei ihren Anhängern, die mehr als zwei Stunden lang für eine stimmungsvolle Kulisse gesorgt hatten.

Die Aldekerker Mannschaft bedankt sich bei ihren Anhängern, die mehr als zwei Stunden lang für eine stimmungsvolle Kulisse gesorgt hatten.

Foto: Seybert, Gerhard (seyb)

Was der Aldekerker Mannschaft von den dicht gefüllten Rängen an Stimmung entgegen schlug, hatte es in der jüngeren Vergangenheit so noch nicht gegeben. Eine Gruppe eingefleischter ATV-Fans hatte viele Stunden Arbeit investiert, um meterlange Transparente und Fahnen zu bauen. Zudem waren die meisten ATV-Anhänger in grünen Hemden erschienen, so dass die von der Mannschaft erhoffte "Grüne Wand" stand. Unablässig wurden Gesänge intoniert, um dem Aldekerker Team gegen einen bärenstarken Gegner Rückenstärkung zu geben.

Doch was nützt der beispiellose Support, wenn erneut einige Aldekerker Spieler unter ihrer Normalform blieben. Es war bezeichnend, dass Trainer Schürmann drei Torhüter einsetzte. Auf dieser Position hatte der Gegner im erst 23-jährigen Valentin Inzenhofer wie schon im Hinspiel einen gewaltigen Pluspunkt, der mit jeder Parade das ohnehin schon dicke Brett, das die Aldekerker zu bohren hatten, noch dicker machte. Dazu kam das Verhältnis von Aldekerker Angriffen zu verworfenen Bällen und technischen Fehlern. Schürmann nannte die Zahl von "69:39". Wenn man sich so aus der Affäre zieht, kann man ein Spiel von dieser Bedeutung nicht gewinnen. "Oder man kann auch sagen, vor diesem Hintergrund ist der Longericher SC der verdiente Aufsteiger", sagte Schürmann.

Der TV Aldekerk hatte seine stärkste Phase in den letzten fünf Minuten vor der Halbzeit, als die Mannschaft sich mit einer 4:0-Serie auf 11:11 herankämpfte. Doch kaum lief das Spiel wieder, geriet der ATV erneut schnell in Rückstand. Er kam zwar noch einmal heran, konnte aber selbst aus Überzahlsituationen mit zum Teil dummen Abschlüssen kein Kapital schlagen. Als sich die Gäste, die nicht mehr taten als bei einem Polster von fünf Toren nötig war, innenhalb weniger Minuten auf 21:17 (45.) absetzten, war das Spiel vorentschieden. Dem ATV gelang es noch einmal, auf ein Tor heranzukommen. Doch zwei, drei LSC-Angriffe später war auch diese Aufholjagd bereits wieder gekontert. Am Ende verloren die Grün-Weißen auch das zweite Entscheidungsspiel verdient mit 30:31.

"Es ist schon bitter, die gegnerische Mannschaft in der eigenen Halle feiern zu sehen", sagte Aldekerks Kreisläufer Jonas Mumme, der am Samstagabend zu den Spielern seiner Mannschaft gehörte, die eine drittliga-würdige Leistung zeigten. "Wenn das allerdings nur maximal neun Spieler eines Kaders sind, die in einem solchen Spiel zu ihrer Normalform finden, ist das bei einem so stark besetzten Gegner wie Longerich zu wenig", dachte weit nach Spielschluss der erfahrene Nils Wallrath darüber nach, weshalb es am Ende des Abends nicht seine Mannschaft war, die den Aufstieg feierte. Aldekerks Trainer benötigte nicht viele Worte, um den Unterschied zwischen beiden Mannschaften aufzuzeigen. "Beim Gegner standen Männer auf der Platte, wir waren zu grün."

Die Enttäuschung stand nicht nur Trainer Schürmann ins Gesicht schrieben. Einigen Aldekerker Handballern ging es nicht anders, als sie sich bei ihren Anhängern für die fantastische Unterstützung während des Spiels bedankten. Freude über den trotz allem bemerkenswert guten Saisonverlauf wollte nach dem Spiel partout nicht aufkommen. Lukas Hüller, der sich spontan eine grüne Fahne aus dem Publikum geholt hatte und den Dank des Teams einstimmen wollte, merkte schnell, dass er dazu emotional gar nicht aufgelegt war. Er verdrückte sich in die zweite Reihe, legte die Fahne auf dem Boden ab, zog sich das Trikot übers Gesicht, verschwand im Geräteraum und verdrückte ein paar verständliche Tränen der Enttäuschung. "Ich habe ihn gefragt, was ich denn sagen solle", berichtete Wallrath, der im Gegensatz zu seinem jüngsten Mannschaftskollegen wohl keine Möglichkeit mehr hat, einen Drittliga-Aufstieg zu feiern.

Es blieb ein unvergessener Handballabend, der allerdings zwei Momente enthielt, auf die die Zuschauer gerne verzichtet hätten. So zog sich der Aldekerker Tobias Culm eine auf den ersten Blick schwere Knieverletzung zu. Und Jens Warnke musste Mitte der zweiten Halbzeit eine Viertelstunde lang auf dem Spielfeld behandelt werden. Der Longericher Handballer hatte nach einem Sturz auf den Rücken offensichtlich die Zunge verschluckt und drohte zu ersticken.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort