Interview mit Lutz Stermann „Der Sport wird eine neue Blütezeit erleben“

Kreis Kleve · Der Vorsitzende des Kreissportbundes Kleve spricht über die Corona-Krise und Zukunftspläne. „Viele Menschen spüren erst jetzt, welche Bedeutung sportliche Betätigung und das Miteinander im Verein haben“, sagt er.

 KSB-Vorsitzender Lutz Stermann wird bei der nächsten Jahreshauptversammlung noch einmal kandidieren.

KSB-Vorsitzender Lutz Stermann wird bei der nächsten Jahreshauptversammlung noch einmal kandidieren.

Foto: Markus van Offern

  Lutz Stermann betrachtet sich gerne als Sprachrohr der „größten Bürgerbewegung im Kreis Kleve“. Der 69-Jährige ist seit 2006 Vorsitzender des Kreissportbundes Kleve und vertritt in dieser Funktion die Interessen von knapp 100.000 Menschen, die sich den 386 Vereinen im Kreisgebiet angeschlossen haben. Sobald die nächste Jahreshauptversammlung der Organisation stattfinden kann, wird sich Stermann noch einmal für zwei weitere Jahre zur Wahl stellen. Mit dem Ziel, in diesem Zeitraum den Weg für einen hauptamtlichen Nachfolger freimachen zu können.

Kommen Sie sich manchmal vor wie Bundeskanzlerin Angela Merkel, die zum Ende ihrer Amtszeit eine Herkulesaufgabe stemmen muss ?

Lutz Stermann Ganz so schlimm ist es nicht. Zum einen möchte ich ja noch eine Weile im Amt bleiben und habe mir einiges vorgenommen. Zum anderen ist es um den Amateur- und Breitensport in Corona-Zeiten gar nicht so schlecht bestellt, wie man zunächst annehmen mag.

Das müssen Sie näher erklären. Schließlich können nahezu alle Sportlerinnen und Sportler ihrem Hobby momentan nicht nachgehen, sämtliche Sportanlagen sind gesperrt, praktisch alle Veranstaltungen mussten abgesagt werden.

Stermann Das ist richtig. Aber der Sport und damit auch die Vereine werden eine neue Blütezeit erleben, sobald die Krise überwunden ist. Denn viele Menschen spüren doch erst jetzt, welche Bedeutung sportliche Betätigung und das Miteinander im Verein haben. Das gehörte bislang wie selbstverständlich dazu und wird plötzlich vermisst. Das führt in Zukunft zu einer gesteigerten Wertschätzung.

Wie sieht’s denn mit den finanziellen Sorgen der Vereine aus, die vielfach schon in geplante Veranstaltungen investiert hatten und einen Mitgliederschwund fürchten, weil die Menschen momentan das sportliche Angebot nicht nutzen können ?

Stermann Das sehe ich ebenfalls nicht so dramatisch. Im Kreis Kleve ist mir von steigenden Austrittszahlen noch nichts zu Ohren gekommen. Das wird auch nicht passieren, weil Vereinsmitglieder nicht in erster Linie Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Das ist etwas völlig anderes als beispielsweise bei Fitness- und Rehacentern. Und die finanzielle Soforthilfe funktioniert auch im Sport sehr gut. Das Land greift Vereinen, die auf den Kosten abgesagter Veranstaltungen sitzen bleiben, mit zehn Millionen Euro unter die Arme. Wer in diesem Zusammenhang Geld in Anspruch nehmen möchte, kann sich gerne an den Kreissportbund wenden.

Bleiben wir beim Geld. Das landesweite Förderprogramm „Moderne Sportstätten 2022“ ist im Kreis Kleve glänzend angelaufen.

Stermann Das kann man wohl sagen. Insgesamt stehen den Vereinen in den Städten und Kommunen im Kreis Kleve 5,7 Millionen Euro zur Verfügung, um sanierungsbedürftige Anlagen wieder auf Vordermann bringen zu können. Davon sind bereits 1,6 Millionen Euro von der Staatskanzlei anerkannt und für die Vereine fest eingeplant. Gerade erst haben wir beispielsweise 240.000 Euro für das Waldfreibad Walbeck und 156.000 Euro für den Tennis-Club Eintracht Geldern erhalten. Die Antragsfrist läuft ja noch weit bis ins nächste Jahr hinein. Wir stehen jedem interessierten Verein mit Rat und Tat zur Seite.

Viele Vereine, die sich in Sachen Inklusion und Integration engagieren, haben sich auch über eine Finanzspritze aus dem Programm „1000 mal 1000 Euro“ gefreut. Gibt’s eine Fortsetzung ?

Stermann Ja, wobei das Land inzwischen das Windhund-Prinzip eingeführt hat. Schnell sein lohnt sich also. Vereine, die beispielsweise eng mit Kindergärten und Schulen zusammenarbeiten oder die Integration vorantreiben, können sich an uns wenden. Wir bringen die entsprechenden Anträge dann unkompliziert auf den Weg.

Kommen wir zu einem Thema, das viele Vereinsfunktionäre nicht so gerne hören. Bei der nächsten Versammlung planen Sie eine Erhöhung der Beiträge.

Stermann Das ist richtig. Dafür haben wir aber auch sehr gute Gründe. Aktuell zahlen die Vereine pro Mitglied 60 Cent im Jahr an uns. Das ist seit inzwischen neun Jahren so. Diesen Beitrag möchten wir auf einen Euro erhöhen. Das Geld soll dazu dienen, um in absehbarer Zukunft einen hauptamtlichen Vorsitzenden beschäftigen zu können. Unser Kassierer Günter Schlüpen und ich haben beispielsweise in den vergangenen Jahren oftmals 150 bis 200 Stunden im Monat ehrenamtlich für den Kreissportbund gearbeitet. Solche Verrückte finden Sie nicht mehr. Ich möchte noch zwei Jahre dranhängen. Aber dann ist Schluss.

Wann können die Kursräume im Gelderner „Dein Sporthaus“ wieder genutzt werden ?

Stermann Vor den Sommerferien wird da nichts mehr draus. Unser Sportbildungswerk hat inzwischen auch einen entsprechenden Bescheid erhalten. Wir können momentan nur hoffen, dass sich an der Situation im Herbst etwas ändert.

Haben Sie in Corona-Zeiten auch noch eine gute Nachricht für die Menschen im Kreis Kleve ?

Stermann Ich bin ein optimistischer Mensch und habe fast immer gute Nachrichten. Wir möchten in den Sommerferien die Reihe Sport im Park im Kevelaerer Hülspark und im Emmericher Rheinpark fortsetzen. Jeder kann sich dort unter fachlicher Anleitung sportlich betätigen. Natürlich achten wir auf die Einhaltung der Abstandsregeln. Aber das sollte sich machen lassen.

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