Lokalsport "Kinder sitzen nur noch vor dem Computer"

Gelderland · Immer weniger Kinder und Jugendliche melden sich in Sportvereinen an. Die Gründe dafür sind ganz unterschiedlicher Art.

Die Sportvereine im Gelderland sind sich einig: die Neuanmeldungen von Kindern und Jugendlichen gehen zurück. Die Gründe für den Rückgang sieht jeder Verein woanders. Hartmut Harmsen, Vorsitzender des Volleyballclubs Eintracht Geldern (VCE) ist sich sicher, dass die Kinder ohne das Werben von Vereinen nicht mehr selbstständig zum Sport kommen. "In den vergangenen fünf Jahren haben wir rückläufige Anmeldezahlen notiert. Seit etwa zweieinhalb Jahren versuchen wir mit einer Sportstunde im Kindergarten dagegen anzukämpfen", sagt Harmsen.

Der VCE kooperiert mit einigen Grundschulen und der Kindertagesstätte am Rodenbusch. "Wir bringen den Kindern den Umgang mit Bällen näher. Viele können heutzutage ja noch nicht einmal mehr einen Ball fangen", beklagt der Vorsitzende. Der VCE erhielt für sein Engagement das Prädikat "anerkannter kinderfreundlicher Sportverein". Es gibt ihm Kreisgebiet keinen anderen Verein mit dieser Auszeichnung. "Seit wir diese Initiative begonnen haben, ist der Andrang wieder größer, und wir haben eine starke Jugendabteilung", sagt Harmsen.

Ähnlich sehe es laut Jugendwart Ludger Janßen bei den Handballern des SV Straelen aus. "Wir haben den größten Handballjugendbereich im Kreis mit mehr als 300 Sportlern. Das kommt daher, dass wir Mädchen und Jungen gleichermaßen fördern. Anders als die Fußballer werden die Jungen bei uns also nicht bevorzugt behandelt." Dennoch hat auch Janßen den Anmelderückgang bemerkt. "Wir versuchen mit einer Ballspielgruppe die Kinder an den Mannschaftsport heranzuführen. Ob aus ihnen dann Handballer, Volleyballer oder Fußballer werden, ist uns zunächst einmal egal", erklärt Janßen, "Hauptsache, sie bleiben im Verein."

Auch Stefan Foreman, Vorstandsmitglied der Leichtathletikabteilung des TSV Weeze, versucht mit Initiativen, die Kinder für seinen Sport zu begeistern. Daher bietet er nachmittags spielerische Ausdauer für Kinder ab sechs Jahren an. "Ziel ist es, die Kleinen für das Laufen zu begeistern", erläutert Foreman. Das ist auch nötig, da sich die Anmeldezahlen im TSV in den vergangenen fünf Jahren halbiert haben. Die Gründe dafür sieht der Weezer bei den berufstätigen Eltern: "Die Kinder werden beim Ganztagsunterricht und der Nachmittagsbetreuung abgegeben und können deshalb nicht mehr zum Training gehen." Außerdem sei das Angebot an Sportarten gewachsen. "Segeln, Yoga, Hip-Hop, Klettern oder Trampolin-Springen hört sich für die Kinder oft interessanter an", gibt Foreman zu bedenken.

Marco Sawatzki, Jugendwart vom TTC Geldern-Veert, sieht keine Verschiebung zu anderen Sportarten, sondern einen generellen Motivationsrückgang bei den Heranwachsenden: "Heutzutage sitzen die Kinder stundenlang vor dem Computer anstatt Sport zu treiben." Laut Sawatzki sollen die Schulen neben dem Sportunterricht ihre Schüler mehr an die Vereine heranführen. Eugen Brück, Vorsitzender des TTC Geldern-Veert, führt noch weitere Gründe an: "Bei uns kommt es immer wieder zu kurzfristigen Absagen vor den Spieltagen. Die Jugendlichen wollen keine Sportarten mehr ausüben, bei denen sie zu Wettkämpfen und regelmäßigem Training verpflichtet sind. Sie wollen sich ihre verbliebene Zeit frei einteilen und setzen den Sport dabei an die letzte Stelle."

Jörg Löcker vom Schwimmverein Delphin Geldern sieht das Problem bei den Jugendlichen: "In diesem Jahr zählen wir in den Altersklassen der Sieben- bis 14-Jährigen 243 Mitglieder. Zwischen 15 und 18 Jahren haben wir nur noch 43 Schwimmer." Der Grund dafür sei der Gang zum Mannschaftssport. Da man dort abseits des Trainings mit den anderen noch viel unternehmen könne, sagt Löcker.

(RP)
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