Sportschießen Schrecksekunde für die Weltcup-Siegerin

Kevelaer · Mit drei Medaillen beim internationalen Wettkampf in Rio de Janeiro hat Anna Janssen von der SSG Kevelaer ihre Ambitionen auf einen Olympia-Start in Paris untermauert. Vor ihrem Hotel wurde sie Zeugin eines Raubüberfalls.

 Anna Janssen hat mit ihrem Sportwerkzeug die nächste Hürde in Richtung Olympia genommen.

Anna Janssen hat mit ihrem Sportwerkzeug die nächste Hürde in Richtung Olympia genommen.

Foto: Heinz Spütz

Rio de Janeiro – wer denkt da nicht direkt an Karneval, Fußball und die Copacabana? Die Antwort: Anna Janssen, Aushängeschild der Kevelaerer Schießsportgemeinschaft (SSG). Die 20-jährige Studentin aus der Bauernschaft Berendonk unternahm jetzt einen Abstecher in die brasilianische Küstenmetropole, um beim Welt-Cup des Internationalen Schieß-Sportverbandes (ISSF) auf der olympischen Schießanlage von 2016 die Weltspitze bei den Seniorinnen aufzumischen und drei Medaillen für das Team Deutschland abzuräumen.

Zunächst einmal musste sich die deutsche Delegation auf das Klima einstellen. 32 Grad Außentemperatur bei einer extrem hohen Luftfeuchtigkeit in einer Millionenstadt sind nicht gerade von schlechten Eltern. Anna Janssen verkraftete die schweißtreibende Umstellung ausgezeichnet. Die Kevelaererin stand gerade einmal drei Tage nach der Landung im „Centro Nacional de Tiro“ auf dem Siegerpodest und durfte sich feiern lassen. Soeben hatte die 20-Jährige Gold im Einzel mit dem Luftgewehr geholt und damit ihren ersten Welt-Cup gewonnen.

Zum Glück, wie sie sagt, fehlte bei der Siegerehrung der umstrittene ISSF-Präsident Wladimir Sergejewitsch Lissin, seines Zeichens russischer Multimilliardär. „Da weiß ich echt nicht, wie ich mich verhalten hätte. Vermutlich hätte ich ihm meine Medaille aus der Hand genommen, noch bevor er sie mir umhängen konnte.“ Nach dem Einzelerfolg brachte Anna Janssen mit dem besten Ergebnis in der Qualifikation die deutsche Mannschaft ins Finale. Gegen Norwegen sprang Goldmedaille Nummer zwei heraus. Im Kleinkaliber-Dreistellungskampf über 50 Meter krönte die Kevelaererin ihren Triumph in Rio mit dem Gewinn der Silbermedaille.

„Speziell das Gold im Einzel ist nicht zu vergleichen mit den Titeln, die ich als Juniorin bei Welt- und Europameisterschaften gewonnen habe. Hier ist die Leistungsdichte wesentlich höher. Und ich habe meine Siege ausschließlich in olympischen Disziplinen geholt, was im Hinblick auf Olympia 2024 in Paris von enormer Bedeutung ist.“

Bei sechs Starts in sechs verschiedenen Disziplinen blieb für „Sightseeing“ in Rio nur wenig Zeit. Und nach einer Schrecksekunde, in der ihr fast das Herz stehen blieb, war die Kevelaererin ohnehin froh, sich auf den Sport konzentrieren zu können. Auf dem Weg zu ihrem Hotel wurde Anna Janssen Augenzeugin eines bewaffneten Raubüberfalls mit Maschinengewehren auf offener Straße. „Die haben da rumgeschossen, alles nur 20 Meter von unserem Auto entfernt. Ich habe nur gedacht: Oh Gott, gleich sind wir dran.“

Mittlerweile ist Anna wieder in ihrer Studentenwohnung in Freising bei München angekommen, wo sie an der dortigen Fakultät den Studiengang Gartenbau belegt. Sportlich lässt sie es etwas ruhiger angehen. Doch die nächsten internationalen Herausforderungen werfen bereits ihre Schatten voraus. Im September geht Anna Janssen bei der Europameisterschaft in Breslau an den Start, danach folgt die Weltmeisterschaft in Kairo. Und selbstverständlich nimmt sie sich auch noch Zeit für ihren Heimatverein. Wenn die Luftgewehr-Mannschaft der SSG Kevelaer ab Oktober die vierte Deutsche Meisterschaft in Serie in Angriff nimmt, darf die Weltcup-Siegerin natürlich nicht fehlen.

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