Lokalsport Kampf im Ring statt auf der Straße

Geldern · Beim Boxtraining des BC Geldern geht es nicht nur um die sportliche Fitness, sondern auch um Respekt voreinander.

 Beim Sparring wird ordentlich ausgeteilt. Nikolai Dite (r.) landet einen Treffer in Max Racevs Gesicht. Beim BC Geldern lernen sie, fair zu kämpfen.

Beim Sparring wird ordentlich ausgeteilt. Nikolai Dite (r.) landet einen Treffer in Max Racevs Gesicht. Beim BC Geldern lernen sie, fair zu kämpfen.

Foto: seybert

Mit einem rechten Schwinger landet Nikolai Dite einen Treffer in Max Racevs Gesicht. Der 14-Jährige hatte die Deckung zu spät hochgezogen. Damit ihm aber nichts passiert, trägt er — ebenso wie sein Gegner — einen Kopfschutz. Die beiden Kämpfer befinden sich in Runde drei. Mit rotem Gesicht schnaufen beide bereits heftig. Während ihres Kampfes im Ring hört man ein gleichmäßiges Klatschen auf dem Hallenboden. Denn die übrigen Mitglieder des BC Geldern wärmen sich zum Trainingsbeginn rund um den Ring mit Springseilen auf. Trainer Michael Peters gibt die Kommandos. Er nimmt sich bereits seit rund 15 Jahren der Jugendlichen an, kümmert sich um sie und baut Vertrauen zu ihnen auf. Ziel ist es, ihnen einen Ort zu bieten, an dem sie sich wohlfühlen. Zudem hält man Jugendliche so von der Straße fern.

"Bei uns können die Jungs ihre Energie loswerden, lernen, sich einzugliedern und können sich Respekt und Anerkennung erarbeiten", erläutert Peters. "Bereits nach kurzer Zeit merkt man schon eine positive Veränderung." Und ganz nebenbei wird den Boxern Disziplin vermittelt. "Wer sich nicht eingliedert, dem werden schnell die Grenzen aufgezeigt", sagt Peters, ergänzt aber sofort, dass es dazu nur sehr selten kommt. Eine wichtige Regel darüber hinaus lautet: "Beim Training wird nur deutsch gesprochen", sagt der Coach. "Damit jeder alles versteht." Denn ein Großteil der Vereinsmitglieder hat einen Migrationshintergrund. Es wird eine Grüppchenbildung direkt vermieden.

Peters kümmert sich gemeinsam mit zwei weiteren Trainern zweimal in der Woche um die Jugendlichen. Das Boxtraining steht dabei im Vordergrund, allerdings können die Jungs auch mit Sorgen oder Problemen zu den Coaches kommen. Das wissen auch Max und Nikolai. Die beiden fühlen sich sehr wohl beim BC Geldern. Max, der durch einen Freund zum Boxen kam, trainiert seit rund zwei Jahren in Geldern. Am meisten Spaß bereitet ihm das Sparring (Kampf im Ring). Doch er betont, dass "das gar nicht so einfach ist". Der 14-Jährige will gerne mal an einem Wettkampf teilnehmen. Sein Sparringpartner Nikolai trainiert seit knapp drei Jahren in Geldern. "Mein Bruder hat mich zum BC geholt", sagt der 17-Jährige, der Spaß am Kämpfen hat. Sein Bruder trainiere aktuell jedoch nicht mehr dort. "Er ist derzeit weg, nicht erreichbar", sagt Nikolai und will es dabei belassen.

Er selbst absolviert die 9. Klasse der Geschwister-Scholl-Schule und ist auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Sein Wunsch ist es, Berufssoldat zu werden. "Ich möchte zu Kampfeinsätzen ins Ausland geschickt werden", sagt Nikolai. Und auch Max ist begeistert von einer Soldatenlaufbahn bei der Bundeswehr — "genauso wie meine Vorfahren", sagt er nicht ohne Stolz. Das Boxtraining kann beiden Geldernern dabei sicherlich helfen. Weniger wegen der Erfahrungen im Kampf Mann gegen Mann, sondern vielmehr wegen der Disziplin.

Das Training selbst besteht aus Aufwärm- und Technikübungen, Sparring für die erfahreneren Kämpfer sowie Kraft- und Ausdauertraining. Peters und seine Kollegen zeigen den Boxern dabei, wie sie fair kämpfen und wie sie sich schützen. "Immer die Deckung oben lassen", ermahnt Peters. Max, der diesen Hinweis zu spät beherzigt, bekommt erneut einen Schwinger von Nikolai ab, teilt aber im Gegenzug direkt selber aus. Geprügelt habe er sich vorher noch nie. Dies seien seine ersten Kampferfahrungen, sagt er. Und diese will er mit seinen Freunden teilen. "Ich spreche immer mal wieder Freunde und Bekannte an und sage ihnen, sie sollen doch einfach mal mitkommen", sagt der 14-Jährige.

(RP)
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