Tischtennis "Jetzt sind wir hier, Sevelen IV"

Tischtennis · Die vierte Mannschaft des TTC Sevelen hat ein mentales Problem: Die Tischtennis-Spieler haben in der 3. Kreisklasse nur einen Punkt aus 14 Spielen geholt, weil sie laut eigener Aussage an einer Siegesphobie leiden.

 Mit Freude talentfrei: (v. l.) Robin Leenen, Stefan Laumann, Kai van Kilsdonk und Sebastian Kaub haben in dieser Saison kein Spiel gewonnen. Trotzdem ist der TTC-Vorsitzende Bernd Loeven (r.) stolz auf die "Vierte".

Mit Freude talentfrei: (v. l.) Robin Leenen, Stefan Laumann, Kai van Kilsdonk und Sebastian Kaub haben in dieser Saison kein Spiel gewonnen. Trotzdem ist der TTC-Vorsitzende Bernd Loeven (r.) stolz auf die "Vierte".

Foto: siwe

Ein Blick hinter die Kulissen des Teams, das sich selbst trainiert und einen Spieler dabei hat, der auch beim Fußball schon "Erster von hinten" ist.

Leichtes Bedauern schwingt in der Stimme mit. "Wir hatten wirklich einen guten Spruch", sagt Sebastian Kaub vom TTC Sevelen — und schaut etwas betreten zu Boden. "Platte frei für Sevelen II", lautete der Schlachtruf, den er und seine Mitspieler vor jedem Spiel zum Besten gaben. Dann wurde das Team zur dritten Mannschaft. Kein Problem, dachten sie sich — auf "drei" reimte sich das Ganze auch noch. Jetzt spielen die Jungs allerdings in der vierten Mannschaft beim TTC, also ziemlich weit hinten. Und plötzlich reimte sich gar nichts mehr.

Der TTC Sevelen IV hat neben der Suche nach einem neuen Schlachtruf freilich noch ganz andere Sorgen. In der 3. Kreisklasse, Gruppe 2 hatte die Mannschaft die ersten 13 Spiele alle verloren, stand schon vor dem letzten Spieltag als Tabellenletzter fest. Gerade noch rechtzeitig gelang den "Ersten von hinten" zum Saisonabschluss aber der erste Punkt. "Gegen den Tabellenführer", sagt Stefan Laumann, um den großen Wert dieses erkämpften Punktes zu verdeutlichen. "Wir dachten, wir fahren nach einer Stunde wieder nach Hause", sagt Sebastian. "Dann waren wir drei Stunden da", ergänzt Kai van Kilsdonk.

Leider nimmt der Vorsitzende des TTC, Bernd Loeven, dem Erfolg ein wenig die Spitze. "Beim Gegner war aber auch nur ein richtiger Spieler dabei, sonst nur Ersatzspieler." Auf seine "Vierte" möchte der Vorsitzende dennoch nicht verzichten. Immerhin hatte der Verein 2002 nur eine Mannschaft und keine Jugend. "Außerdem kommen sie regelmäßig zum Training", sagt Loeven. Auf die Frage, wer die Mannschaft denn trainiert, grinst Kai: "Wir selber."

Angefangen hat der Issumer 1999. Ein damaliger Klassenkamerad hatte ihn mitgenommen. Dass er immer noch im TTC ist, sei mittlerweile Gewohnheit. "Ich habe nie aufgehört, war mal mehr, mal weniger erfolgreich", sagt er, schaut rüber zu seinem Mannschaftskameraden Sebastian Kaub und fragt: "Basti, wann sind wir noch mal aufgestiegen?" Ja, tatsächlich: Es gab eine Zeit in der zweiten Kreisklasse. Dann kam der Abstieg — weil viele ihre Ausbildung begannen und immer weniger Zeit hatten.

Doch die beiden sind sich sicher, dass es auch durchaus psychologische Gründe für die Niederlagen gibt. "Wir haben eine Siegesphobie", sagt Kai mit gespielt ernster Miene. "Die ist bei uns sehr ausgeprägt. Wir machen ganz schöne Spiele und dann werden wir zu nervös." Sebastian hat dafür noch einen anderen Ausdruck, der an wenig erfolgreichen Tagen vorgeschoben wird: "Wir hatten talentfrei." Von Freunden darauf angesprochen, warum er immer noch Tischtennis spiele, obwohl er so oft "einen auf den Sack bekomme", bezieht er Stellung für seinen Sport. Er sieht es vor allem als Möglichkeit, Tischtennis mit guten Freunden wie Kai zu spielen.

Der hat in der Vergangenheit sogar die Jugend trainiert. "Ja, mich", sagt Stefan. Er hofft, dass seine Freundin nicht den Zeitungsartikel liest. "Die weiß nämlich, dass ich eigentlich in der dritten Mannschaft spiele." Trotzdem würde er einspringen, wenn der vierten Mannschaft ein Spieler fehlt. "Es macht Spaß mit den Jungs."

Und der Spaß steht bei der vierten Mannschaft deutlich im Vordergrund. "Wenn wir für unsere Niederlagen Ärger kriegen würden, würde ich auch nicht mehr in dem Verein spielen", sagt Kai. Er weiß, wovon er spricht. Kai gehört nämlich auch zur Fußball-Mannschaft des SV Issum III, die im ersten Teil der Serie "Erster von hinten" als erfolglosestes Team im Kreis Kleve porträtiert wurde. So wenig erfolgsverwöhnt gibt er sich mit Wünschen bescheiden: Ich wäre zufrieden, wenn wir mehr als einen Punkt holen und nicht Letzter werden." Teamkollege Robin Leenen träumt von ein bisschen mehr: "Aufsteigen wäre mal wieder schön."

So forsch in die Zukunft blickend hat dann Kai auch plötzlich eine Idee für einen neuen, passenden Schlachtruf: "Jetzt sind wir hier, Sevelen IV", sagt er und grinst. Wohl wissend: Das reimt sich.

Nicht beim Training waren: Robins Bruder Niklas, weil er sich von einer Knie-OP erholen muss. Marcel, weil er voraussichtlich krank war. Andreas, der jüngste Spieler im Team, weil er gerade seinen Treckerführerschein macht.

(bimo)
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