Lokalsport Geheime Rituale der Gelderländer Fußballer

Gelderland · Ein Stürmer, der zum Kunstliebhaber wird. Ein Trainer, der seine Klamotten nicht mehr wäscht – warum Aberglaube dazu gehört.

 Herongens Trainer Andre Lemmen zieht zuerst alles links an. Vergisst er es einmal, zieht er alles wieder aus.

Herongens Trainer Andre Lemmen zieht zuerst alles links an. Vergisst er es einmal, zieht er alles wieder aus.

Foto: Seybert, Gerhard

Ein Stürmer, der zum Kunstliebhaber wird. Ein Trainer, der seine Klamotten nicht mehr wäscht — warum Aberglaube dazu gehört.

 Viktoria Fronhoffs schenkt ihrem Lieblingsspieler beim SV Sevelen, Jens Schwevers, ein Bild. Er bedankt sich mit Toren.

Viktoria Fronhoffs schenkt ihrem Lieblingsspieler beim SV Sevelen, Jens Schwevers, ein Bild. Er bedankt sich mit Toren.

Foto: Seybert, Gerhard

Die siebenjährige Viktoria Fronhoffs ist ganz aufgeregt. Sie hat ein neues Bild gemalt. "Damit Jens mit dem Papa gewinnt", liefert sie als Erklärung gleich mit. Seit der kleine Fan des SV Sevelen II Bilder für ihren Lieblingsspieler Jens Schwevers malt, schießt er Tore und trägt so viel zum Sieg seines Kreisliga-A-Teams bei. Es ist zu einem kleinen Ritual geworden. Malt Viktoria kein Bild, läuft es oftmals schlecht für Sevelen. Denn viele Fußballer sind abergläubisch und haben kleine Rituale entwickelt, die sie wöchentlich vor den Meisterschaftsspielen ausleben — teils sogar unbewusst. Sie geben ihnen ein besseres Gefühl oder sollen Glück bringen.

 Trainer Willi Büren trägt seit zwei Jahren die gleichen roten Turnschuhe bei jedem Spiel – egal ob Winter oder Sommer.

Trainer Willi Büren trägt seit zwei Jahren die gleichen roten Turnschuhe bei jedem Spiel – egal ob Winter oder Sommer.

Foto: Seybert, Gerhard

Die Bilder erhält Jens Schwevers von Viktorias Vater, Thorsten Fronhoffs, der die Mannschaft trainiert. "Das erste Bild habe ich beim Relegationsspiel vergangene Saison gegen Bedburg-Hau bekommen", erinnert sich der Stürmer. "Damals habe ich drei Tore geschossen und wir haben 4:3 gewonnen." Auch das zweite Relegationsspiel konnte dank Viktoria gewonnen werden.

 Andre Elbers verlässt immer als letzter die Kabine, um noch einmal kurz in sich zu gehen.

Andre Elbers verlässt immer als letzter die Kabine, um noch einmal kurz in sich zu gehen.

Foto: seybert (3)/binn

Der Aberglaube wird in der Familie Fronhoffs großgeschrieben. Der Coach besitzt wechselnde Glücksklamotten. Als Sevelen II in der vergangenen Saison ab dem 21. Spieltag eine Siegesserie hinlegte, zog Fronhoffs immer dieselbe Jeans und denselben Pullover an. "Ich habe sie nicht mehr gewaschen", verrät er. Es folgten elf Siege und ein Remis sowie der Aufstieg in die A-Liga. "Dann wurden die Klamotten in der Sommerpause gewaschen und prompt haben wir das erste Spiel verloren", sagt der Coach. Nun gibt es neue Glücksklamotten, die bis zur nächsten Niederlage nicht mehr gewaschen werden.

Auch Willi Büren hat mit seinen Schuhen bereits für Aufsehen gesorgt. Seit zwei Jahren trägt er bei den Meisterschaftsspielen nun immer dieselben roten Turnschuhe — "das ist auch schon den Zuschauern aufgefallen", berichtet er. "Damals standen wir auf dem letzten Tabellenplatz und ich benötigte neue Schuhe. Anschließend ging es aufwärts und wir haben den Klassenerhalt geschafft." Seitdem sind die Schuhe für Büren ein Muss — ob es draußen tropische 35 Grad sind oder klirrendkalte Minusgrade spielt für den Coach des TSV Weeze II keine Rolle. "Ich mache mir nur Sorgen, was ist, wenn sie mal kaputt gehen", sagt er und lacht.

Für Peter Streugens, Trainer des GSV Geldern ist seine Frau sein Glücksbringer. "Das letzte, was sie mir zu Hause sagt, bevor ich zu einem Spiel fahre, ist: ,Viele Tore!' Es ist für uns zu einem Ritual geworden. Würde sie es einmal vergessen, würde mir was fehlen." Auf die Frage, ob es denn auch zum Erfolg führe, antwortet er: "Die Bilanz ist ok." Aktuell steht das Team auf dem neunten Platz in der Kreisliga A.

Ein ganz anderes Ritual lebt Herongens Trainer Andre Lemmen aus. Seit mehr als 15 Jahren hat er einen Links-Tick. Vor einem Meisterschaftsspiel zieht er sich alles zuerst auf der linken Körperhälfte an, dann erst auf der rechten. "Ich glaube nicht daran, dass ich dadurch besser spiele, aber ich habe dann das Gefühl, dass ich mich nicht so schnell verletzte", sagt er. Sollte er jedoch einmal zuerst den rechten Socken anziehen, "ziehe ich ihn sofort wieder aus und fang noch mal von vorne an", sagt Lemmen.

Ebenfalls nur ums gute Gefühl geht es Twistedens Spielertrainer Andreas Raadts. "Sobald ich den Platz betrete, mache ich vier kurze Sprints und steige zum imaginären Kopfball hoch", sagt Raadts. "So gewöhne ich mich an den Platz und habe ein gutes Gefühl." Viktoria Winnekendonks Spieler Andreas Elbers betritt nicht aus Schlampigkeit den Rasen nur mit offenen Schuhen, es ist zu einem Ritual geworden. "Ich schnüre sie mir erst kurz vor dem Anpfiff zu", sagt er.

Twistedens Andre Elbers hingegen sucht die Ruhe vor dem Spiel. Er verlässt grundsätzlich als Letzter die Kabine. "So kann ich für wenige Sekunden noch einmal kurz in mich gehen", erläutert er.

Schwevers ist mittlerweile überzeugt, dass ein Sieg für den SVS II nicht ohne Viktorias Bilder geht. Denn in der neuen Saison beschenkte die Siebenjährige den Stürmer zunächst nicht. "Prompt haben wir die ersten sechs Spiele verloren", sagt er. Die Bilder seines kleinen Fans bewahrt der 21-Jährige auf. "Sie sind meine Glücksbringer."

(RP)
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